Erik Neutsch (1981)
Das Grab von Erik Neutsch und seiner Ehefrau Helga geborene Franke auf dem Friedhof Lettin in Halle

Erik Neutsch (* 21. Juni 1931 in Schönebeck, Kreis Calbe a./S., preußische Provinz Sachsen; † 20. August 2013 in Halle (Saale), Sachsen-Anhalt) war ein deutscher Schriftsteller.

Leben

Erik Neutsch stammte aus einer Arbeiterfamilie. Nach dem Besuch der Oberschule und bestandenem Abitur trat er 1949 der SED und der FDJ bei. Von 1950 bis 1953 studierte er Gesellschaftswissenschaften und Journalistik an der Universität Leipzig. Dieses Studium beendete er erfolgreich als Diplom-Journalist. Anschließend arbeitete er bis 1960 in der Kultur- und Wirtschaftsredaktion der Zeitung Die Freiheit in Halle/Saale.

Seit 1960 war Neutsch als Schriftsteller und Journalist tätig. Ab 1963 war er Mitglied der SED-Bezirksleitung Halle/Saale. 1970/71 leistete er ein freiwilliges Jahr in der Nationalen Volksarmee.

Er war Verfasser von Romanen, Erzählungen, Kinderbüchern, Essays, Gedichten und Drehbüchern. Seine letztlich stets parteitreuen Bücher setzen sich mit gesellschaftlichen Problemen des real existierenden Sozialismus in der DDR auseinander. Seinen größten Erfolg erzielte Neutsch mit dem Roman Spur der Steine, der die Entwicklung eines Arbeiters auf einer Großbaustelle vom Nonkonformisten zum angepassten Mitglied der sozialistischen Gesellschaft zum Thema hat. Das Buch war mit einer Auflage von über 500.000 Exemplaren eines der erfolgreichsten Bücher der DDR-Literatur; die Verfilmung durch Frank Beyer wurde 1966 jedoch drei Tage nach der Uraufführung vom Spielplan abgesetzt und erst 1989 nach dem Fall der Mauer wieder aufgeführt. Seit den 1970er Jahren arbeitete Neutsch an seinem erklärten Hauptwerk, dem Romanzyklus Der Friede im Osten, in dem die Geschichte der DDR in epischer Breite geschildert wird; von den geplanten sechs Büchern sind fünf erschienen, wobei das fünfte Buch sechs Monate nach seinem Tod veröffentlicht wurde. Über die Beendigung des fünften Buches gibt es verschiedene Aussagen (in Erik Neutsch – Der Wahrheit ein Stück näher von Marita Neutsch). Den bis 1990 konzipierten sechsten Band Jahre der ruhigen Sonne konnte Neutsch nicht mehr verfassen.

Sein Drama „Haut oder Hemd“ wurde 1971 in Halle uraufgeführt. Es ist ein Theaterstück in vier Akten. Die Druckausgabe erschien erstmals 1972 im Mitteldeutschen Verlag Halle (Saale).[1] Das Stück handelt von der Zukunft der ostdeutschen Braunkohlenstadt Brücktal im Zeitalter der Energiewende. Die „Produktivkraft Wissenschaft“, vertreten durch den die verschiedenen ökonomischen Varianten der Zukunft vorausberechnenden Informatiker Dr. Berg, den Chemiker und Plasteforscher Professor Uhlenhorst und den Ingenieur Baum, Fachmann der Kältetechnik, wehrt sich in einer Arbeitsgruppe gegen Kolbasser, Direktor eines Braunkohlekombinates. Ihm sind der Tagesaufgaben und die Zukunft der Arbeiter wichtig. Seine Braunkohlebagger machen vor der Stadt nicht Halt. Aber auch die kühn in die Zukunft blickenden Wissenschaftler vertreten nur die Belange ihres Forschungsgebietes. Zu Recht erinnert der Wirtschaftssekretär der SED-Kreisleitung daran, dass es bei allen Plänen nur um die Menschen geht. Dabei sind die Arbeitnehmer besorgt und beunruhigt angesichts einer sehr ungewissen Zukunft und einer stillgelegten Mine. Dazu schreibt ein Kritiker: „Das Abwägen von revolutionärem Wagemut und Geduld; der Konflikt zwischen der Explosivität neuer Gedanken und ihrer instinktiven Abwehr aus der Gewohnheit der Jahre gewachsen, tapfer erstrittener Erfahrungen; der Widerspruch zwischen dem Spiel mit der Zukunft und den harten Forderungen der Gegenwart – das sind die dialektischen Spannungsfelder, in denen es um mehr als die sicherlich erregende Frage der richtigen Energiebasis – Kohle, Erdöl, Atomkraft – für ein neues Industriegebiet geht.“[2]

