Die Basler Mission. Evangelische Missionsgesellschaft in Basel ist eine Schweizer ökumenische missionarische Organisation aus Basel, die im Jahr 1815 gegründet wurde und in weiten Teilen der Welt bis 2001 operativ tätig war. Sie ist heute der grösste von drei Trägervereinen von Mission 21 und hat die gesamte operative Ebene Mission 21 übergeben.[1]
Gründung und Organisation
Im Umfeld der Schweizer Handelsstadt Basel und des süddeutschen Pietismus wurde am 25. September 1815 die «Evangelische Missionsgesellschaft Basel» (kurz: Basler Mission) als Tochtergesellschaft der Deutschen Christentumsgesellschaft von Christian Friedrich Spittler und Nikolaus von Brunn gegründet.[2] Die Basler Mission profitierte vom organisatorischen Talent und den internationalen Kontakten der Basler Handelsleute. Württembergische Pietisten stellten bis ins 20. Jahrhundert mehr als die Hälfte der Mitarbeitenden in Übersee, zu denen ab dem 20. Jahrhundert auch Frauen gehörten, und bis zum Zweiten Weltkrieg alle vollamtlichen Direktoren der Zentralstelle in Basel.
Ab 1816 wurden Seminaristen aufgenommen, wobei man ursprünglich Missionare ausbilden wollte, die dann für andere Missionsorganisationen in Übersee, wie zum Beispiel für die englische «Church Mission Society» oder die niederländische Mission arbeiten sollten. Schon bald wurde aber in Basel über ein eigenes Missionsfeld nachgedacht.
1859 wurde die Missions-Handlungs-Gesellschaft gegründet, die bis 1917 von der Basler Mission kontrolliert wurde. Sie versorgte einerseits die Missionsstationen in Ghana und Südindien mit europäischen Waren (ohne Waffen und Alkohol) und betrieb andererseits Handel mit Palmöl, Kakao und Baumwolle. Ausserdem betrieb sie in Südindien Manufakturen, in denen die zum Christentum bekehrten Einheimischen Arbeit fanden.[3] Der Geschäftsbetrieb lag in den Händen sogenannter Missionskaufleute.
Missionsfelder
Das erste eigene Missionsprojekt war die Entsendung von Missionaren zu den christlichen Armeniern im südrussischen Kaukasus. Doch die Arbeit scheiterte. Kurz darauf wurden das westafrikanische Liberia und vor allem Ghana in den Blick genommen. Wichtige Missionsgebiete wurden im Lauf des 19. und des beginnenden 20. Jahrhunderts Westafrika, Südindien, China und Indonesien.
Goldküste: Im Jahr 1828 wurden erste Missionare an die damalige Goldküste (heutiges Ghana) entsandt. Die Idee hinter der Ghana Mission war gleichzeitig zur Evangelisation eine „wohlthätige Civilisation“ in diese Gegend von Afrika zu bringen. Von ihrem eigenen Kontext her wollten die jungen Männer aus dem süddeutschen Raum dazu unter den Bauern eine christliche Dorfgemeinschaft aufbauen. Der Erfolg war mässig. Vor allem in den ersten Jahren der Basler Ghana-Mission starben viele Missionare an Krankheiten. Dennoch wollte man den Menschen auf Augenhöhe begegnen und nutzte in Kirche und Schule die örtlich vorkommenden Sprachen. Aus der Missionsarbeit ging die Presbyterianische Kirche von Ghana hervor, die bis heute auf ihre Wurzeln verweist.
Südindien: In den heutigen südindischen Staaten Karnataka und Kerala nahm die Basler Mission ihre Arbeit im Jahr 1834 auf. Auch hier nutzte sie für das Kirchen- und Schulwesen die Lokalsprachen (siehe Ferdinand Kittel). Aus kleinen Werkstätten entwickelten sich «Missionsindustrien», da die zum Christentum übertretenden Inder ihre Kastenzugehörigkeit und die damit verbundenen Berufe nicht mehr ausüben durften.
China: Seit 1847 begann die Arbeit der Basler Mission in China, dem heutigen Hongkong und der gegenüberliegenden Provinz Guangdong.
Kamerun: Die Basler Mission übernahm in Kamerun ab 1885 die Missionsarbeit der englischen Baptisten. Es kam zur Gründung der Presbyterian Church of Cameroon. Nicht alle Baptistengemeinden wollten sich dieser neuen Kirche anschliessen. So kam es zur Gründung der «Native Baptist Church».
Im Jahr 1913 konnte die Mission ein Budget von ungefähr 2’500'000 Franken verzeichnen und war mit ihren 635 aktiven Mitarbeitern eine Institution von beachtlichem Ausmass. Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges erlebte die Basler Mission aber ein abruptes Ende ihrer Blütezeit. Die Nationen Europas befanden sich in einem Krieg, welcher auch in den Kolonien ausgefochten wurde. Europäische Grossmächte versuchten ihre Herrschaftsgebiete in Asien und Afrika weiter auszubreiten. Dies behinderte oder verunmöglichte die Arbeit der Missionare in fast allen Missionsfeldern. So wurden die deutschen Mitarbeiter der Missionen sowohl von den Briten als auch den Franzosen vertrieben, oder sie hatten dem Marschbefehl ihrer Heimat Folge zu leisten. Hinzu kam eine steigende Armut in Europa, wodurch die Mittelbeschaffung stark erschwert wurde. Während des Krieges kam die Arbeit in den Feldern nahezu zum Erliegen.
