Carl Hermann Oskar Schneider (* 19. Dezember 1900 in Zwickau; † 16. Mai 1977 in Speyer) war ein deutscher Theologe, Religionswissenschaftler, Psychologe und Kulturwissenschaftler.

Leben und Wirken

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Carl Schneider war der Sohn eines Drogisten. Er besuchte bis zum Maturitätsexamen[1] 1920 das Realgymnasium Zwickau.[2][3] Ab 1920/21 studierte er in Marburg, ab 1922 in Leipzig evangelische Theologie, Philosophie, Psychologie und Pädagogik. Er legte 1920 das Graecum und Hebraicum ab und machte 1924 das Theologische Staatsexamen an der Universität Leipzig. Danach war er Hilfsassistent am Seminar für Systematische Theologie unter Karl Girgensohn. Gleichzeitig bekleidete er das Seniorat des Predigerkollegiums zu St. Pauli in Leipzig und war Herausgeber der von seinem Lehrer Karl Girgensohn gegründeten Zeitschrift Christentum und Wissenschaft. Nach Girgensohns Tod gab Schneider aus dem Nachlass dessen Theologische Ethik heraus.[4]

1928 wurde Carl Schneider mit einer Dissertation über ein Thema aus der Gestaltpsychologie, Untersuchungen über die Unterschiedsempfindlichkeit verschieden gegliederter optischer Gestalten promoviert. Gutachter waren Felix Krueger und Friedrich Sander. Anschließend ging er als Assistant Professor an das Concordia Theological Seminary nach Springfield (Ohio). Von 1929 bis 1934 war er Professor am Herder-Institut Riga.

1930 habilitierte er sich bei Johannes Leipoldt an der theologischen Fakultät der Universität Leipzig mit einer Arbeit aus dem Gebiet der Religionspsychologie, Die Erlebnisechtheit der Apokalypse des Johannes. Im Jahre 1935 wurde er als außerordentlicher Professor für Neues Testament und hellenistische Religionsgeschichte an die Albertus-Universität Königsberg berufen; dort erhielt er zwei Jahre später einen Lehrstuhl.

1933 trat Schneider in die NSDAP ein.[5] Seit seiner Gründung im Jahr 1939 war er Mitarbeiter des Instituts zur Erforschung und Beseitigung des jüdischen Einflusses auf das deutsche kirchliche Leben in Eisenach,[6] das durch Protagonisten der Deutschen Christen ins Leben gerufen worden war.

Nach seiner Einberufung zur Wehrmacht arbeitete Carl Schneider als Psychologe und Dolmetscher. Das Ende des Krieges brachte Gefangenschaft und Vertreibung aus Königsberg mit dem damit verbundenen Verlust seiner Bibliothek, Manuskripte und Zettelkästen. Er ließ sich zunächst mit seiner Familie im rheinhessischen Flomborn nieder, wo er als Pfarrer arbeitete.

Wohl wegen seines Eintretens für die nationalsozialistische Ideologie in seinen Schriften und als Mitglied des Eisenacher Institutes war es Carl Schneider verwehrt, die unterbrochene Tätigkeit als Inhaber eines Lehrstuhls an einer Universität fortzusetzen.[7] Der Kirchenpräsident der Evangelischen Landeskirche der Pfalz, Hans Stempel holte Schneider nach Speyer. 1948 trat er in den Dienst des Landesvereins der Inneren Mission. Ab 1954 hatte Schneider eine Pfarrstelle für gesamtkirchliche Aufgaben. Er leitete die Ausbildung von Gemeindehelferinnen und war von 1961 bis 1967 Leiter der Evangelischen Akademie in Enkenbach in der Pfalz.[8]

Als Kulturreferent[9] der Stadt Speyer (1949–1974), dem neuen Wohnsitz der Familie, gelang es ihm, wesentliche Impulse im kulturellen Nachkriegsleben der Stadt zu geben. Hier entstanden auch Carl Schneiders groß angelegte Hauptwerke über den Hellenismus und das Christentum, zu denen die umfangreichen Vorarbeiten in der Zeit des Wirkens in Königsberg kriegsbedingt vernichtet worden waren.

In seinen Schriften, Vorträgen und Kursen machte Carl Schneider immer wieder auf die Wichtigkeit der Beschäftigung mit der Welt der Antike, besonders der alten Griechen aufmerksam. Mit der ihm eigenen Begeisterungsfähigkeit, seinem enzyklopädischen Wissen und der Beherrschung der rhetorischen Mittel gelang es ihm, theologische und kulturgeschichtliche Fragen einem breiten Publikum näherzubringen und er scheute sich nicht, Laien, im Vertrauen auf ihre Lernbereitschaft, mit Fachfragen aus seinem Forschungsgebiet zu konfrontieren. Die auch von den Rezensenten seiner Hauptwerke erwähnte Fähigkeit Carl Schneiders, die Probleme und Ergebnisse seiner wissenschaftlichen Arbeit in klarer, verständlicher Sprache darzustellen, war mit ein Grund für den Erfolg seines Wirkens.

