Ethelbert Stauffer (* 8. Mai 1902 in Friedelsheim/Pfalz; † 1. August 1979 in Erlangen) war ein evangelischer Theologe.

Leben

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Stauffer wurde als Sohn eines mennonitischen Predigers geboren und verbrachte seine Jugend in Worms. Nach dem Besuch des dortigen humanistischen Gymnasiums studierte er von 1921 bis 1925 Evangelische Theologie an den Universitäten Halle, Berlin und Tübingen. Zunächst trat er in den Dienst der Mennonitengemeinde zu Hamburg und Altona. 1927 oder 1928 konvertierte er zur evangelisch-lutherischen Kirche und wurde 1928 Hilfsprediger der provinzial-sächsischen Kirche. Der Neutestamentler Ernst von Dobschütz machte ihn zum Fakultätsassistenten in Halle, wo er 1929 promoviert wurde. Seit 1930 war er hier als Privatdozent tätig.

Stauffer publizierte 1933 die Abhandlung Unser Glaube und unsere Geschichte (Zur Begegnung zwischen Kreuz und Hakenkreuz).[1] Im Folgejahr wurde er mit 32 Jahren Professor für Neues Testament an der Universität Bonn und leitete das Bonner Institut für Antike Religionsgeschichte. Am 1. Januar 1936 gehörte er zu den Unterzeichnern eines Aufrufs in der Zeitschrift Junge Kirche, in dem er sich „für die nationalsozialistische Volkwerdung auf der Grundlage von Blut und Boden“ einsetzen wollte.[2] Nach eigenen Angaben bedauerte er schon kurze Zeit später diesen Schritt[3]. Die von Ernst Klee angegebene Mitgliedschaft bei den Deutschen Christen bestritt Stauffer.

Sein Vortrag über „Augustus und Kleopatra“ am 21. Januar 1943 führte wegen deutlicher antifaschistischer Spitzen zu seiner Suspension als Prodekan. Anschließend erhielt er Redeverbot.[1]

Nach Kriegsende wurde Stauffer zum Dekan der Evangelisch-Theologischen Fakultät gewählt, da er als einziger Professor der Fakultät nicht der NSDAP angehört hatte.[1] Er stellte die Bonner Fakultät wieder her, trat jedoch in der ersten Sitzung der Fakultät am 5. Juni 1946 als Dekan zurück und unterrichtete den Rektor am nächsten Tag davon. Die Hintergründe für diesen schnellen Rücktritt sind nicht mehr ganz zu klären. Aus den Fakultätsakten ist jedoch zu entnehmen, dass der Vorwurf nicht korrekter Haltung während der Zeit des Nationalsozialismus im Raum stand. Eine Nachprüfung seiner Schriften endete jedoch mit seiner Rehabilitierung. So wurde der Lehrauftrag auf Antrag Stauffers Ende 1945 auf die Altchristliche Kirchen- und Zeitgeschichte ausgedehnt. Gleichwohl teilte Stauffer am 8. Dezember 1947 dem Rektor mit, dass er 1948 dem Ruf nach Erlangen auf ein neu begründetes Ordinariat für Neutestamentliche Wissenschaft folgen werde. Noch 1957 bekannte er sich zum antisemitischen Gedankengut der Deutschen Christen, indem er behauptete: „Die wichtigste Aufgabe der Jesusforschung ist klar: Entjudung der Jesusüberlieferung“.[2]

Stauffer wurde 1967 emeritiert.

Ethelbert Stauffer hatte zwei Töchter und zwei Söhne. Sein drittes Kind folgte ihm in seiner theologischen Laufbahn. Sein Sohn Dietrich war Professor für Theoretische Physik an der Universität Köln.

Lehre

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Stauffer lieferte zahlreiche Beiträge zum Problem des historischen Jesus. Er zeichnete sich durch breite historische, numismatische und religionsgeschichtliche Kenntnisse aus.