In der Zwischenkriegszeit änderte sich nicht viel an der Expansionspolitik europäischer Nationen in den Kolonien. Dennoch gelang der Basler Mission die Rückkehr in fast allen Feldern (ausser in Französisch-Kamerun) und mithin erfolgte ein Wiederaufbau der Missionstätigkeit. Im Jahr 1920 kam es zu der Übernahme einer neuen Station in Kalimantan/Indonesien (Südborneo). Da aber während des Krieges in vielen Gebieten kaum Missionare vor Ort waren, entstand in diesen lokalen Umfeldern vermehrt ein Bewusstsein eigener Kraft und Autonomie. Es bildeten sich lokale Kirchen und so trafen die Missionare bei ihrer Rückkehr sowohl auf neue, einheimische Kirchen, aber auch auf völlig verwahrloste Stationen.
Jedoch war dieser hoffnungsvolle Wiederaufbau nur von kurzer Dauer. Die Weltwirtschaftskrise zu Beginn der 1930er traf auch die Basler Mission hart. Die Situation verschlimmerte sich kurz darauf, aufgrund der Ereignisse in Deutschland. Die Basler Mission wurde durch die Regierung Hitlers insofern direkt betroffen, als dass die NSDAP den internationalen Geldfluss erschwerte. Indirekt, aber nicht minder einschneidend wurde die Basler Mission durch den Kirchenkampf betroffen. Mit dem Beginn des Zweiten Weltkrieges 1939 wurden die meisten der deutschen Mitarbeiter der Mission interniert und die schweizerischen Missionare waren erneut auf sich allein gestellt. Die Beziehungen zwischen einigen Vertretern der Basler Mission und dem Dritten Reich sind umstritten. Unumstritten ist das Engagement von Alphons Koechlin, dem Präsidenten der Basler Mission von 1936 bis 1959, für den Zusammenhalt der transnationalen Ökumene in feindlichen Lagern. Erst in den frühen 1950er-Jahren erfuhr die Basler Mission einen erneuten Aufschwung.
Der wirtschaftliche Aufschwung im Nachkriegseuropa führte dazu, dass die Basler Mission wieder wachsen konnte. Knapp unter 400 Mitarbeiter in Übersee zählte die Mission in den frühen 1960er-Jahren. Die hohe Anzahl an Mitarbeitern lässt sich auf die Verbesserungen der Lebensumstände in den Missionsgebieten zurückführen, zum einen durch den technischen Fortschritt, welcher wochenlange Schiffsreisen ersetzte, zum anderen führten die Weiterentwicklungen in der medizinischen Behandlung und die Erforschung der Tropenkrankheiten dazu, dass die Missionsarbeit weniger gesundheitliche Risiken barg.
Neu war, dass die Basler Mission nicht mehr Missionare auf eine lebenslange Mission sendete. Die Missionare absolvierten in Basel einen mehrmonatigen «Vorbereitungskurs für Einsätze in Übersee», nach welchem sie ein paar Jahre in eine Mission entsandt wurden. Missionare wurden zudem nur noch auf Anfrage der Partnerkirchen in ihre Einsatzgebiete gesandt.
Im Lauf der Jahre weitete sich die Arbeit der Basler Mission auch auf Südamerika aus, wodurch die Mission in fast allen Teilen der Welt tätig war. Vom Jahr der Gründung bis zum Jahr 2001 entsandte die Basler Mission mehr als 3500 Missionare.[4]
Die Basler Mission arbeitete mit einem Konzept der Partnerschaft, welches die Missionen, im klassischen Sinn, nicht mehr als Missionen, sondern als Partnerkirchen betrachtet. Die Partnerkirchen sind selbständig und können auf das Know-how der Basler Mission zurückgreifen. So wurde der Missionar zum Mitarbeiter. Aufgrund der Vielfalt der Konfessionen der Partnerkirchen agierte die Basler Mission als ökumenische Organisation. Sie trug zur Gründung von zwei weiteren Organisationen bei: dem EMS (Evangelisches Missionswerk in Südwestdeutschland, heute Evangelische Mission in Solidarität) und der KEM (Kooperation Evangelischer Kirchen und Missionen in der Schweiz), die zusammen mit der Basler Mission eine Missionsgemeinschaft bildete. Beide neuen Organisationen waren verantwortlich für wichtige Publikationen und Öffentlichkeitsarbeit.
