Carpentras
Carpentras (Frankreich)
Carpentras (Frankreich)
Staat Frankreich
Region Provence-Alpes-Côte d’Azur
Département (Nr.) Vaucluse (84)
Arrondissement Carpentras
Kanton Carpentras
Gemeindeverband Ventoux-Comtat-Venaissin
Koordinaten 44° 3′ N, 5° 3′ OKoordinaten: 44° 3′ N, 5° 3′ O
Höhe 56–212 m
Fläche 37,92 km²
Einwohner 30.769 (1. Januar 2021)
Bevölkerungsdichte 811 Einw./km²
Postleitzahl 84200
INSEE-Code
Website carpentras.fr

Ortsbild Carpentras’

Carpentras (okzitanisch Carpentràs) ist eine südfranzösische, provenzalische Gemeinde mit 30.769 Einwohnern (Stand 1. Januar 2021) im Département Vaucluse in der Region Provence-Alpes-Côte d’Azur. Sie ist Sitz des Arrondissements Carpentras und des Kantons Carpentras.

Vom Ende des 6. Jahrhunderts bis zum Konkordat von 1801 war Carpentras Sitz eines Bistums, das sich vom 7. bis etwa ins 11. Jahrhundert zeitweise in Venasque befand.

Lage und Klima

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Carpentras liegt in ca. 26 km Entfernung (Fahrtstrecke) zu Füßen des Mont Ventoux; Teile des Gemeindegebietes gehören zum Regionalen Naturpark Mont-Ventoux.

Bevölkerungsentwicklung

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Jahr 1800 1851 1901 1954 1999 2020
Einwohner 8.489 10.711 10.443 15.076 26.090 29.865
Quellen: Cassini und INSEE

Die Mechanisierung der Landwirtschaft und die Aufgabe bäuerlicher Kleinbetriebe („Höfesterben“) führten in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu einer stetigen Zunahme der Einwohnerzahlen in den Städten („Landflucht“).

Wirtschaft

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Seit dem Jahr 1768 wird in der Umgebung von Carpentras Färberkrapp (Rubia tinctorum) in großem Umfang angebaut und eingesetzt. Damit stieg Carpentras erneut zur Marktstadt auf. Mit dem Bau einer Kanalabzweigung (Canal de Carpentras) im Jahr 1860 konnte das Wasser der Durance die trockenen Felder der steppenähnlichen Garigue zu einem fruchtbaren Garten umgestalten. Damit steigerte sich der Anbau von Gemüse und Obst, wie zum Beispiel Trauben, Kirschen und Erdbeeren, die schon sehr früh im Jahr auf den Märkten der Umgebung verkauft werden.

Die Stadt ist seit 25. April 2015 mit einer Bahnlinie im Stundentakt mit Avignon und dem dortigen TGV-Bahnhof verbunden. Die 16 km lange Bahnstrecke vom Abzweigbahnhof in Sorgues bis Carpentras war seit dem Jahr 1938 nicht mehr mit Personenzügen befahren worden.

Geschichte

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Carpentras (um 1700)

Carpentras ist seit dem 5. Jahrhundert v. Chr. als Marktplatz überliefert. Es geht auf eine keltische Siedlung des Stammes der Meminien zurück, die von phönizischen und griechischen Händlern als Handelsplatz besucht wurde, um Weizen, Honig, Ziegen, Schafe und Häute zu kaufen. In gallo-römischer Zeit war Carpentras – damals Carpentorate oder auch Carpentoracte – ebenfalls besiedelt, wovon ein eindrucksvoller römischer Ehrenbogen zeugt. Aus dieser Zeit wurde eine Weiheinschrift für den gallo-römischen Lokalgott Mars Nabelcus aufgefunden.

