Unter einer Arie (italienisch Aria = ‚Weise‘, ‚Luft‘; dies wiederum von lateinisch aer bzw. altgriechisch ἀήρ = ‚Luft‘) versteht man ein solistisch vorgetragenes Gesangsstück in der klassischen Musik. Eine dazugehörige Instrumentalbegleitung kann von der reinen Continuo-Begleitung mit nur einer Laute oder einem Cembalo, über ein kleines Ensemble mit einem oder mehreren Solo-Instrumenten bis hin zu einem großen Orchester gehen.

Meistens ist eine Arie ein Teil eines größeren Werkes wie einer Oper, einer Kantate oder eines Oratoriums. Es gibt jedoch auch Einzelkompositionen, wie z. B. die Konzertarie.

Die Arie vermittelt die Gefühle und Stimmungen, den sogenannten Affekt, eines bestimmten Moments, d. h. im Normalfall findet keine Handlung statt, im Gegensatz zum Rezitativ. Es können die verschiedensten Gefühle ausgedrückt werden, wie Liebe, Freude, Wut, Rachlust, Entrüstung, Angst, Zweifel usw. In der barocken Oper entstanden schon im 17. Jahrhundert je nach Inhalt außerdem bestimmte Typen, wie die Sturmarie – im Text oft mit Vergleichen wie einem stürmischen Meer oder einem sinkenden Schiff -,[1] die Beschwörungsarie, Verführungsarie, Schlummerarie, Abschiedsarie, Toilettenarie – letztere wurde von einer Frau gesungen, die sich vor ihrem Spiegel schön macht und schmückt.[2] Sehr beliebt waren auch Arien, die den Gesang der Vögel imitieren.[3]

Im Vergleich zum Sprechgesang des Rezitativs wird die Stimme in einer Arie rein lyrisch und melodisch behandelt (melismatisch), und besonders in der Ära des Belcanto auch oft kunstvoll und verziert. Auch die Begleitung kann melodisch und reich ausgeschmückt sein. In einer Arie sind oft Wiederholungen in Text und Melodie enthalten.

Ist ein Stück weniger umfangreich, der Affekt gemäßigter, so spricht man auch von einer Ariette, einer „kleinen Arie“.

In einer Opera seria im 18. Jahrhundert standen einer Primadonna oder einem primo uomo (normalerweise ein Kastrat) mindestens fünf Arien zu – jede Arie von einem anderen Affekt oder Charakter –, der seconda donna und dem secondo uomo drei Arien, kleinere Nebenrollen bekamen nur ein oder zwei, oder gar keine Arie.

Typen

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Es gibt verschiedene Arientypen:

Begriffsdifferenzierung

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Im Gegensatz zur affektbetonten Arie steht das Rezitativ, das die Handlung vorantreiben soll. Es enthält normalerweise keine Wiederholungen, und seine Begleitung ist einfacher als die einer Arie. Vor allem jedoch ist für das Rezitativ ein Sprechgesang typisch, der im Gegensatz zu dem Lyrismus einer Arie steht.

Innerhalb eines Rezitativs können kurze melodiösere, arienartige Abschnitte begegnen, diese nennt man Arioso.

Sehr oft ist einer Arie ein Rezitativ vorangestellt, das inhaltlich bereits die Arie vorbereitet, also die Abfolge: Rezitativ – Arie. Das gilt besonders innerhalb von Opern, Oratorien und Kantaten, aber auch bei Konzertarien.

Eine Arie unterscheidet sich von Gesangsstücken für mehrere Gesangsstimmen, die je nach Anzahl der beteiligten Stimmen Duett, Terzett, Quartett etc. genannt werden. In einer Oper gibt es auch Stücke mit noch mehreren Gesangspartien, z. T. sogar mit Chor, der übergeordnete Begriff dafür lautet: Ensemble.

Im Gegensatz zur Arie ist das Lied sowohl formal, und besonders gesanglich (bzw. gesangstechnisch) normalerweise einfacher gehalten. Die Grenzen sind jedoch fließend. So können die Anforderungen vor allem an eine expressive Gestaltung beim sogenannten Kunstlied beachtlich sein; dieses ist jedoch inhaltlich und in der Besetzung normalerweise intim gehalten.

Geschichte und Formen

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Siehe auch

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Literatur

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Wiktionary: Arie – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise und Anmerkungen

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  1. Rodolfo Celletti: Geschichte des Belcanto. Bärenreiter-Verlag, Kassel u. a. 1989, S. 58–60; zur Sturmarie: S. 58.
  2. Rodolfo Celletti: Geschichte des Belcanto. Bärenreiter-Verlag, Kassel u. a. 1989, S. 58–60; zur Toilettenarie: S. 58.
  3. Rodolfo Celletti: Geschichte des Belcanto. Bärenreiter-Verlag, Kassel u. a. 1989, S. 58–60; zur Vogelarie: S. 59–60.
  4. Eintrag im Musik-Lexikon von klassik.com
  5. Zahlreiche Beispiele in: Giulio Caccini: Le nuove Musiche (Florenz 1601) und Le nuove musiche e nuova maniera di scriverle (Florenz 1614). Facsimile-Ausgabe von S.P.E.S. (studio per edizioni scelte), Archivum musicum 13, Florenz 1983.
  6. Es muss daher als grober Fehler der Aufführungspraxis gelten, wenn man heutzutage (gar nicht selten) Sänger hört, die keine Kadenztriller singen, oder sie sich ausschließlich für das Dacapo aufheben – und da manchmal auch nur für die letzte Kadenz (oder gar nicht)!
  7. Dies hat anscheinend bei einigen Sängern und auch Instrumentalisten, selbst in der Alten Musik (u. a.), zu der missverständlichen Vorstellung geführt, dass Triller typisch für die französische Barockmusik wären – jedenfalls gibt es Sänger und Ensembles, die sich in französischer Musik detailliert und hingebungsvoll den besagten Ornamenten widmen, aber bei Händel, Scarlatti etc. fast keine Triller hören lassen. Ein eindeutiger und absurder Fehler!
  8. Diesbezüglich eindeutige Äußerungen gibt es u. a. von Rossini. Rodolfo Celletti: Geschichte des Belcanto. Bärenreiter-Verlag, Kassel u. a. 1989, S. 152.