Erik Neutsch war seit 1960 Mitglied des Schriftstellerverbandes der DDR; von 1963 bis 1965 war er Vorsitzender des Bezirksverbandes Halle dieser Organisation. Seit 1974 gehörte er als ordentliches Mitglied der Akademie der Künste der DDR an; seit 1990 war er Mitglied des Verbandes deutscher Schriftsteller.

In dem mehrteiligen Fernsehfilm Columbus 64 von Ulrich Thein aus dem Jahr 1966 spielt er sich selbst.

Neutsch war zweimal verheiratet und lebte zuletzt in Halle-Dölau. Aus seiner ersten Ehe (1. April 1953 bis 21. Oktober 1996) mit Helga Neutsch, geb. Franke († 21. Oktober 1996), hat er zwei Töchter: Marita Neutsch, geb. 1954 (Autorin von Auf der Spur meiner Träume, GNN-Verlag 1998, ISBN 3-932725-52-2, und Erik Neutsch – Der Wahrheit ein Stück näher, Primär-Verlag 2018, ISBN 978-3-9819596-0-4), und Corinna Schmidt geb. Neutsch, geb. 1962, Autorin von Lea wünscht sich einen Hund (Kinderbuch, 2017) und Juliane Dorn (gesellschaftskritische Erzählung um eine Krankenschwester, 2019).[3][4][5]

An seinem Geburtshaus in Schönebeck in der Blumenstraße 50 wurde eine Gedenktafel angebracht.[6] Im Schloss Blankenburg wurde die Bibliothek von Erik Neutsch nahezu so wieder ausgestellt, wie sie ursprünglich im Haus des Schriftstellers war.[7]

Im August 2021 wurde in Berlin der Literaturpreis für Prosa und Lyrik der Erik-Neutsch-Stiftung verliehen. Er ist gedacht für junge Autoren bis 35 Jahre.[8]

Darstellung Neutschs in der bildenden Kunst

Werke

Schauspiel

Libretto

Verfilmungen und Drehbücher

Auszeichnungen

Erik Neutsch (links) erhält 1974 von Herbert Warnke den Kunstpreis des FDGB

Literatur

Einzelnachweise

  1. Erik Neutsch: Haut oder Hemd. Mitteldeutscher Verlag, Halle 1972.
  2. M. Frede: Schöpferkraft des Menschen. In. Liberal-Demokratische Zeitung, Halle vom 21. 01.1971
  3. Dresdner Neueste Nachrichten, 2. Januar 2013
  4. newsticker.sueddeutsche.de (Memento vom 23. August 2013 im Internet Archive)
  5. lvz-online.de, abgerufen am 2. Dezember 2015 (Memento des Originals vom 12. Juli 2021 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.lvz.de
  6. „Umstrittenes Gedenken“, in: Volksstimme vom 3. Juli 2020, abgerufen am 12. November 2020
  7. Eröffnung der Erik Neutsch Bibliothek. Stand: 10. Juni 2019. Abgerufen am 21. November 2020.
  8. Fahrrad und Geschirr Realismus heute: In Berlin wurden die Erik-Neutsch-Preise vergeben
  9. Porträt Erik Neutsch, Schriftsteller | Willi Sitte | Bildindex der Kunst & Architektur - Bildindex der Kunst & Architektur - Startseite Bildindex. Abgerufen am 9. Juli 2022.