2001 gründete die Basler Mission zusammen mit vier anderen Missionswerken bzw. -gesellschaften mission 21, welche den operativen Teil der Tätigkeiten aller Missionsgesellschaften übernahm. Der Verein Basler Mission (offiziell: Evangelische Missionsgesellschaft in Basel)[5] führt unter der Leitung von Karl-Friedrich Appl das umfangreiche Archiv der Basler Mission weiter sowie den Kollektenverein u. a. für die Halbbatzen-Kollekte. In Deutschland besteht weiterhin die 1954 gegründete Basler Mission - Deutscher Zweig (BMDZ).[6]
Missionsgesellschaften sind als eine Reaktion engagierter Christen des Abendlandes auf Berichte über die Existenz nicht abendländischer, nichtchristlicher Kulturen entstanden. Die Erweckungsbewegung und die Einflüsse des württembergischen Pietismus sind als treibende Kräfte für das Aufstreben der Basler Mission zu sehen. Im Zentrum des theologischen Denkens stand die Vorstellung vom nahenden Reich Gottes. Dies kündigte sich, so die Gründer des Werks (1815), durch «ein Wehen des Geistes Gottes über den ganzen Erdkreis» an und sollte durch die «Verbreitung des göttlichen Worts […] unter den fernen Völkern» und durch «die Liebe zu den armen Heiden, deren Heil wir zu befördern suchen», Gestalt gewinnen.[7]
Das Seminar in Basel wurde ursprünglich mit der Absicht gegründet, Missionare auszubilden, welche dann in Übersee für andere Organisationen arbeiten sollten. Als die Basler Mission selber tätig wurde, war ihr Ziel, mit Bauern eine christliche Dorfkultur aufzubauen und sie zu animieren, ein christlich geprägtes Leben zu führen. Die Basler Mission legte Wert darauf, dass in den vor Ort errichteten Schulen in der «Eingeborenensprache» und nicht in der Kolonialsprache unterrichtet wurde. Die Missionare strebten jedoch danach, das Zusammenleben in den Missionen nach süddeutschem, pietistischem Vorbild zu gestalten.
Frühe Bibelübersetzer der Missionsgesellschaft waren Johann Gottlieb Auer, Johann Gottlieb Christaller, Hermann Gundert, Christian Theophilus Hoernle, Rudolf Lechler, Johann Adam Mader, Martin Schaub, Eugen Schuler und Johannes Zimmermann.[8]
Die «Kinderverordnung» der Basler Mission von 1853 schrieb vor, dass die Kinder der Missionare zum Schulbesuch und zur weiteren Ausbildung nach Europa gesandt werden mussten.[9][10] Sie wuchsen im Kinderhaus der Basler Mission, in Bildungsanstalten in Süddeutschland oder bei Verwandten auf. Eltern und Kinder lebten daher getrennt und weit entfernt voneinander, auf unterschiedlichen Kontinenten und in differenten Kulturen; sie kommunizierten nur brieflich miteinander.[11]
Ab 2001 ist die operative Arbeit der Basler Mission bei Mission 21. Präsidenten der Basler Mission respektive des Trägervereins von Mission 21 sind:
Es ist keine Selbstverständlichkeit, dass Missionshäuser ethnografische Sammlungen anlegten. Der Grundstock der ethnografischen Sammlung der Basler Mission geht auf Christian Gottlob Barth aus Calw zurück,[13] der 1860 seine rund 650 gesammelten Objekte an das neu erbaute Missionshaus in Basel verschenkte. Bereits zwei Jahre später hatte die Mission einen Katalog verfasst, der insgesamt 1558 Objekte unterschiedlichster Art verzeichnete und bis heute als museale Pioniertat gilt.[14] Der Katalog, den die Mission zweimal überarbeitete, war geografisch gegliedert und umfasste naturwissenschaftliche sowie Kultus-, Industrie- und Kunstobjekte. Der ursprüngliche Zweck der Sammlung war ihre didaktische Funktion, sie diente bei der Ausbildung der neuen Missionare an der Missionarsschule in Basel. Schon bald jedoch sollte die Sammlung ein «möglichst getreues Bild des Zustandes, vor allem des religiösen Zustandes der Völker» wiedergeben. Zahlreiche Fotografien dazu lieferte Anna Rein-Wuhrmann (1881–1971), die über zwei Jahre hinweg ihre Arbeit und ihr Leben bei dem Volksstamm der Bamum in Kamerun dokumentierte.
Die erste öffentliche Missionsausstellung datiert auf das Jahr 1908. Aufgrund des grossen Erfolges wurde die Sammlung zu einer Wanderausstellung, welche in einer 50-jährigen Geschichte an über 40 Orten in der Schweiz und im benachbarten Ausland zu sehen war. Man weiss von über 250'000 Besuchern. Die Ausstellungsgeschichte der Sammlung endete im Jahr 1953 mit der Ausstellung unter dem Titel: «Licht aller Völker». 1981 wurde die gesamte Sammlung, die bis zu diesem Zeitpunkt aus 12'888 Objekten bestand, an das Museum für Völkerkunde, das heutige Museum der Kulturen in Basel als Dauerleihgabe übergeben. Dort fand 2015 eine Sonderausstellung mit diesen Exponaten zum Thema Mission possible? Die Sammlung der Basler Mission – Spiegel kultureller Begegnung statt.[15]