Kooperatives Lernen bezeichnet Lernarrangements wie Partner- und Gruppenarbeiten, die eine synchrone oder asynchrone (via Computer), koordinierte, ko-konstruktive Aktivität der Teilnehmer verlangen, um eine gemeinsame Lösung eines Problems oder ein gemeinsam geteiltes Verständnis einer Situation zu entwickeln.[1]
Die Begriffe „kooperatives Lernen“, „Gruppenunterricht“, „Gruppenarbeit“, „Lernen in Gruppen“, „collaborative learning“ und „cooperative learning“ sind nicht einheitlich definiert.
Man differenziert jedoch zwischen "collaborative learning" und "cooperative learning" in der Art und Weise der Zusammenarbeit. Ersteres beschreibt ein gemeinsames Bearbeiten einer Aufgabe, bei welchem das Ziel darin besteht, zusammen einen Konsens bzw. die Lösung zu finden. "Cooperative learning" beschreibt ein Aufteilen der Aufgaben, so dass sich jedes Gruppenmitglied mit einer bestimmten Thematik genauer beschäftigt. Erst anschließend werden die Ergebnisse zusammengetragen.
Das Grundprinzip des Kooperativen Lernens beruht auf drei Phasen: Think – Pair – Share. In der 1. Phase arbeiten die Schüler alleine. In der 2. Phase besprechen und vergleichen sie ihre Ergebnisse in der Gruppe, bevor sie in der 3. Phase ihre Ergebnisse der Klasse präsentieren.[2]
Zentral für das Kooperative Lernen ist, dass jeder sowohl für das Lernen der Gruppe als auch sein eigenes verantwortlich ist.[3]
Beim Kooperativen Lernen gibt es zwei Ebenen der Verantwortung: Zum einen gibt es die Verantwortung der gesamten Gruppe für das Erreichen der Gruppenziele und zum anderen die individuelle Verantwortung jedes Gruppenmitglieds, seinen Anteil an der Arbeit zu leisten.
Beide Ebenen der Verantwortlichkeit müssen in kooperativen Unterricht integriert sein. Dies wird dadurch erreicht, dass einerseits die Leistung der einzelnen Mitglieder gemessen und zurückgemeldet wird, und andererseits die Belohnungen auf Team-Ebene gegeben werden. Untersuchungen zeigen jedoch, dass die Gruppenzugehörigkeit und die interpersonale Interaktion zwischen Schülern nur dann höheren Leistungen hervorbringen, wenn die positive Abhängigkeit klar strukturiert ist.
Kooperatives Lernen ist ein Bestandteil des Demokratielernens und gehört zum "Lernen durch Sprechen". Es beruht auf der These von John Dewey, dass das gemeinsame Erforschen von Schülern u. a. eine demokratische Lernkultur und damit Demokratie fördert. Auch vermittelt es für die Arbeitswelt notwendige Qualifikationen. Bei geeigneter Umsetzung lernen Schüler beim kooperativen Lernen kommunikative Kompetenzen wie: Fragen stellen, zuhören, erzählen, im Gespräch neue Ideen bzw. Lösungen entwickeln. Darüber hinaus lernen sie aber auch kooperative Fähigkeiten wie: den anderen respektieren, andere Meinungen respektieren und lernen als gemeinsame Erfahrung erfahren. Es verbindet sich hier also kognitives und soziales Lernen.
Da die Schüler beim kooperativen Lernen ihr eigenes Wissen, ihre eigenen Ideen aktiv in den Lernprozess einbringen können, fördert es auch die Lernmotivation und damit den Lernprozess. Kooperatives Lernen sollte komplexeren Methoden der demokratischen Kommunikation (Debating, Deliberieren, Parlamentssimulation, Deliberative Polling) vorangehen. Kooperatives Lernen ist ein komplexes Zusammenspiel von aufgaben- (d. h. Stoff-zentrierter) und personenbezogener Arbeit (Effektivität der Gruppe). Kooperatives Unterrichten ist jedoch nicht gleichzusetzen mit dem Erwerb sozialer Fertigkeiten, da diese ebenso wie fachliche Fähigkeiten zweckgerichtet und präzise beigebracht werden müssen.
In der englischsprachigen Literatur werden die Begriffe collaborative learning und cooperative learning meist bezüglich des Grades der Arbeitsteilung unterschieden. Bei cooperation wird die Aufgabe geteilt, wobei jeder eine Teilaufgabe löst und die Ergebnisse zusammengetragen werden, wohingegen bei collaboration in der Regel nicht arbeitsteilig gearbeitet wird, sondern man widmet sich von Anfang an gemeinsam derselben Aufgabe.[4] Im deutschen Sprachraum ist diese Unterscheidung nicht üblich, so dass kooperatives Lernen in der Regel beides umfasst.[5]
Eine Bewertung der Arbeit in den Gruppen findet dann statt, wenn Gruppenmitglieder darüber diskutieren, wie gut sie ihre Ziele erreicht haben und wie effektiv sie Arbeitsbeziehungen hergestellt haben. Wenn die Schüler beschreiben, welche Handlungen ihrer Mitglieder hilfreich oder weniger hilfreich waren, können sie entscheiden, welche Verhaltensweisen beibehalten oder verändert werden müssen.
Kooperatives Lernen fordert und fördert die direkte Kommunikation und Interaktion der Schüler. Der gemeinsame Erfolg wird schneller erreicht werden, wenn man das Lernen gemeinsam plant, Ressourcen teilt und sich gegenseitig hilft, ermutigt und lobt.
Es gibt verschiedene Forschergruppen, die sich mit dem kooperativen Lernen beschäftigen. Diese Gruppen haben verschiedene Methoden entwickelt, weiterentwickelt und untersucht.
Nach SLAVIN (1986) werden an der Johns Hopkins University folgende Arten unterschieden:
In Deutschland wird seit 1982 um Jean-Pol Martin herum die Methode Lernen durch Lehren (LdL) als spezielle Form kooperativen Lernens erforscht und verbreitet. MARTIN[6] verteilt den neuen Lernstoff auf die Lernergruppe. Nach einer kurzen Vorbereitungsphase werden die einzelnen Kleingruppen (maximal 3 Lerner) gebeten, die von ihnen didaktisierten Inhalte an die Gesamtgruppe mit entsprechenden lerneraktivierenden Verfahren zu vermitteln. Dies schließt sowohl die Einführung des neuen Stoffes als auch die Einübung und die Lernerfolgskontrolle (Evaluation) ein. Dieses Verfahren fördert besonders die Ausbildung von Empathie und seit dem Aufkommen der digitalen Welt von Netzsensibilität. Nachdem Jean-Pol Martin sich aus Altersgründen zurückgezogen hat, führt Joachim Grzega das Projekt weiter.