Klassifikation nach ICD-10
I44.3 Sonstiger und nicht näher bezeichneter atrioventrikulärer Block
I44.0 Atrioventrikulärer Block 1. Grades
I44.1 Atrioventrikulärer Block 2. Grades
I44.2 Atrioventrikulärer Block 3. Grades
ICD-10 online (WHO-Version 2019)

Ein AV-Block (Abkürzung für atrioventrikulärer Block, genannt auch atrioventrikuläre Leitungsstörung und Störung der atrioventrikulären Erregungsausbreitung[1]) ist eine häufige Herzrhythmusstörung. Dabei ist die Erregungsleitung zwischen den Vorhöfen und den Herzkammern am Atrioventrikularknoten (AV-Knoten) des Herzens verzögert, zeitweise oder dauerhaft unterbrochen.

Leichtere Formen des AV-Blockes können unbemerkt bleiben und bedürfen keiner Behandlung. Schwerere Formen führen zu einem zu langsamen Herzschlag (Bradykardie, Bradyarrhythmie). Im Extremfall kann es sogar zu einem kompletten Stillstand der Kammern kommen, was dann einer notfallmäßigen Medikamenten- und Herzschrittmacherbehandlung bedarf.

Formen

Alle Formen des AV-Blocks können mittels Elektrokardiogramm (EKG) erkannt werden.

AV-Block I. Grades

Hierbei ist die Erregungsleitung verzögert, und es kommt zu einer verspätet einsetzenden Kontraktion der Herzkammern. Diese Störung ist an einer Verlängerung der PQ-Zeit (über 200 ms) im EKG oder an einer Verkürzung des Abstandes zwischen der bei der Füllung der linken Herzkammer entstehenden E- und A-Welle im Echo erkennbar. Sie bleibt subjektiv unbemerkt und bedarf meist keiner Behandlung.

AV-Block II. Grades

AV-Block II. Grades Typ Wenckebach / Mobitz I mit 5:4 Periodik
AV-Block II. Grades, zunächst Typ Mobitz (II) mit 3:2-Überleitung, dann 2:1-Block
Unterschiede der II.gradigen AV-Blockierungen

Die Erregungsleitung und damit die Kammeraktion fällt teilweise aus. Dabei gibt es mehrere Möglichkeiten:

Im englischen Sprachraum wird der Wenckebach-Block auch als Mobitz Type I, der Mobitz-Block als Mobitz Type II oder Hay bezeichnet. Die 2:1-Blöcke als „fixed-ratio-block“ und alle höhergradigen regelmäßigen Blockbilder als „high-grade AV-Block II“.

AV-Block III. Grades (totaler AV-Block, totaler Herzblock)

A-V-Block III
P-Wellen und QRS-Komplexe treten völlig asynchron auf.

Vollständiger Ausfall der Erregungsleitung zwischen Vorhof und Kammer (AV-Dissoziation). Die Kammer bleibt stehen oder schlägt in einem langsamen (bradykarden) Ersatzrhythmus asynchron zu den Vorhöfen weiter, der durch den als sekundärer Schrittmacher bezeichneten AV-Knoten (mit ca. 40–50 Impulsen pro Minute) oder die tertiären Schrittmacher (His-Bündel, Tawaraschenkel und Purkinje-Fasern mit einer Frequenz von ca. 20–30 Impulsen pro Minute) erzeugt wird. Ein AV-Block III. Grades kann mit normalen QRS-Komplexen (AV-Ersatzrhythmus) oder verbreiterten QRS-Komplexen (Kammerersatzrhythmus) auftreten.[5]

Ein AV-Block III. Grades ist eine typische Indikation zur Implantation eines Herzschrittmachers.

Ursachen und Häufigkeit

Fröhlig[6] benennt folgende Ursachen:

Angeborener AV-Block

Ein angeborener AV-Block ist mit einer Inzidenz von 1:20.000 selten. Ursachen sind mit etwa je einem Drittel

Erworbener AV-Block

Eine Vielzahl von Ursachen kann zu einer AV-Blockierung führen. Die Mehrzahl der Fälle beruht auf chronisch-degenerativen Veränderungen (u. U.) im Rahmen kardialer Erkrankungen. 40 bis 60 % der Fälle entstehen durch eine idiopathische Fibrosierung (u. U.). Häufigste reversible Ursache sind Medikamente. Alle Antiarrhythmika, die eine Leitungsverzögerung bewirken, können, insbesondere bei Überdosierung oder Kombination voneinander, AV-Blockierungen hervorrufen. Im klinischen Alltag sind Herzglykoside und Betablocker die häufigsten Auslöser. Schädigungen durch medizinische Eingriffe oder Herzinfarkt (s. u.) können reversibel sein.

Chronisch-degenerativ

Erregungsleitungssystem
(schematisch, beim Menschen)

1 Sinusknoten – 2 AV-Knoten

Wichtige Strukturen sind in der
Grafik verlinkt

ErregungsleitungssystemAV-KnotenSinusknotenHis-BündelRechter VorhofAortaRechter Tawara-SchenkelLinksanteriorer FaszikelLinksposteriorer FaszikelRechter VentrikelLinker VentrikelVentrikelseptum
Erregungsleitungssystem

Idiopathisch

Andere Schädigung

Therapie

Den ersten Herzschrittmacher zur Behandlung des totalen Herzblocks implantierte 1958 Åke Senning.[8]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Herbert Reindell, Helmut Klepzig: Krankheiten des Herzens und der Gefäße. In: Ludwig Heilmeyer (Hrsg.): Lehrbuch der Inneren Medizin. Springer-Verlag, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1955; 2. Auflage ebenda 1961, S. 450–598, hier: S. 571–574 (Reizleitungsstörungen).
  2. LITFL-Blog: [1]; abgerufen am 9. Juli 2022
  3. a b AMBOSS-Lernplattform: [2]; abgerufen am 9. Juli 2022
  4. LITFL-Blog: [3]; abgerufen am 9. Juli 2022
  5. Joseph Wartak: EKG-Praxis. 2. Auflage. Thieme, Stuttgart 1982, ISBN 3-13-540502-8, S. 124.
  6. G. Fröhlig et al. (Hrsg.): Herzschrittmacher- und Defibrillator-Therapie. 1. Auflage. Thieme, Stuttgart/New York 2006, ISBN 3-13-117181-2 (google.de).
  7. Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie, 2005: Herzschrittmachertherapie
  8. Friedrich Wilhelm Hehrlein: Herz und große Gefäße. In: Franz Xaver Sailer, Friedrich Wilhelm Gierhake (Hrsg.): Chirurgie historisch gesehen: Anfang – Entwicklung – Differenzierung. Dustri-Verlag, Deisenhofen bei München 1973, ISBN 3-87185-021-7, S. 164–185, hier: S. 179.