Namengebendes Beispiel
Es sei
eine natürliche Zahl und
die Funktion
. Ist nun
und
eine (hinreichend kleine) Umgebung von
, so besteht das Urbild von
aus
Zusammenhangskomponenten, die durch eine Rotation um
, also Multiplikation mit einer
-ten Einheitswurzel auseinander hervorgehen. Bewegt sich
, so bewegen sich auch die Urbilder gegen 0, um dann für
zu einem einzigen Urbild
zu verschmelzen. 0 ist also gewissermaßen der Verzweigungspunkt für die
Zweige. (Man beachte, dass die Zweige lokal bei 0 nicht getrennt sind, auch wenn man die 0 entfernt.)
Für den Übergang zu einer algebraischen Sichtweise sei nun
eine holomorphe Funktion, die in einer Umgebung der 0 definiert ist. Hat
bei 0 eine
-fache Nullstelle, so hat die zurückgezogene Funktion
![{\displaystyle f^{*}(g)=g\circ f,\quad z\mapsto g(z^{n})}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/a84ae61238d58618115e06f32bd94893543626fe)
eine
-fache Nullstelle. Dieses Zurückziehen lokal definierter holomorpher Funktionen entspricht einem Ringhomomorphismus
![{\displaystyle f^{*}\colon \mathbb {C} \{w\}\to \mathbb {C} \{z\},\quad w\mapsto z^{n}.}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/3bc967b867538c1647ca40bc608026037b3d8b20)
(Dabei bezeichnet
den Ring der Potenzreihen, deren Konvergenzradius positiv ist.)
Die Nullstellenordnung ist eine diskrete Bewertung auf den beteiligten Ringen, und es gilt wie gesagt
![{\displaystyle \operatorname {ord} _{z=0}f^{*}(g)=n\cdot \operatorname {ord} _{w=0}g.}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/dd938fa640e51c074094789078ce7f979489b678)
Diese Eigenschaft ist charakteristisch für Verzweigungspunkte.
Verzweigung im Kontext von Erweiterungen bewerteter Körper
Es sei
ein Körper mit einer diskreten (Exponential-)Bewertung
. Weiter seien
bzw. ![{\displaystyle {\mathfrak {m))_{K}=\{x\in K\mid v(x)>0\))](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/83c8f981e33e69d0c1f6db17be0ae81ff4d968c1)
der Bewertungsring bzw. das Bewertungsideal von
,
eine Uniformisierende, d. h. ein Erzeuger von
, und
der Restklassenkörper. Weiter sei
eine endliche Erweiterung von
mit diskreter Bewertung
, die
fortsetzt, d. h.
. Schließlich seien
analog zu oben.
Der Verzweigungsindex von
ist definiert als
![{\displaystyle e_{w/v}={\frac {v(\pi _{K})}{w(\pi _{L})))=(w(L^{\times }):v(K^{\times }))}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/9a36a9b5bbfe2fcd8e4278c01ef154524b340837)
Ist er gleich 1, so heißt die Erweiterung unverzweigt.
Sein Gegenstück ist der Trägheitsgrad
.
Eigenschaften
- Ist die Erweiterung
separabel, und durchläuft
alle möglichen Fortsetzungen von
, so gilt die fundamentale Gleichung[1]
![{\displaystyle \sum _{w/v}e_{w/v}f_{w/v}=[L:K].}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/f3e6b4a89a30beb8081787749247aa9417b75058)
- Ist
darüber hinaus vollständig, so ist
eindeutig bestimmt[2] als
![{\displaystyle w(x)={\frac {1}{[L:K]))v(N_{L/K}(x)),}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/e5834e5162713e37e1be1fcec20a427ad2bccef2)
- und es gilt[3]
![{\displaystyle e_{w/v}f_{w/v}=[L:K].}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/7b9476a994419ad9016bed395e4baa8ebc0f739d)
- Es seien nun
vollständig und
galoissch, und außerdem sei
separabel. (Diese Voraussetzungen sind beispielsweise für lokale Körper erfüllt.) Dann ist
sogar galoissch, und es gibt eine kurze exakte Sequenz[4]
![{\displaystyle 1\to I\to \mathrm {Gal} (L/K)\to \mathrm {Gal} (\lambda /\kappa )\to 1;}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/646c5f8596d3c2181045c7fd3d7fa46bda441731)
- dabei bezeichnet man den Kern
als Trägheitsgruppe. Ihr Fixkörper
ist die maximale unverzweigte Teilerweiterung[5] von
, und im Fall endlicher Erweiterungen gilt
![{\displaystyle [L:T]=\#I=e,\quad [T:K]=f.}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/36bcc0a89ee29025b3414b97d0ae471a39c655c9)
- Insbesondere gilt: Ist
unverzweigt, so ist
![{\displaystyle \mathrm {Gal} (L/K)\cong \mathrm {Gal} (\lambda /\kappa ).}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/0e3093917109ade914f4a4e91ff1fdb505eac37d)
- Ist
die maximale unverzweigte Erweiterung (in einem separablen Abschluss
von
), so gilt entsprechend
![{\displaystyle \mathrm {Gal} (K^{\mathrm {nr} }/K)\cong \mathrm {Gal} (\kappa ^{\mathrm {sep} }/\kappa ).}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/0dafba56ee206f048f2d7f862385d85676181910)
- Im Fall lokaler Körper ist letztere Gruppe kanonisch isomorph zu
, hat also eine besonders einfache Struktur. Da die Galoisgruppe
im Frobenius-Automorphismus
mit ![{\displaystyle q=\#\kappa }](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/a176b67e564d78648c6e0f9522f4306d0543d203)
- einen kanonischen Erzeuger besitzt, gibt es auch in
ein kanonisches Element, das ebenfalls als Frobenius-Automorphismus bezeichnet wird.
