Operndaten
Titel: Aleko
Originaltitel: Алеко / Aleko

Szenenbild der Uraufführung 1893

Form: Oper in einem Akt und 13 Nummern
Originalsprache: Russisch
Musik: Sergei Wassiljewitsch Rachmaninow
Libretto: Wladimir Nemirowitsch-Dantschenko
Literarische Vorlage: Alexander Puschkin: Цыганы / Zygany
Uraufführung: 27. Apriljul. / 9. Mai 1893greg.
Ort der Uraufführung: Bolschoi-Theater, Moskau
Spieldauer: ca. 1 Stunde
Ort und Zeit der Handlung: Ein Zigeunerlager in Russland, 19. Jahrhundert
Personen
  • Алеко / Aleko (Bariton)
  • Молодой цыган / ein junger Zigeuner (Tenor)
  • Старик / der Alte, Semfiras Vater (Bass)
  • Земфира / Semfira,[A 1] eine junge Zigeunerin (Sopran)
  • Старая цыганка / eine alte Zigeunerin (Alt)
  • Цыгане / Zigeuner (Chor, Ballett)

Aleko (TN ii/70, russisch: Алеко) ist die erste der vier Opern von Sergei Rachmaninow, die er noch am Moskauer Konservatorium verfasste. Das russische Libretto stammt von Wladimir Nemirowitsch-Dantschenko. Es ist eine Bearbeitung des Poems Цыганы (Zygany – Die Zigeuner, 1825) von Alexander Puschkin. Die Premiere fand am 27. Apriljul. / 9. Mai 1893greg. im Bolschoi-Theater statt.

Handlung

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In einem Zigeunerlager in Russland feiern die Zigeuner ihre Freiheit (Nr. 2). Der Alte erzählt die Geschichte seiner nur ein Jahr währenden Jugendliebe zu Mariula (Nr. 3). Einst war seine Gruppe bei den Wassern von Kagul mit einer anderen Zigeunergruppe zusammengetroffen. Als diese in der dritten Nacht weiterzogen, war Mariula mit ihnen gegangen, hatte aber ihre kleine Tochter Semfira zurückgelassen. Seitdem hat der Alte für alle Mädchen nur noch Verachtung übrig. Aleko merkt an, dass er unter solchen Umständen nicht auf Rache verzichtet hätte.

Während die Zigeuner tanzen und singen (Nr. 5–7), zieht sich Semfira mit einem jungen Mann zurück. Obwohl Semfira die Eifersucht ihres Gatten Aleko fürchtet, verabreden sich die beiden für eine Liebesnacht (Nr. 8). Anschließend singt Semfira ihr Kind mit einem Wiegenlied, das von ihrer Liebe zu einem anderen Mann handelt, in den Schlaf (Nr. 9). Aleko lauscht beunruhigt.

Aleko, ein ehemaliger Stadtbewohner, erinnert sich, wie er für Semfira sein früheres Leben aufgegeben und sich den Zigeunern angeschlossen hatte (Nr. 10).

In einer Romanze (Nr. 12) vergleicht Semfiras neuer Liebhaber das unaufhaltsame Gleiten des Mondes mit dem Herzen eines Mädchens, dem niemand Liebe befehlen könne.

Kurz vor Morgengrauen drängt Semfira den jungen Zigeuner zur Eile, weil sie fürchtet, dass ihr Ehemann aufwachen könnte (Nr. 13). Doch er zögert, und Aleko ertappt die beiden. Er fleht Semfira vergeblich an, zu ihm zurückzukehren. Semfira und der junge Zigeuner machen sich über ihn lustig. Daraufhin ersticht Aleko den jungen Zigeuner. Weinend fleht Semfira ihren toten Geliebten um Vergebung an und verflucht Aleko. Der ersticht nun auch sie.

Durch den Lärm aufgeschreckt, kommen die anderen Zigeuner hinzu. Der alte Mann findet seine sterbende Tochter blutüberströmt am Boden liegen. Die anderen Zigeuner klagen. Eine alte Zigeunerin fordert dazu auf, in der Nähe des Flusses Gräber zu bereiten und die Augen der Verstorbenen zu küssen. Der alte Mann und die anderen Zigeuner erklären Aleko, dass sie keine Gesetze haben, niemanden foltern und niemanden töten –, aber sie werden nicht mit einem Mörder zusammenleben. Aleko bleibt nichts anderes übrig, als seine erneute Einsamkeit zu beklagen.

Gestaltung

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Instrumentation

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Die Orchesterbesetzung der Oper enthält die folgenden Instrumente:[1][2]

Musiknummern

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Im Klavierauszug und der Partitur der Oper sind die folgenden Nummern angegeben:

Musik

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Die Gesangspartien des jungen Rachmaninow orientieren sich an der „Ausdruckstypologie städtischer Romanzen“. Nur in den Liedern und Tänzen griff er auf „östliche Weisen“ zurück, die in häufigen Melismen erkennbar werden.[1] Diese Stellen erinnern jedoch mehr an Bizets Perlenfischer als an dessen ebenfalls im Zigeunermilieu spielende Carmen. Den Rest bezeichnete der Musikkritiker Ulrich Schreiber als „handwerklich solide[n] Tschaikowski-Nachhall“.[3] Das Orchester zeichnet den Ablauf der Tragödie psychologisch nach, wobei ein sogenanntes „Schicksalsthema“ vorherrscht.[2] Rachmaninow versuchte, „seelische Zustände in äußere Vorgänge zu projizieren“ und die Musik nicht nur illustrierend zu nutzen. Tonarten, Instrumentalfarben, Rhythmus und die verschiedenen Gesangsstile haben für ihn die gleiche zusammenhangstiftende Bedeutung wie einzelne Motive oder Themen.[1]

