Andreas Pangritz (* 19. Januar 1954 in Reudern) ist ein deutscher evangelischer Theologe, der von 2003 bis 2019 Systematische Theologie an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn lehrte, wo er zugleich einer der beiden Direktoren des Ökumenischen Instituts war.

Werdegang

Andreas Pangritz wurde am 19. Januar 1954 als zweites Kind des Pfarrers Gottfried Pangritz und dessen Frau Adelheid, geb. Goes, in Reudern, Kreis Nürtingen, geboren. Mit dem Wechsel seines Vaters auf verschiedene Pfarrstellen zog die Familie häufig um. Er besuchte die Dorfschule von Fürnsal im Schwarzwald, zog nach Lübeck, wo er die Brockes-Volksschule und das Carl-Jacob-Burckhardt-Gymnasium besuchte. Im 1968 erschienenen Film Chronik der Anna Magdalena Bach von Straub-Huillet stellte Pangritz den jungen Wilhelm Friedemann Bach dar. In der Hansestadt erhielt er Klavierunterricht, auch als außerordentlicher Student an der dortigen Fachhochschule für Musik. Er beendete die Schullaufbahn am Theodor-Heuss-Gymnasium in Nördlingen (Bayern) 1973 mit der Reifeprüfung. Sein Vater wurde bekannt mit seiner letzten Stelle als Seelsorger für Schausteller (1975–1984).[1]

Nach einem halben sozialen Jahr studierte er Evangelische Theologie, Geschichts-, Politik- und Musikwissenschaften an der Eberhard Karls Universität Tübingen und der Freien Universität Berlin. Als Lehrer prägten ihn besonders Helmut Gollwitzer und Friedrich-Wilhelm Marquardt. Nachdem er 1981 in Tübingen das erste Theologische Examen abgelegt hatte, ging er für zwei Semester zu postgraduate studies bei Rochus Zuurmond, Karel Deurloo und Dick Boer an die Universiteit van Amsterdam sowie bei Rabbiner Yehuda Aschkenasy und Ben Hemelsoet an die Katholieke Theologische Hogeschool Amsterdam. In Tübingen und Berlin arbeitete er in der Evangelischen Studentengemeinde mit. Er war in dieser Zeit Autor und für einige Jahre Mitherausgeber der exegetischen Zeitschrift Texte und Kontexte.

1982 kehrte er an die FU Berlin zurück. Mit der Dissertation Dietrich Bonhoeffers Forderung einer Arkandisziplin – eine unerledigte Anfrage an Kirche und Theologie wurde er 1987 zum Doktor der Philosophie promoviert. Am dortigen Institut für Evangelische Theologie war er von 1984 bis 1989 wissenschaftlicher Mitarbeiter für Systematische und Biblische Theologie und anschließend bis 1995 wissenschaftlicher Assistent für Systematische Theologie und Theologiegeschichte. Während dieser Zeit erweiterte er seine musikwissenschaftlichen Studien an der FU und der TU Berlin. Die Habilitation in Systematischer Theologie erfolgte 1992 mit der Untersuchung Vom Kleiner- und Unsichtbarwerden der Theologie. Ein Versuch über das Projekt einer „impliziten Theologie“ bei Barth, Tillich, Bonhoeffer, Benjamin, Horkheimer und Adorno. Im Frühjahr 1995 war er kurzzeitig Gastdozent für Theologische Enzyklopädie an der Faculteit der Godgeleerdheid (Delenus Instituut) der Universiteit van Amsterdam.

Noch im selben Jahr übernahm er eine Vertretungsprofessur an der FU Berlin bis 1996. Während seiner Zeit als Privatdozent war er im Land Brandenburg an der Ausbildung von Lehrern für das neue Schulfach Lebensgestaltung – Ethik – Religionskunde (LER) und an der Evangelischen Fachhochschule Berlin an der Ausbildung von Religionslehrern beteiligt.

1999 wurde Pangritz zum Professor für Systematische Theologie am Institut für Evangelische Theologie der RWTH Aachen berufen, dessen Geschäftsführender Direktor er von 2003 bis 2006 war. 2004 wurde er (zunächst parallel) Professor für Systematische Theologie an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Dort war er ab 2007 auch Direktor des Ökumenischen Instituts. 2019 wurde er in den Ruhestand versetzt.

Er ist Geschäftsführer des 1998 von ihm mitgegründeten Verlags Orient & Okzident.

Andreas Pangritz ist unter anderem Mitglied der Internationalen Dietrich-Bonhoeffer-Gesellschaft, der American Academy of Religion, der Karl Barth-Society of North America, der Gesellschaft für Evangelische Theologie, der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Theologie und des Studienkreises „Kirche und Israel“ im Rheinland und in Westfalen, dessen Vorsitzender er von 2008 bis 2015 war. 2005 wurde er in den Ausschuss „Christen und Juden“ der Evangelischen Kirche im Rheinland berufen. Seit 2006 gehört er der Landessynode der Evangelischen Kirche im Rheinland an.

Hanfried Müller, der Pangritz als einen „linken Theologen“ beschildert habe, empfahl es Ende 1980er Jahren, ihm an der Humboldt-Universität die Stelle des Lektors für die systematische Theologie anzubieten, wegen der Wende verwirklichte das Vorhaben aber nicht.[2]

Werk

Der innere Zusammenhang von Pangritz’ Forschungsgebieten „Aspekte der Theologie Dietrich Bonhoeffers“, „Probleme des christlich-jüdischen Verhältnisses“, „Zur Theologie Friedrich-Wilhelm Marquardts“ sowie „Dialektische Theologie und Kritische Theorie“ ist die Tradition der Bekennenden Kirche und der Theologie nach Auschwitz. Darin dient die Theologie nicht als Legitimationswissenschaft für die herrschenden Verhältnisse, sondern treibt Ideologiekritik. Vorträge vor Kirchengemeinden, regionalen und internationalen Konferenzen sowie zahlreiche Aufsätze beleuchten systematisch und theologiegeschichtlich das Verhältnis von Christentum und Judentum, von Staat und Kirche.

In den letzten Jahren widmete er sich intensiv der Forschung zum Antijudaismus bzw. Antisemitismus Martin Luthers.

Pangritz geht des Öfteren auf eine Verwandtschaft von Dialektischer Theologie und Kritischer Theorie ein. Außer an seinem Lehrer Marquardt, von dem er auch einige Schriften aus dem Nachlass herausgibt, ist er an Karl Barth, Dietrich Bonhoeffer, Walter Benjamin und Theodor W. Adorno als Gelehrten des 20. Jahrhunderts orientiert.

Seine musikalischen Kenntnisse erlaubten es ihm das theologische Denken Barths und Bonhoeffers in Beziehung zur Musik setzen.

Einige von Pangritz’ Veröffentlichungen sind auch auf Englisch, Italienisch, Niederländisch, Koreanisch und Chinesisch erschienen.

Veröffentlichungen in Auswahl

Monographien

Artikel

Herausgeberschaft

Übersetzung

Mitwirkung in Filmen

Einzelnachweise

  1. Gemeindebrief Feuchtwangen Mai bis Juli 2012 bei Dekanat (PDF; 1,1 MB).
  2. [1]