Evald Aav. Aufnahme von 1924.

Evald Aav (auch: Ewald Aaw; * 22. Februarjul. / 6. März 1900greg. in Tallinn, Gouvernement Estland; † 21. März 1939 ebenda) war ein estnischer Sänger, Komponist und Chorleiter.

Leben

Evald Aav, vor 1930

Evald Aavs Vater war Mikhel Aav (1861–1933). Seine Mutter Vanaema Aav (1866–1909) starb, als Evald 9 Jahre alt war. Er hatte eine Schwester, Frida Annette Julie (1887–1968).[1] Sie heiratete Jaagup Rukki (1885–1965).[2] Um seine Familie zu unterstützen musste Aav schon früh arbeiten, und zwar in einem Büro im Hafen, in dem auch sein Schwager Jaguup tätig war.[3] Zu dieser Zeit absolvierte er nebenbei die Abendschule.[4]

Bei Helmi Vitol-Mohrfeld hatte er privaten Klavierunterricht. Dazu lernte er Musiktheorie wie Harmonielehre bei Anton Kasemets (1890–1978). 1916 bis 1926 sang er als Tenor im Chor der Estnischen Nationaloper.[4][5][6] In dieser Zeit hatte er Gelegenheit große Opern kennenzulernen, ihre Partituren zu studieren und ihre Probleme und Schwächen bei Aufführungen zu analysieren. Aav graduierte 1926 am Konservatorium in Tallinn, wo er Kompositionsschüler von Artur Kapp gewesen war.[4][5][7] Zwischen 1924 und 1927 leitete er den Chor und das Orchester der Militärschule in Tallinn.[8] 1925 wurde ein Kompositionswettbewerb veranstaltet, um neue Chorliteratur für das IX. Liederfest 1928 zu erhalten. Hier nahm Aav mit der Komposition Laulik [„Liederbuch“] teil. Das Stück wurde prämiert; im Abschlusskonzert des IX. Liederfestes, das am 2. Juli 1928 stattfand und im Rundfunk übertragen wurde, wurde es beim Finale von allen Chören aufgeführt.[9][10]

Von 1929 bis 1936 leitete er in Tallinn den gemischten Chor der nationalen Jugend-Vereinigung und von 1934 bis 1939 die von ihm gegründeten Estonian Singers. Bis zu seinem Tod 1939 leitete er verschiedene weitere Chöre.[4][5][7] Er arbeitete bei der Autorikaitse Ühingus, der Autorengesellschaft, die sich mit dem musikalischen Urheberrecht beschäftigte.[4][5] Von 1930 bis 1939 war er Redakteur der Musikzeitung Muusikaleht [„Notenblatt“].[4][5] Beim XI. Estnischen Liederfest vom 23. bis 25. Juni 1938 war er musikalischer Leiter.[7][11] Viele seiner Kompositionen wurden auf diesem und anderen Liederfesten aufgeführt.

Von 1926 bis 1937 war Aav mit der Sopranistin Ida Loo (* 19. Juni 1901, Narva, Estland; † 29. Juni 1997 in Göteborg) verheiratet.[5] Sie war die Schwester des Librettisten Voldemar Loo. 1938 heiratete sie Johannes Talvari und ist seither unter dem Namen Ida Loo-Talvari bekannt. Aav verstarb am 21. März 1939 in einem Krankenhaus in Tallinn an Typhus. Da er die Symptome zunächst einer einfachen Erkältung zugeordnet hatte, zumal er in den Vorbereitungen der Uraufführung seiner Sinfonie in d-moll steckte, war die Krankheit schon zu stark fortgeschritten. Die Uraufführung konnte er noch im Rundfunk mitverfolgen.[12][6]

Werke (Auswahl)

Aavs Werke, meist national-romantische Gesangsstücke, sind charakterisiert durch reichhaltige Melodien. Seine einzige, dennoch erfolgreiche Oper Vikerlased („Die Wikinger“), ein historisch-romantisches Bühnenwerk in 3 Akten (auch 5 Bilder mit Epilog), stellt die Beziehung zwischen den Esten und den Schweden dar.[4]

Musik für Sinfonieorchester

Musik für Blasorchester

Schauspielmusiken

Musik für Violine und Klavier

Kammermusik

Klavierwerke

Chorwerke

Für gemischten Chor und Orchester

Weitere Chorwerke

Er schrieb über 50 weitere Chorwerke für Männerchor, Frauenchor und gemischten Chor; mit Klavierbegleitung und a cappella. Einige wurden bei den Liederfesten aufgeführt und einige gewannen Preise bei Kompositionswettbewerben.