Seit dem Jahr 1274 gehörte Carpentras zum päpstlichen Herrschaftsgebiet des Comtat Venaissin. Zwischen 1309 und 1314 machte Papst Clemens V. Carpentras – neben Avignon – zu seiner Residenz. In der Amtszeit von Papst Innozenz VI. (1352–1362) wurde die Stadt von einer Stadtmauer mit 32 Türmen und vier Toren gegen die plündernden Söldnertruppen der Grandes Compagnies umgeben. Die Tore waren nach den vier ausfallenden Landstraßen benannt: Mazaner Tor (Porte de Mazan, Osten), Perneser Tor (Porte de Pernes, Süden), Monteuxer Tor (Porte Monteux, Südwesten) und Oranger Tor (Porte d’Orange, Nordwesten), das allein überlebt hat. Ab dem Jahr 1320 war Carpentras Hauptstadt des Comtat Venaissin, der provenzalischen Grafschaft des Papstes, und blieb dies bis zur Französischen Revolution, als das Comtat nach einem Plebiszit von der Französischen Republik annektiert wurde.

Dank der Asylpolitik der päpstlichen Kurie war Carpentras neben Cavaillon, Avignon und L’Isle-sur-la-Sorgue ein wichtiges Zentrum und Fluchtpunkt des französischen Judentums vor der Verfolgung unter Philipp IV. dem Schönen. Juden bewohnten ein Ghetto, ein Judenviertel (carrière), dessen Tore jeden Abend verschlossen wurden. Die Synagoge aus dem Jahr 1367 ist die älteste ganz Frankreichs; sie wurde im Jahr 1743 durch eine neue ergänzt. In ihr werden noch heute Gottesdienste abgehalten. Sehenswert ist die Mikwe der ersten Synagoge von 1367.

Carpentras ist eine jener provenzalischen Kommunen, in denen der Front National großen Einfluss besitzt, die rechtsgerichtete Partei erreicht hier seit Jahren konstant 15 bis 20 % der Stimmen; bei der Präsidentschaftswahl 2017 waren es 30,6 %.

Am 8. Mai 1990 wurde Carpentras’ jüdischer Friedhof geschändet, eine Tat, die über ähnliche Vorfälle in anderen Städten hinausging, da die Täter nicht nur 34[1] Grabsteine zerstört, sondern auch einen Leichnam ausgegraben und gepfählt,[1] das heißt, auf einen Pflock gespießt hatten. Die zwei Tage später entdeckte Tat löste angewiderte Reaktionen aus. Am 14. Mai 1990 demonstrierten daraufhin landesweit tausende Menschen gegen Antisemitismus und den damals noch offen antisemitischen Front National unter Jean-Marie Le Pen. Rund 200.000[1] Demonstranten – darunter Frankreichs Präsident François Mitterrand – versammelten sich in Paris. Eine siebenjährige Ermittlung stellte rechtsextremen Hass auf Juden als Tatmotiv fest. Gefängnisstrafen von vier Monaten bis zwei Jahren wurden ausgesprochen.[1]

Im Herbst 2005 kam es hier während des Freitagsgebets zum Brandanschlag auf eine Moschee, es entstand ein leichter Sachschaden.

Sehenswürdigkeiten

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Porte d’Orange
Fassade des Hôtel Dieu

Siehe auch: Liste der Monuments historiques in Carpentras

Umgebung

Politik

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Wappen und Devise

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Blasonierung: „In Rot zwei silberne Passionsnägel mit auswärts gestellter Öse, verbunden mit einer Kette im Gefüge einer Trense.“

Die Devise lautet: Unitas fortitudo, dissentio fragilitas („Einheit bringt Stärke, Uneinigkeit macht zerbrechlich“).[8]

Städtepartnerschaften

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Carpentras pflegt Städtepartnerschaften mit:

Regelmäßige Veranstaltungen

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Persönlichkeiten

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Commons: Carpentras – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b c d Albert Ogien: La profanation du cimetière de Carpentras un tournant dans la politique française. In: Sylvie Anne Goldberg (Hrsg.): Histoire juive de la France. Éditions Albin Michel/Centre national du livre/Fondation du Judaïsme Français, Paris 2023, ISBN 978-2-226-44803-3, S. 779 ff.
  2. Carpentras – röm. Bogen
  3. Carpentras – Beffroi
  4. Carpentras – ehem. Dominikanerkloster
  5. Carpentras – Synagoge
  6. Carpentras – ehem. Kathedrale
  7. Carpentras – Kapelle
  8. L’Armorial des villes et des villages de France. Abgerufen am 10. Mai 2020 (französisch).