Verzweigung im Kontext von Erweiterungen von Dedekindringen
Es sei
ein Dedekindring mit Quotientenkörper
,
eine endliche separable Erweiterung von
und
der ganze Abschluss von
in
;
ist wieder ein Dedekindring.[6]
Einer der wichtigsten Spezialfälle ist
,
,
ein Zahlkörper und
sein Ganzheitsring.
Weiter sei
ein maximales Ideal von
. Dann lässt sich
auf eindeutige Weise als Produkt von Potenzen verschiedener Primidealen von
schreiben:
![{\displaystyle {\mathfrak {p))B={\mathfrak {P))_{1}^{e_{1))\cdots {\mathfrak {P))_{k}^{e_{k)).}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/4207e9877941d17bd55a787e06c49564799df539)
Die Zahlen
heißen Verzweigungsindizes, die Grade der Restklassenkörpererweiterungen
Trägheitsgrade.
- Ist
und die Erweiterung der Restklassenkörper separabel, so heißt
unverzweigt. (Im Fall von Zahlkörpern und Funktionenkörpern über endlichen Körpern ist die Restklassenkörperweiterung stets separabel.)
- Ist
, so heißt
rein verzweigt.
- Sind alle
unverzweigt, so heißt
unverzweigt.
zerfällt dann in ein Produkt verschiedener Primideale.
- Sind alle Primideale (ungleich null) von
unverzweigt, so heißt die Erweiterung
unverzweigt.
Eigenschaften
- Ein Primideal
von
über einem Primideal
von
ist genau dann unverzweigt in dem hier definierten Sinne, wenn die Erweiterung
mit den durch
bzw.
definierten Bewertungen unverzweigt im bewertungstheoretischen Sinne ist.
- Es gilt die fundamentale Gleichung[7]
![{\displaystyle [L:K]=\sum _{i=1}^{k}e_{i}f_{i}.}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/92427611935ce1a926bafe030577875df9939854)
- Es gibt stets nur endlich viele verzweigte Primideale in
.[8] Ein Primideal in
ist genau dann verzweigt, wenn es die Diskriminante teilt;[9] ein Primideal in
ist genau dann verzweigt, wenn es die Differente teilt.[10]
- Die einzige unverzweigte Erweiterung von
ist
selbst.[11]
- Ist
eine Galoiserweiterung globaler Körper und
unverzweigt, so gibt es analog zum lokalen Fall für jedes Primideal
über
einen Frobenius-Automorphismus
, der die Zerlegungsgruppe von
erzeugt. Er ist die Grundlage für das Artinsymbol der Klassenkörpertheorie.[12]
Beispiel
Ein verhältnismäßig einfacher Dedekindring ist der Ring der Eisensteinzahlen. Betrachtet man sie, wie üblich, als Erweiterung der ganzen Zahlen, dann ist hier genau das von der Primzahl 3 (im Ring der ganzen Zahlen) erzeugte Primideal verzweigt.
Unverzweigte Schemamorphismen
Es seien
und
Schemata und
ein Morphismus lokal endlicher Präsentation. Dann heißt
unverzweigt, falls eine der folgenden äquivalenten Bedingungen erfüllt ist:[13]
![{\displaystyle \Omega _{X/Y}^{1}=0}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/461000693479265d4664bd2cff67498381e93e58)
- Für einen (und damit für jeden) Morphismus
ist
![{\displaystyle f^{*}\colon \Omega _{Y/Z}^{1}\to \Omega _{X/Z}^{1))](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/092a9a18176c11d80fb7a3ed817272003d452f6f)
- surjektiv.
- Die Fasern von
über Punkten
sind disjunkte Vereinigungen von Spektren endlicher separabler Körpererweiterungen von
.
- Die Diagonale
ist eine offene Einbettung.
- Ist
ein affines Schema und
ein abgeschlossenes Unterschema, das durch eine nilpotente Idealgarbe definiert wird, so ist die induzierte Abbildung
![{\displaystyle \mathrm {Hom} _{Y}(T,X)\to \mathrm {Hom} _{Y}(T_{0},X)}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/2460deaf1c7d7552f810a336d5759141377a804b)
- injektiv.
Der Morphismus
heißt unverzweigt im Punkt
, wenn es eine offene Umgebung
von
in
gibt, so dass
unverzweigt ist. Unverzweigtheit in einem Punkt
kann auch anders charakterisiert werden (es sei
):[14]
![{\displaystyle \Omega _{X/Y,x}^{1}=0}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/cdc3513553b6a22b4e530f933a3e2e21f729f4e5)
- Die Diagonale
ist ein lokaler Isomorphismus bei
.
ist ein Körper, der eine endliche separable Erweiterung von
ist.
Die Unverzweigtheit von
im Punkt
hängt nur von der Faser
ab.
Eigenschaften
- Unverzweigte Morphismen sind lokal quasiendlich.[15]
- Ist
zusammenhängend und
unverzweigt und separiert, so entsprechen die Schnitte von
eineindeutig den Zusammenhangskomponenten von
, die durch
isomorph auf
abgebildet werden.[16]