Folker Reichert im August 2003 in Angkor

Folker Reichert (* 4. Juni 1949 in Fürth) ist ein deutscher Historiker. Er war von 1994 bis 2012 Inhaber des Lehrstuhls für Mittlere Geschichte an der Universität Stuttgart.

Leben und Wirken

Folker Reichert studierte an den Universitäten Würzburg und Heidelberg die Fächer Geschichte, Germanistik und Latein und schloss 1975 mit dem Staatsexamen ab. Er wurde 1982 in Heidelberg mit einer von Hermann Jakobs betreuten Arbeit über die Vorgeschichte des spätmittelalterlichen Ständestaates im Herzogtum Österreich promoviert. Anschließend war er von 1982 bis 1983 Lektor des Deutschen Akademischen Austauschdienstes am Fremdspracheninstitut Shanghai (heute Fremdsprachenuniversität Shanghai), wo er 1997 eine Gastprofessur wahrnahm. Er habilitierte sich 1990 in Heidelberg mit einer von Jakobs betreuten Arbeit über die Entdeckung Ostasiens im Mittelalter. Der Historikerverband zeichnete ihn 1992 mit einem Preis für herausragende Arbeiten des wissenschaftlichen Nachwuchses aus. Nach Lehrstuhlvertretungen an den Universitäten Dresden, Köln und Bonn wurde Reichert 1994 Lehrstuhlinhaber für mittlere Geschichte an der Universität Stuttgart. Seit Oktober 2012 ist Reichert im Ruhestand. 2006 war er Gastprofessor an der Tongji-Universität (chin. 同济大学, Tóngjì Dàxué) in Shanghai (VR China), 2008/9 Visiting Professor an der Staatlichen Universität Yokohama (jap. 横浜国立大学, Yokohama kokuritsu daigaku, kurz: Yokokoku) in Yokohama (Japan), 2009 Gastprofessor an der Chulalongkorn-Universität (Thai: จุฬาลงกรณ์มหาวิทยาลัย) in Bangkok (Thailand). Er ist ordentliches Mitglied der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg.

Die Hauptforschungsgebiete von Folker Reichert sind die spätmittelalterliche Verfassungsgeschichte, Asien und Europa im Mittelalter, Entdeckungsgeschichte, Geschichte des Reisens und der Entdeckungen, Fremdwahrnehmung, Jerusalemwallfahrten und Geschichte der Mediävistik im 20. Jahrhundert. Aus seiner Lehrtätigkeit in Shanghai ergeben sich seine Interessen für den asiatischen Raum. Zusammen mit Eike Wolgast veröffentlichte Reichert 2004 das Kriegstagebuch von Karl Hampe aus dem Ersten Weltkrieg.[1] 2009 legte er eine Biografie über Hampe vor. 2010 wurde er von der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen dafür mit dem Wedekind-Preis für Deutsche Geschichte ausgezeichnet. Nach über zehnjähriger Forschungsarbeit veröffentlichte Reichert 2022 eine zweibändige Biographie über den Historiker Carl Erdmann.[2] Er konnte 550 Briefe Erdmanns in über 40 Nachlässen ermitteln.[3]

Schriften (Auswahl)

(in chronologischer Reihenfolge)

Monographien

Herausgeberschaften

Quellenedition

Aufsatzsammlung

Anmerkungen

  1. Vgl. dazu die Besprechungen von Heinz Hürten in: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte. 67, 2004, S. 522–523, Digitalisat; Dietrich Hildebrandt: Heidelberg, Jahrbuch zur Geschichte der Stadt. 9, 2004/2005, S. 246–249; Michael Epkenhans in: H-Soz-u-Kult, 1. Oktober 2004, Online; Annika Sommersberg in: Rheinisch-westfälische Zeitschrift für Volkskunde. 49, 2004, S. 351–352; Gerd Fesser in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. 53, 2005, S. 753–754; Hans-Christof Kraus in: Jahrbuch für die Geschichte Mittel- und Ostdeutschlands. 51, 2005, S. 285–289; Franz-Josef Kos in: Historische Zeitschrift 280, 2005, S. 776–777; Michael Salewski in: Das Historisch-Politische Buch. 53, 2005, S. 522–523; Peter Stadler in: Schweizer Monatshefte. 84/85, 2004/2005, 9/10, S. 60; Bernd Sösemann: Heidelberger Schreibtischheroe. Der Erste Weltkrieg und die revolutionären Ereignisse 1918/19 in den Tagebüchern des Historikers Karl Hampe. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 5. August 2004, Nr. 180, S. 8; Hansmartin Schwarzmaier in: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins. 154, 2006, S. 578–580.
  2. Vgl. dazu die Besprechungen von Peter Schöttler in: H-Soz-Kult, 7. Juni 2023 (online); Martina Hartmann: Rückzug ins Private? Zu Folker Reicherts Biographie und Briefausgabe Carl Erdmanns. In: Historische Zeitschrift 316, 2023, S. 382–389; Wolfgang Eric Wagner in: Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung. 131, 2023, S. 217–218; Malte Prietzel: Ehrenvolles Scheitern und ruhmreiches Nachleben. In: Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken. 103, 2023, S. 562–565.
  3. Folker Reichert: Weshalb es sich lohnt, die Briefe eines Unbekannten zu edieren. In: Matthias Berg, Helmut Neuhaus (Hrsg.): Briefkultur(en) in der deutschen Geschichtswissenschaft zwischen dem 19. und 21. Jahrhundert. Göttingen 2021, S. 351–370.