In verarbeitetem Eisen (Stahl und Gusseisen) ist stets eine gewisse Menge Kohlenstoff enthalten, dessen Anteil die Eigenschaften des Stahls und des Gusseisens bestimmt. Das Eisen-Kohlenstoff-Diagramm (EKD) ist ein Gleichgewichtsschaubild für das binäre System Eisen-Kohlenstoff, aus dem sich in Abhängigkeit vom Kohlenstoffgehalt und der Temperatur die Phasenzusammensetzung ablesen lässt.

Ist die zeitliche Gefügeentwicklung bei unterschiedlich schneller Abkühlung von Interesse, werden so genannte Zeit-Temperatur-Umwandlungsschaubilder verwendet.

Der Kohlenstoff ist der wichtigste Legierungsbestandteil des Stahls, da bereits kleinste Veränderungen des Kohlenstoffgehalts große Auswirkungen auf die Eigenschaften des Werkstoffs haben. Die Aussagefähigkeit des Eisen-Kohlenstoff-Diagramms wird jedoch geringer, je schneller abgekühlt oder erwärmt wird oder je größer der Gehalt an anderen Legierungselementen ist. Das EKD wird in zwei Formen dargestellt: dem metastabilen System (Fe-Fe3C), in dem der Kohlenstoff in gebundener Form vorkommt, und dem stabilen System (Fe-C) mit elementarem Kohlenstoff in Form von Graphit. Die beiden Systeme werden meist in einem Diagramm abgebildet und entsprechend gekennzeichnet. In der Praxis wird aber hauptsächlich das metastabile Fe-Fe3C-System verwendet.

Darstellung der Phasen

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Eisen-Kohlenstoff-Diagramm (schwarz: metastabil, rot:stabil) mit Gefügebeschreibung

Auf der x-Achse werden die Massenprozente des Kohlenstoffs aufgetragen, auf der y-Achse die Temperatur. Das Diagramm stellt nur den technisch interessanten Kohlenstoffgehalt von 0 bis 6,67 %[1] dar. Letzteres entspricht einem Zementitgehalt von 100 %.

Die Linien stellen die zu anderen Temperaturen verschobenen Haltepunkte bzw. Knickpunkte dar und grenzen die einzelnen Phasenfelder voneinander ab. Die signifikanten Punkte werden mit Buchstaben gekennzeichnet. In einigen Darstellungen wird der Punkt I als Punkt J bezeichnet.

Der Linienzug ABCD stellt die Liquiduslinie dar, oberhalb dieser ist die Legierung flüssig, der Linienzug AHJECF entspricht der Soliduslinie, unterhalb der die Legierung komplett erstarrt ist. In dem Temperaturintervall zwischen der Liquidus- und Solidustemperatur hat die Legierung eine breiige Konsistenz und besteht aus Restschmelze, δ-Eisen, γ-Eisen und Zementit (Fe3C) in wechselnden Konzentrationen und Mengenverhältnissen. Wird bei der Abkühlung der Legierung die Liquiduslinie unterschritten, so beginnt die Primärkristallisation aus der Schmelze.

Aufgrund der verschiedenen allotropen Modifikationen des Eisens bilden sich je nach Kohlenstoffgehalt verschiedene Phasen. Das Eisen bildet verschiedene Einlagerungsmischkristalle (δ-, γ- und α-Mischkristalle) mit verschiedenen Löslichkeiten für Kohlenstoff. Die Gründe für das unterschiedliche Lösungsvermögen der einzelnen Mischkristalle sind die verschiedenen Raumgitter und Gitterkonstanten. Die metallografischen Bezeichnungen der Mischkristalle lauten δ-Ferrit für δ-Mischkristalle, Austenit für γ-Mischkristalle und Ferrit für α-Mischkristalle.

Grobe Unterteilung

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Bei Perlit und Ledeburit handelt es sich nicht um Phasen, sondern um besondere Phasengemische (Gefüge). Diese entstehen nur im stabilen oder metastabilen System, also bei langsamer Abkühlung. Andererseits entsteht bei schneller Abkühlung (z. B. Abschrecken in Wasser) aus Austenit Martensit. Martensit ist ein hartes und sprödes Gefüge. Im metastabilen System gibt es folgende charakteristische Punkte, Linien und Phänomene:[2]

Metallografische Bezeichnung

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Die metallografischen Bezeichnungen der Mischkristalle lauten δ-Ferrit für δ-Mischkristalle, Austenit für γ-Mischkristalle und Ferrit für α-Mischkristalle.

