Christine Schirrmacher (* 2. Mai 1962 in Lörrach[1]) ist eine deutsche Islamwissenschaftlerin, Autorin, Professorin und Beraterin in Islamfragen.

Leben und Werk

Christine Schirrmacher studierte von 1982 bis 1985 Islamwissenschaft, Geschichte und Neuere Deutsche Literaturwissenschaft in Gießen und von 1985 bis 1988 Islamwissenschaft, Geschichte und Vergleichende Religionswissenschaft in Bonn. Sie schloss das Studium 1988 mit dem Grad eines Magister artium ab. Danach absolvierte sie in Bonn ein Promotionsstudium, wo sie 1991 zur christlich-islamischen Kontroverse im 19. und 20. Jahrhundert und zur Wirkungsgeschichte des sog. Barnabasevangeliums[2] zum Dr. phil. in Islamwissenschaft promoviert wurde.

Bis 1996 unterrichtete sie an der STH Basel.[3]

2012 habilitierte sie sich im Fachbereich Islamwissenschaft der Universität Bonn über das Thema „‚Es ist kein Zwang in der Religion‘ (Sure 2,256). Der Abfall vom Islam im Urteil zeitgenössischer islamischer Theologen. Diskurse zu Apostasie, Religionsfreiheit und Menschenrechten“.

Sie ist Professorin für Islamwissenschaft am Institut für Orient- und Asienwissenschaften der Universität Bonn[4] sowie seit 2005 als Professorin für Islamische Studien an der Evangelisch-Theologischen Fakultät (ETF) in Leuven/Belgien[5]. 2013/2014 hatte sie eine Professur am Institut für Humangeographie (Schwerpunkt Politische Geographie und Konfliktforschung) an der Tübinger Universität inne, 2013 und 2023/24 eine Vertretungsprofessur am Lehrstuhl Islamwissenschaft an der Universität Erfurt.[6] Seit 2007 ist sie fortlaufend als Gastdozentin bei Landes- und Bundesbehörden der Sicherheitspolitik tätig, seit 2001 unterrichtet sie jährlich an der Akademie Auswärtiger Dienst (ehemals: Diplomatenschule) des Auswärtigen Amtes in Berlin und hält Inhouse-Seminare bei Bundesministerien und regierungsnahen Institutionen. Von 2003 bis 2015 war sie apl. Dozentin für Islamkunde an der Freien Theologischen Hochschule (FTH) Gießen.

Sie ist zudem wissenschaftliche Leiterin des Instituts für Islamfragen der Deutschen Evangelischen Allianz in Deutschland, Österreich, Schweiz und bis 2022 Mitglied deren Hauptvorstands[7][8] sowie Sprecherin und Beraterin für Islamfragen der Weltweiten Evangelischen Allianz.

Darüber hinaus ist sie

Der UEM besteht aus zwölf Mitgliedern aus Wissenschaft und Praxis. Er sollte verschiedene Formen von Muslim- und Islamfeindlichkeit untersuchen und veröffentlichte nach einer knapp dreijährigen Tätigkeit Ende Juni 2023 einen Bericht mit Handlungsempfehlungen für Politik, Verwaltung und Gesellschaft.[14]

Gastvorlesungen sowie Studien- und Vortragsreisen führten sie in zahlreiche islamisch geprägte Länder. Schirrmacher ist (Stand 2017) an führenden Dialoginitiativen beteiligt[15] wie Antwortschreiben auf den „Offenen Brief von 138 muslimischen Theologen an die Führer christlicher Kirchen“ (2007) und auf Einladung des „Yale Center for Faith and Culture“ der Yale University auch an der Nachfolgekonferenz „Loving God and Neighbor in Word and Deed: Implications for Muslims and Christians“[16] oder dem „Berlin Forum for Progressive Muslims“ (2011; 2013), einer Fachtagung der Friedrich-Ebert-Stiftung. Zudem war sie mehrfach als Gutachterin für den Ausschuss Menschenrechte und Humanitäre Hilfe des Deutschen Bundestages tätig.[17]

Das von ihr geleitete Institut für Islamfragen kommt (Stand 2007) u. a. zu dem Ergebnis, dass heute kein islamisches Land Christen wirkliche Religionsfreiheit gewährt; siehe dazu auch den Weltverfolgungsindex. Vielmehr würden sie in zahlreichen Staaten sozial diskriminiert und bedrängt. Wer vom Islam zum Christentum konvertiert, werde z. T. sogar mit dem Tode bedroht (vgl. Apostasie im Islam). Auch Europa stehe im Zeitalter von Globalisierung und Migration vor neuen Herausforderungen. Dazu gehöre auch die Bewahrung der Religionsfreiheit als „ein Markenzeichen Europas“ (Tom Königs)[18] im Rahmen der freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Wer diese bekämpft, könne dafür aber keine Religionsfreiheit in Anspruch nehmen.[19]

