Daniil Granin (2012)

Daniil Alexandrowitsch Granin (russisch Даниил Александрович Гранин; * 1. Januar 1919 als Daniil Alexandrowitsch German – russ. Даниил Александрович Герман – im Dorf Wolyn, Gouvernement Kursk, Sowjetrussland; † 4. Juli 2017 in Sankt Petersburg) war ein sowjetischer bzw. russischer Schriftsteller.

Leben und Wirken

Granin (ganz rechts) mit Günter Grass (ganz links), Jurek Becker (2. von links) und ande­ren Schriftstellern bei einer Podiumsdiskussion der „Berliner Begegnung zur Friedensförde­rung“ am 18. Dezember 1981 in Ost-Berlin

Daniil Granin verbrachte seine Kindheit in Sankt Petersburg (seit 1914 Petrograd bzw. seit 1924 Leningrad) und studierte am dortigen Polytechnischen Institut Elektrotechnik. Er wurde Ingenieur, arbeitete ab 1940 in einem Elektrolabor und dann bis 1950 bei den Kirow-Werken. Während des Zweiten Weltkrieges meldete er sich 1941 freiwillig und wurde Panzeroffizier. Zeitweise war er an der Leningrader Front eingesetzt. 1942 trat er in die KPdSU ein. Er war 1954 bis 1969 Sekretär der Leningrader Abteilung des Schriftstellerverbandes der UdSSR.

Granin veröffentlichte 1949 seine erste Erzählung, seinen ersten Roman 1954. Viele seiner Novellen und Romane beschäftigen sich mit der Arbeit von Wissenschaftlern und Technikern und ihrer ethischen Verantwortung, die anderen zumeist mit dem Alltagsleben und dessen Widrigkeiten sowie mit dem Zweiten Weltkrieg und seinen Folgen. Darüber hinaus ist er für seine Reiseerzählungen (zum Beispiel „Garten der Steine“, Сад камней, zum Aufenthalt in Japan) berühmt, bei denen Heinrich Heine als sein Vorbild galt. Mindestens zehn seiner Werke wurden verfilmt oder vom Theater adaptiert. Er arbeitete zudem für die Zeitschriften Newa (ab 1967) und Nowy Mir (ab 1987). Erst der Beginn der Perestroika ermöglichte den biographischen Roman Зубр (Der Genetiker), der das Leben des russischen Genetikers Nikolai Timofejew-Ressowski in Berlin schildert.

Granin war Vorstandsmitglied der Schriftstellerverbände der UdSSR (ab 1954) und der RSFSR (ab 1958) und wurde 1989 Präsident des neugegründeten russischen PEN-Klubs. 1969 stimmte er trotz aller Bedenken für den Ausschluss Alexander Solschenizyns aus dem Schriftstellerverband. „Ich sah, dass ich mich selbst zugrunde gerichtet, aber Solschenizyn nicht geholfen hätte“, sagte er dazu in einem Interview nach dem Fall des Sowjetregimes.[1] „Granin verstand besser als viele Schriftsteller in Russland, wie man unter mächtigen Heuchlern überlebt und produktiv bleibt.“[2]

Daniil Granin starb im Juli 2017 im Alter von 98 Jahren in Sankt Petersburg.[3]

Verhältnis zu Deutschland

Die Bekanntschaft und spätere enge Freundschaft mit Anna Seghers, Konrad Wolf, Ernst Busch, Bruno Apitz und Alex Wedding halfen Granin den Hass auf die Deutschen zu überwinden und über Verständnis zur Freundschaft zu gelangen.

Deutsche Veröffentlichungen im Verlag Volk und Welt betreuten die Lektoren Leonhard Kossuth, Ralf Schröder und Antje Leetz.[4] Übersetzungen waren u. a. durch Erich Ahrndt, Hilde Angarowa, Sigrid Fischer, Charlotte Kossuth, Renate Landa, Marlene Milack, Dieter Pommerenke, Liselotte Remané, Thomas Reschke, Werner Rode und Heinz Stern erfolgt.

Am 27. Januar 2014 hielt Granin im Deutschen Bundestag die Rede anlässlich der Gedenkstunde zum Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus. Helmut Schmidt schrieb über den Roman Mein Leutnant: „Frieden ist ein unschätzbares Gut. Das Buch von Daniil Granin erinnert sehr eindringlich daran.“[5]

Ehrungen

Daniil Granin mit Dmitri Medwedew nach der Verleihung des Andreas-Ordens am 26. Januar 2009.

Daniil Granin wurde mit zahlreichen Preisen geehrt, u. a.:

Werke (Auswahl)

Romane und Erzählungen (Erstausgaben und Übersetzungen ins Deutsche)

Zur Zeitgeschichte

Reiseberichte und Reisebilder

Weitere Anthologien und Beiträge in Anthologien in deutscher Übersetzung

Zu einzelnen Werken

Literatur

Einzelnachweise

  1. Zitiert nach: Tim Neshitov: Dem Gewitter entgegen. Er hat den Opfern der Belagerung Leningrads ein Denkmal aus Worten errichtet. Jetzt ist der russische Autor Daniil Granin gestorben. In: Süddeutsche Zeitung vom 6. Juli 2017, S. 12.
  2. Tim Neshitov: Dem Gewitter entgegen. Er hat den Opfern der Belagerung Leningrads ein Denkmal aus Worten errichtet. Jetzt ist der russische Autor Daniil Granin gestorben. In: Süddeutsche Zeitung vom 6. Juli 2017, S. 12.
  3. Daniil Granin ist tot. In: Der Tagesspiegel, 5. Juli 2017.
  4. Alexander Alexandrow: Gespräch mit Daniil Granin. In: Sowjetliteratur, 10/1984, S. 92 ff.
  5. Die Zeit, 1. April 2015, S. 45.
  6. Verleihung des Staatspreises an Daniil Granin (russisch)
  7. Lutz D. Schmadel: Dictionary of Minor Planet Names. Fifth Revised and Enlarged Edition. Hrsg.: Lutz D. Schmadel. 5. Auflage. Springer Verlag, Berlin, Heidelberg 2003, ISBN 3-540-29925-4, S. 186, doi:10.1007/978-3-540-29925-7_3121 (englisch, 992 S., Originaltitel: Dictionary of Minor Planet Names. Erstausgabe: Springer Verlag, Berlin, Heidelberg 1992): “1979 RZ. Discovered 1979 Sept. 14 by N. S. Chernykh at Nauchnyj.”
  8. a b Kerstin Holm: Blockadebuch. Zum Tod des russischen Autors Daniil Granin. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 6. Juli 2017, S. 14.