Daneben schuf er weitere Werke instrumentaler und vokaler Kammermusik.

Vokalwerke

Gedenken

Trauerfeierlichkeiten und Grab

Aav starb am 21. März 1939. Am 24. März um 17.00 Uhr wurde ein Requiem in der Johanniskirche abgehalten. An der Konzerthalle des Nationaltheaters wurde er aufgebahrt[17] und am 25. März 1939 mit einem großen Trauerzug zum Waldfriedhof geleitet und dort bestattet.[12][18][19][20][21][22] Auf dem Grabstein stand „Helilooja Evald Aav“ [Komponist Evald Aav 1900–1939] auf Estnisch.[23] Evald Aavs Grab auf dem Waldfriedhof in Tallinn wurde am 20. September 1995 vom estnischen Kultur- und Bildungsministerium als Kulturdenkmal eingetragen. Die Eintragung wurde am 13. April 2018 erneuert.[24]

Nachrufe

In verschiedenen estnischen Tageszeitungen erschienen Nachrufe.[12][6] Er wird als prominentester Komponist der jüngeren Generation in Estland und als herausragender Chorleiter bezeichnet. Seine Oper Vikerlased sei die erste estnische Oper und die Uraufführung wäre ein großes Ereignis im estnischen Musikleben gewesen. Sein Tod wird als großer Verlust für das estnische Musikleben gesehen. Er habe nur eine kurze Zeit gehabt, aber sein Werk sei wertvoll gewesen. Aavs Musik sei gekennzeichnet durch seine estnische Herkunft, Einfachheit und Klarheit mit einer nördlichen Frische und Intensität. Es wurde erwähnt, dass er an einer zweiten Oper gearbeitet habe.[6] Der estnische Dichter Enn Uibo veröffentlichte unmittelbar nach Aavs Tod das Gedicht Evald Aava mälestuseks [„Erinnerung an Evald Aav“].[12]

Büste

Der estnische Künstler Hermann Halliste schuf eine Büste von Evald Aav.[25]

Gedenktafel

An dem Haus in der C.R.Jakobson-Straße in Tallinn, in dem Aav von 1933 bis 1939 wohnte, wurde am 22. Februar 1965 eine Gedenktafel angebracht. Die Inschrift lautet in estnisch und russischer Sprache „In diesem Haus lebte in den Jahren 1933–1939 der Komponist Evald Aav“. Anwesend bei der Zeremonie waren u. a. die Komponisten Riho Päts, Eugen Kapp und Boris Körver, sowie seine Schwester Frida Rukki und ihr Mann Jaagup.[2][26][27][28]

Evald Aav Stipendium

1943 begründete Frida Rukki am Konservatorium in Tallinn das Evald Aav Stipendium. Erster Stipendiat war Heimar Ilves.[4]

Literatur

Einspielungen

Bilddokumente

ra.eeAus der digitalen Fotodatenbank des estnischen Nationalarchivs: (englisch)

Ton- und Filmdokumente

Aus dem Digitalarchiv Der Nationalbibliothek Estlands DIGAR:

Aus dem Archiv des estnischen Rundfunks ERR:

Digitalisate

  1. Duett aus Vikerlased als Digitalisat im Digitalarchiv der Nationalbibliothek Estlands DIGAR
  2. Hommik (Memento des Originals vom 11. Februar 2017 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.digar.eeals Digitalisat im Digitalarchiv der Nationalbibliothek Estlands DIGAR
  3. Orja kaebelaul als Digitalisat im Digitalarchiv der Nationalbibliothek Estlands DIGAR