Privates

Schirrmacher ist seit 1985 mit dem evangelikalen Theologen und Generalsekretär der Weltweiten Evangelischen Allianz Thomas Schirrmacher verheiratet. Sie haben zwei Kinder.[10]

Veröffentlichungen (Auswahl)

Selbständige Publikationen

Aufsätze & Buchbeiträge

Einzelnachweise

  1. Kürschners Deutscher Gelehrten-Kalender Online. Abgerufen am 20. Mai 2016.
  2. Christine Schirrmacher: Wurde das wahre Evangelium Christi gefunden? In: islaminstitut.de. 3. Januar 2004, abgerufen am 14. Oktober 2021.
  3. EZW: Materialdienst EZW. 1. Januar 1997, abgerufen am 10. August 2022.
  4. Prof. Dr. Christine Schirrmacher. In: ioa.uni-bonn.de. Abgerufen am 8. März 2022.
  5. Prof. dr. Christine Schirrmacher. In: ETF.edu. Abgerufen am 14. Oktober 2021 (niederländisch).
  6. Universität Erfurt: Prof. Dr. Christine Schirrmacher. Abgerufen am 30. Mai 2023.
  7. Hauptvorstand der EAD (Memento vom 19. August 2022 im Internet Archive)
  8. Neue Struktur der Evangelischen Allianz in Deutschland, idea.de, Meldung vom 26. September 2022.
  9. Leitung & Beratung. In: gebende-haende.de. Abgerufen am 14. Oktober 2021.
  10. a b Geschäftsführerin von Gebende Hände. In: gebende-haende.de. Abgerufen am 14. Oktober 2021.
  11. Johannes Seiler: Christine Schirrmacher im Deutschen Institut für Menschenrechte. In: uni-bonn.de. 5. Juli 2016, archiviert vom Original am 24. September 2016; abgerufen am 14. Oktober 2021.
  12. Wissenschaftlicher Beirat. In: bdk.de. 12. Oktober 2021, abgerufen am 14. Oktober 2021.
  13. Pressemitteilung: Bundesinnenminister Seehofer beruft Mitglieder für Unabhängigen Expertenkreis Muslimfeindlichkeit. In: bmi.bund.de. 1. September 2020, abgerufen am 15. März 2023.
  14. Expertenkreis Muslimfeindlichkeit kündigt Bericht an. In: FAZ.NET. 7. September 2022, ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 30. Mai 2023]).
  15. Siehe zum Beispiel: Christine Schirrmacher besucht in Singapur islamisches Dialog-Zentrum. In: Bonner Querschnitte. 41/2017, Ausgabe 502, 30. September 2017, abgerufen am 14. Oktober 2021 (wiedergegeben auf bucer.de).
  16. Common Word Conference: Loving God and Neighbor in Word and Deed, July 28–31, 2008. (pdf; 907 kB) In: yale.edu. 31. Juli 2008, archiviert vom Original am 19. April 2009; abgerufen am 14. Oktober 2021.
  17. Christine Schirrmacher: Situation der Christen und anderer religiöser Minderheiten in Nordafrika und im Nahen Osten – Fragenkatalog des Ausschusses für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe des Deutschen Bundestages für die Öffentliche Anhörung am 9. Mai 2012. (pdf; 794 kB) In: islaminstitut.de. 29. Oktober 2012, abgerufen am 14. Oktober 2021.
    Christine Schirrmacher: Religionsfreiheit und Demokratieentwicklung – Schriftliche Beantwortung des Fragenkatalogs des Ausschusses für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe des Deutschen Bundestages für die Öffentliche Anhörung am 2. Dezember 2015. (pdf; 249 kB) In: bundestag.de. 23. November 2015, abgerufen am 14. Oktober 2021.
  18. „Das Markenzeichen Europas ist die Religionsfreiheit“. In: Das Parlament. 12. Juli 2010, abgerufen am 14. Oktober 2021 (Interview mit Tom Königs; wiedergegeben auf bundestag.de).
  19. Christine Schirrmacher, Laura Breiling: Eine vage Hoffnung ist zu wenig. (pdf; 3,7 MB) In: Cicero. 11/2016, abgerufen am 14. Oktober 2021.
  20. Titus Vogt: Islam und Demokratie – Ein Gegensatz? In: Bonner Querschnitte. 264, 29/2013, 7. August 2013, abgerufen am 14. Oktober 2021 (Interview mit Christine Schirrmacher zum Erscheinen ihres gleichnamigen Buches).