Er erforschte die Beziehung zwischen den römischen Quellen und dem frühen Christentum. Er zeigte, dass die Osterliturgie nicht dem Evangelium folgt, sondern dem Begräbnisritual Julius Caesars[4] und dass die Clementia Caesaris der vorchristliche Vorläufer der Vergebung Christi war. Stauffer war ein Vertreter der Allerlösung, der glaubte, dass letztlich alle Menschen gerettet würden.

Er lehrte auch, dass die göttliche Strafe nach dem Tod real sei, aber sie sei nicht willkürlich oder rachsüchtig, sondern diene der Besserung und sei von begrenzter Dauer, im Wesentlichen entspreche sie also dem Fegefeuer.[5]

1933 stellte Stauffer seine These über die Rolle des Martyriums in der christlichen Theologie dar (insbesondere in der Theologie der Täufer). Laut Stauffer entstand in der Zeit des nachkanonischen Judentums (seit etwa 175 v. Chr.) eine neue Sicht, die die damals blühende apokryphe Literatur beeinflusste: die Idee, dass Leiden und Martyrium für den Glauben der eigentliche Sinn der Geschichte seien, und zwar aus einem doppelten Grund: (1) Sie stellten eine kausale Notwendigkeit in dem großen Kampf zwischen dem Göttlichen und dem satanischen Prinzip dar. Der große Widersacher erlaube keine reine Erkenntnis von Gottes Plan, zumindest nicht in der bestehenden Weltperiode. (2) Außerdem diene ein solches Leiden einem hohen Ziel: Es leite den neuen Äon ein. Der Tod werde Sieg, das Martyrium sei ein Sühneopfer, und Satan werde nur durch solches widerstandsloses Leiden überwunden. Das sei die Lehre von Daniel 3 (die drei Männer im Feuerofen) und des zweiten und dritten Buchs der Makkabäer (z. B. in der Geschichte der Mutter und ihrer sieben Söhne). Die apokalyptische vorchristliche Literatur biete also eine doppelte Rechtfertigung des Martyriums: Kausal sei es unausweichlich und teleologisch sei es absolut sinnvoll. Das Neue Testament setze diesen apokalyptischen Trend noch weiter fort: Das Kreuz sei das Zentrum des Heils, aber auch die Rechtfertigung allen Martyriums um des Gewissens willen. Die Idee der Nachfolge oder Jüngerschaft wäre fast ohne Bedeutung, wenn sie nicht mit irdischem Leiden verbunden wäre. Der Konflikt der Gläubigen mit der „Welt“ sei das sicherste Indiz dafür, dass der Schüler dem Meister treu sei, er sei Zeugnis für eine andere Wirklichkeit und Vorbereitung auf das Kommen des Reiches. Zwei bildliche Ausdrücke seien bald allgemein anerkannt worden: Der Schüler müsse ein „Soldat“ (oder „Ritter“) Christi sein, der „den guten Kampf“ bis zum bitteren Ende kämpfe. Außerdem werde die Taufe als Tod betrachtet, so wie der Tod eine Art der Bluttaufe darstelle.

Werke

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. a b c Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. 2. aktualisierte Auflage. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 2005, ISBN 3-596-16048-0, S. 598.
  2. a b Zitat bei Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Fischer Taschenbuch, 2005, S. 598.
  3. Offener Brief von Erlangen nach Erlangen (1960), S. 295.
  4. Vgl. auch Wilhelm Kierdorf: Laudatio Funebris, Meisenheim am Glan 1980, S. 153, Anm. 14.
  5. New Universalism: Its Components, Tenets, and Threats to Missions. strategicnetwork.org, archiviert vom Original am 19. Mai 2011; abgerufen am 1. April 2019 (englisch).
Personendaten
NAME Stauffer, Ethelbert
KURZBESCHREIBUNG deutscher protestantischer Theologe
GEBURTSDATUM 8. Mai 1902
GEBURTSORT Friedelsheim
STERBEDATUM 1. August 1979
STERBEORT Erlangen