Bezeichnung Max. C-Gehalt Metallografische Bezeichnung
δ-Mischkristall 0,10 % bei 1493 °C δ-Ferrit
γ-Mischkristall 2,06 % bei 1147 °C Austenit
α-Mischkristall 0,02 % bei 723 °C Ferrit

Die Eisen-Kohlenstoff-Verbindung Fe3C oder auch Zementit ist ebenfalls eine Phase, diese ist aber nicht mit Eisenmischkristallen zu verwechseln, es handelt sich hierbei um eine intermetallische/intermediäre Phase. Zementit kommt in drei unterschiedlichen Formen vor, wobei die chemische Zusammensetzung des Zementits immer die gleiche ist:

Bezeichnung Entstehung
Primärzementit primäre Kristallisation aus der Schmelze (Linie CD)
Sekundärzementit Ausscheidung aus dem Austenit (Linie ES)
Tertiärzementit Ausscheidung aus dem Ferrit (Linie PQ)

Neben den reinen Phasen treten auch Phasengemische auf:

Bezeichnung Besteht aus Existenzbereich
Perlit 88 % Ferrit und 12 % Zementit 0,02 % bis 6,67 % bei T≤723 °C
Ledeburit I 51,4 % Austenit und 48,6 % Zementit 2,06 % bis 6,67 % bei 723 °C≤T≤1147 °C
Ledeburit II 51,4 % Perlit und 48,6 % Zementit 2,06 % bis 6,67 % bei T≤723 °C

Isotherme Reaktionen

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Das Eisen-Kohlenstoff-Diagramm zeigt drei isotherme Reaktionen, eine peritektische (Linie HJB), eine eutektische (Linie ECF) und eine eutektoide (Linie PSK). Punkt H: Maximale C-Löslichkeit im δ-Ferrit. Punkt J: Peritektikum δ+S → γ.

Bei der Erwärmung oder Abkühlung des Stahls entstehen an einigen Linien Haltepunkte, die die einzelnen Umwandlungen kennzeichnen. Die wichtigsten sind:

Die Linie E-C-F wird eutektische Linie oder auch Eutektikale genannt, da hier das Eutektikum entsteht. Hat die Schmelze die eutektische Konzentration von 4,3 % C, wandelt sie sich isotherm bei 1147 °C (Punkt C) in ein Mischgefüge aus Austenit und Zementit um, den sogenannten Ledeburit.

Die Linie H-J-B wird peritektische Linie oder Peritektikale genannt, hier setzen sich die δ-Mischkristalle mit 0,09 % C und Restschmelze mit 0,53 % C isotherm bei 1493 °C zu γ-Mischkristallen mit 0,17 % C (Punkt J).

Anwendung

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Mit Hilfe des Eisen-Kohlenstoff-Diagramms lassen sich beispielsweise einige Fragen zum unterschiedlichen Verhalten von Stahl (schmiedbare Eisenlegierung, meistens mit <2,06 % C) und Gusseisen (nicht schmiedbare Eisenlegierung, meist mit >2,06 % C) erklären:

Die grafische Darstellung dieser Eigenschaften in Abhängigkeit vom Kohlenstoffgehalt macht das Eisen-Kohlenstoff-Diagramm zu einem wichtigen Werkzeug zur Beurteilung und zum Verständnis der verschiedenen Eisenlegierungen, die eine der am häufigsten verwendeten Werkstoffgruppen bilden.

Literatur

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Einzelnachweise

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  1. a b Christoph Broeckmann: Werkstoffkunde 1. Aachen 2015, S. 277 ff.
  2. Dr. Volker Läpple: Wärmebehandlung des Stahls Grundlagen, Verfahren und Werkstoffe. 8. Auflage. Europa-Lehrmittel Nourney, Vollmer, Haan 2003, ISBN 3-8085-1308-X.