Mit seinen drei Opern Aleko, Skupoi ryzar (Der geizige Ritter) und Francesca da Rimini (beide 1906) fand Rachmaninow einen eigenen Weg. Er verband darin symphonische Elemente, Strukturen der Nummernoper, italienisches Melos und das „melodische Rezitativ“ eines Alexander Dargomyschski. Obwohl diese Opern für die weitere Entwicklung des Musikdramas eine große theoretische Bedeutung hatten, fanden sie keinen Eingang in das Repertoire.[1]

Werkgeschichte

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Aleko ist die erste der drei vollendeten Opern Rachmaninows. Er schrieb sie im Alter von neunzehn Jahren als Examensarbeit des Moskauer Konservatoriums. Die Aufgabe erhielt er am 27. März 1892. Abgeschlossen war seine Arbeit bereits am 13. April. Zu einer ersten Teilaufführung kam es dort am 31. Mai 1892.[4][1]

Das Libretto stammt von Wladimir Nemirowitsch-Dantschenko. Es basiert auf dem 1825 verfassten und 1827 erschienenen Poem Цыганы (Zygany – Die Zigeuner) von Alexander Puschkin. Schon 1829 unternahm Michail Lermontow den ersten Versuch einer Librettofassung. Die erste Opernfassung stammt von Wladimir Kaschperow (Zygany von 1850, Libretto: Nikolai Ogarjow). Seitdem erschienen viele weitere Vertonungen, darunter Ruggero Leoncavallos Oper Zingari von 1912.[1] Auch Dmitri Schostakowitsch hatte während seines Studiums eine Oper über diesen Stoff komponiert, die Notation aber zu seinem späteren Bedauern verbrannt.[3] „Semfiras Wiegenlied“ (Nr. 9) wurde häufig als Lied vertont.[1]

Die Uraufführung des vollständigen Werks fand am 27. Apriljul. / 9. Mai 1893greg. im Bolschoi-Theater in Moskau statt. Es sangen Bogomir Korsow (Aleko), Lew Klementjew (junger Zigeuner), Stepan Wlassow (der Alte), Marija Deisha-Sionizkaja (Semfira) und E. A. Sciubina (alte Zigeunerin). Die musikalische Leitung hatte Ippolit Altani. Zur Premiere war auch Rachmaninows Komponistenkollege Peter Tschaikowski anwesend.[5][1]

Im selben Jahr 1893 dirigierte Rachmaninow Aleko auch in Kiew. Größere Bekanntheit erhielt die Oper aber erst einige Jahre später, als sich Fjodor Schaljapin, ein Freund des Komponisten, des Werks annahm. Er sang die Titelrolle 1897 in einer Liebhaberaufführung 1897 im Taurischen Palais in Petersburg sowie 1903 am Neuen Theater in Moskau.[2][4] Weitere Produktionen in Petersburg/Petrograd gab es 1914 am Mariinski-Theater und 1923 am Maly-Theater. In Rostow am Don wurde sie 1902, in Gorki 1943, in Tbilissi 1956 und in Ulan-Ude 1953 gespielt. Zur ersten Aufführung außerhalb Russlands kam es 1915 in London.[2] Erwähnenswerte jüngere Aufführungen sind eine Amateurproduktion in Wladimir 1964, das englische Camden-Festival 1972, ein Gastspiel des Nemirowitsch-Dantschenko-Musiktheaters in Tokio 1977, sowie Produktionen in Turin 1980 (Leitung: Juri Aronowitsch, Aleko: Ferruccio Furlanetto)[1], Oldenburg 2001[3] und Kiel 2018.[6]

Eine überarbeitete Fassung und Instrumentation stammt vom Komponisten Nikolai Golowanow.[2]

Aufnahmen

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Commons: Aleko – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen

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  1. Gelegentlich auch „Zemfira“ geschrieben

Einzelnachweise

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  1. a b c d e f g h i Sigrid Neef: Aleko. In: Pipers Enzyklopädie des Musiktheaters. Band 5: Werke. Piccinni – Spontini. Piper, München und Zürich 1994, ISBN 3-492-02415-7.
  2. a b c d e Aleko. In: Sigrid Neef: Handbuch der russischen und sowjetischen Oper. Henschelverlag Kunst und Gesellschaft, Bärenreiter 1989. ISBN 3-7618-0925-5, S. 382–384.
  3. a b c Ulrich Schreiber: Opernführer für Fortgeschrittene. Das 20. Jahrhundert III. Ost- und Nordeuropa, Nebenstränge am Hauptweg, interkontinentale Verbreitung. Bärenreiter, Kassel 2006, ISBN 3-7618-1859-9, S. 22–23.
  4. a b Kurt Pahlen: Das neue Opern-Lexikon. Seehamer, Weyarn 2000, ISBN 3-934058-58-2, S. 559.
  5. 9. Mai 1893: „Aleko“. In: L’Almanacco di Gherardo Casaglia
  6. Christian Strehk: Toxische Leidenschaften. Rezension der Produktion in Kiel. In: Die Deutsche Bühne. 29. April 2018, abgerufen am 6. Juni 2023.
  7. a b c d e f g h i j Sergej Vasil’evic Rachmaninov. In: Andreas Ommer: Verzeichnis aller Operngesamtaufnahmen. Zeno.org, Band 20.
  8. Rachmaninov’s The Miserly Knight and Aleko bei medici.tv, abgerufen am 28. April 2024.