Die Entwicklung der Bewegung der Volkshochschule und der Erwachsenenbildung im Allgemeinen war Schneider ein besonderes Anliegen und er ermutigte Menschen, deren geistige Kapazität er erkannt hatte, sich aktiv im Kulturleben zu engagieren. Keinen Zweifel ließ Carl Schneider daran, dass Fortschritte in der geistigen Entwicklung hart erarbeitet werden müssen. Es gebe kein Lernen sans peine (= ohne Mühe), sagte er, sich auf die Titel der bekannten Lehrbuchreihe für Fremdsprachen des Assimil-Verlages beziehend.

Das 2017 aufgelassene Grab von Carl Schneider auf dem städtischen Friedhof Speyer

Das Grab Carl Schneiders befand sich bis zum Oktober 2017 auf dem städtischen Friedhof von Speyer.

Ehrungen

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Für sein Wirken wurde Carl Schneider mehrfach geehrt. Er erhielt am 7. September 1974 anlässlich seiner Verabschiedung als Kulturreferent und Leiter der Volkshochschule[10] aus der Hand des damaligen Kultusministers von Rheinland-Pfalz, Bernhard Vogel, das Bundesverdienstkreuz am Bande und 1975 verlieh ihm der Oberbürgermeister von Speyer, Christian Roßkopf, die Ehrenplakette der Stadt. In der Villa Kirrmeier-Ecarius in Speyer, Bahnhofstraße 54, dem Sitz der örtlichen Volkshochschule, wurde nach Carl Schneiders Tod eine Gedenktafel angebracht, die aber inzwischen wieder entfernt wurde.[11]

Carl Schneider war Mitglied der Mommsen-Gesellschaft, der Humboldt-Gesellschaft und Mitglied und Ehrenritter des Ordo Sancti Constantini (OCM), des internationalen Konstantinordens.[12]

Werke

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Literatur

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Einzelnachweise

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  1. Entspricht dem heutigen Abitur.
  2. Wie die im Stadtarchiv Zwickau vorhandenen Jahresberichte des örtlichen Realgymnasiums belegen, lernte Schneider die Sprachen Englisch, Französisch und Latein ( Signatur III 2. 4 S, Nr. 141, Bd. X).
  3. Die folgenden Angaben lehnen sich, auch in der Wortwahl, an den von Schneider anlässlich seiner Dissertation verfassten Lebenslauf an (Dissertation, gleichzeitig erschienen in: Felix Krueger, Friedrich Sander [Hrsg.]: Gestalt und Sinn. (Neue Psychologische Studien, Bd. 4, Heft 1). C. H. Beck, München 1928. Seite 160).
  4. Carl Girgensohn: Theologische Ethik. Aus dem hinterlassenen Manuskript mit Benutzung von Nachschriften herausgegeben von Carl Schneider. Leipziger Kartell-Verlag, Leipzig 1926.
  5. Mitgliedsnummer 3391293. Angabe in: Annette Merz: Philhellenism and Antisemitism. Two sides of one coin in the academic writings of Carl Schneider. In: Kirchliche Zeitgeschichte, Heft 17,2 (2004), S. 318.
  6. Hans Prolingheuer: Wir sind in die Irre gegangen. Pahl-Rugenstein, Köln 1987.
  7. Zur Begründung s. auch : Frank Hennecke u. a. (Hrsg.). Gymnasium und Welt. Books on Demand, Norderstedt 2014. S. 282–283.
  8. Zentralarchiv der Evangelischen Kirche der Pfalz, Speyer. Personalakte Schneider ZASP Abt. 2 Nr. 4031. Zitiert in: Christoph Picker und andere: Protestanten ohne Protest. Die evangelische Kirche der Pfalz im Nationalsozialismus. Verlagshaus Speyer, Speyer 2016.
  9. Diese Stellung schloss die heutige Funktion des Leiters der Volkshochschule mit ein.
  10. Carl Schneider hatte diese Ämter 25 Jahre lang ehrenamtlich ausgeübt.
  11. Die Gedenktafel wurde anlässlich einer Renovierung des Gebäudes abgehängt und befindet sich jetzt im Stadtarchiv Speyer.
  12. In Deutschland: Deutsche Genossenschaft der Ritter des internationalen Konstantinordens e. V. Laut brieflicher Auskunft vom 10. Juni 2016 des Präsidenten des OCM, Lutz Gieseke, bestand eine Mitgliedschaft in der Komturei Hessen und Norddeutschland seit 1964. Der Orden ist nicht identisch mit dem unter Konstantinorden verzeichneten. Siehe auch: www.ocm-deutschland.info und den Artikel Ordo Sancti Constantini Magni in der englischen Wikipedia.
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Personendaten
NAME Schneider, Carl
ALTERNATIVNAMEN Schneider, Carl Hermann Oskar (vollständiger Name)
KURZBESCHREIBUNG deutscher Theologe, Religionswissenschaftler, Psychologe und Kulturwissenschaftler
GEBURTSDATUM 19. Dezember 1900
GEBURTSORT Zwickau
STERBEDATUM 16. Mai 1977
STERBEORT Speyer