Einzelnachweise

  1. Fotode Infosüsteem. In: ra.ee. Abgerufen am 6. Februar 2017 (estnisch).
  2. a b Fotode Infosüsteem. In: ra.ee. Abgerufen am 6. Februar 2017 (estnisch).
  3. Fotode Infosüsteem. In: ra.ee. Abgerufen am 7. Februar 2017 (estnisch).
  4. a b c d e f g h i j Aav, Evald. In: emic.ee. Estonian Music Information Centre, abgerufen am 5. Februar 2017 (englisch).
  5. a b c d e f Aav, Evald – Eesti Entsüklopeedia. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 4. Februar 2017; abgerufen am 5. Februar 2017.
  6. a b c d Ewald Aaw gestorben. In: Postimees. Nr. 81, 23. März 1939, S. 6 (Ewe, digar.ee).
  7. a b c d e Аав Эвальд. Abgerufen am 5. Februar 2017.
  8. Fotode Infosüsteem. Abgerufen am 6. Februar 2017.
  9. Need kelle laule laudakse. In: Päewaleht. Nr. 175. Tallinn 1. Juli 1928, S. 5 (estnisch, digar.ee).
  10. Raadio. In: Kaja. 1. Auflage. Nr. 151. Tallinn 2. Juli 1928, S. 7 (estnisch, digar.ee).
  11. Fotode Infosüsteem. Abgerufen am 6. Februar 2017.
  12. a b c d Enn Uibo: Komponist Evald Aav gestorben. In: Päewaleht. Nr. 81. Tallinn 22. März 1939, S. 5 (Ewe, digar.ee).
  13. Evald Aav: Kaks eesti tantsu: klaverile = Zwei estnische Tanze: für Klavier. E. Aav, Eesti 1936 (ester.ee [abgerufen am 5. Januar 2022]).
  14. Evald Aav: Ballade: für Klavier. E. Aav, Eesti 1936 (estnisch, ester.ee [abgerufen am 15. Juni 2019]).
  15. Evald Aav, Anna Haava: Me oleme põhjamaa lapsed: laul meeskoorile. Tallinn 1939 (estnisch, ester.ee [abgerufen am 15. Juni 2019]).
  16. Ainus palve. In: Eesti rahvusbibliograafia. Eesti Rahvusraamatukogu, abgerufen am 24. Juli 2019 (estnisch).
  17. Fotode Infosüsteem. Abgerufen am 6. Februar 2017.
  18. Fotode Infosüsteem. Abgerufen am 6. Februar 2017.
  19. Fotode Infosüsteem. Abgerufen am 6. Februar 2017.
  20. Fotode Infosüsteem. Abgerufen am 6. Februar 2017.
  21. Fotode Infosüsteem. Abgerufen am 6. Februar 2017.
  22. Fotode Infosüsteem. Ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 6. Februar 2017.@1@2Vorlage:Toter Link/www.ra.ee (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)
  23. Fotode Infosüsteem. Abgerufen am 6. Februar 2017.
  24. 1121 Evald Aava (1900–1939) haud • Mälestised. In: register.muinas.ee. Muinsuskaitseamet register, 13. April 2018, abgerufen am 2. Juni 2020 (estnisch).
  25. Fotode Infosüsteem. Abgerufen am 6. Februar 2017.
  26. Fotode Infosüsteem. Abgerufen am 6. Februar 2017.
  27. Fotode Infosüsteem. Abgerufen am 6. Februar 2017.
  28. Fotode Infosüsteem. Abgerufen am 6. Februar 2017.
  29. Madis Reinsoo, Ants Üleoja: Evald Aav heliloojana ja koorijuhina: diplomitöö. Tallinn 1977 (ester.ee [abgerufen am 6. Januar 2022]).
  30. Helga Aumere: Evald Aav ja tema ooper "Vikerlased": diplomitöö. Tallinn 1955 (ester.ee [abgerufen am 6. Januar 2022]).
  31. Eesti lipp. In: Eesti lipp [Helisalvestis] / E. Wõrk. Oh laula ja hõiska / K. A. Hermann ; [esitab] "ÜENÜTO" laulukoor E. Aav'a juhatusel. 1930, abgerufen am 6. Januar 2022 (estnisch).