Forugh Farrochzad

Forugh Farrochzād oder Forugh Farrochsād (englische Transkription Forough Farrokhzad, eigentlich Forūġ-Zamān-e Farroḫzād; persisch فروغ فرخزاد, DMG Forūġ-e Farroḫzād; * 5. Januar 1935 in Teheran; † 14. Februar 1967 ebenda)[1] war eine iranische Dichterin und Filmregisseurin. Sie zählt zu den bedeutendsten Repräsentanten der iranischen Moderne. Sie war die ältere Schwester des iranischen Dichters, Sängers und Schauspielers Fereydun Farrochsad.

Biografie

Forugh Farrochzād mit ihrem Ehemann Parviz Schāpur

Forugh Farrochzād wurde 1935 als Tochter des Armeeoffiziers Mohammad Bāgher Farrochzād und seiner Frau Touran Vaziri-Tabar in Teheran geboren. Sie war das dritte von sieben Kindern (Amir, Massoud, Mehrdād, Fereydun, Pourān, Gloria) und besuchte die Schule bis zur neunten Klasse. Daraufhin lernte sie Zeichnen und Nähen an einer Frauenschule für Handarbeit. Mit sechzehn heiratete sie den 15 Jahre älteren Parviz Shāpour, einen Satiriker und Karikaturisten. Forugh setzte ihre Ausbildung mit Kursen in Malen und Nähen fort und zog mit ihrem Mann nach Ahwaz. Ein Jahr später gebar sie ihr einziges Kind, den Sohn Kāmyār. Nach drei Jahren Ehe trennte sich Forugh von ihrem Mann, der das Sorgerecht für das Kind bekam. Über diesen Verlust kam sie wohl nie hinweg.[2] Nach einem Nervenzusammenbruch zog sie nach Teheran, um sich ganz der Dichtung zu widmen.[2] Noch im selben Jahr gab sie ihren ersten Band Gefangen (persisch اسير, DMG Asīr) heraus, in dem sie ihr persönliches Gefühl der Ausweglosigkeit zum Ausdruck brachte.[2]

Wegen der Trennung von ihrem Mann und der Veröffentlichung kontroverser Gedichte geriet sie schnell in den Fokus negativer Aufmerksamkeit und offener Ablehnung. 1956 verbrachte sie neun Monate in Europa, wo sie an ihrem zweiten, sozialkritischen[2] Gedichtband Die Wand (persisch ديوار, DMG Dīwār) arbeitete, der noch im selben Jahr gedruckt wurde. Währenddessen verbrachte sie auch Zeit in München bei ihrem älteren Bruder Amir, der dort studierte. Gemeinsam übersetzten sie einige Gedichte aus Eric Singers Sammlung Spiegel des Unvergänglichen.[3] Auch in der Folgezeit reiste sie viel.[2] Im Jahr 1958 nahm sie eine Stelle als Assistentin im Golestān Film Studio an. Hier lernte sie den Filmemacher und Schriftsteller Ebrāhim Golestān kennen, der sie dazu ermutigte, sich selbst auszudrücken. Im selben Jahr publizierte sie einen weiteren sozialkritischen Gedichtband Aufbegehren (persisch عصبان, DMG ‘Aṣabān).[2]

Forugh Farrochzāds Grab auf dem Teheraner Friedhof Zahir-o Douleh

Dass Golestān verheiratet war, führte in Literaturkreisen zu einem erneuten Skandal. Sie unternahm 1960 einen Selbstmordversuch.[2] 1962 zog sie nach Täbris, wo sie in dem Leprosorium Behkadeh Raji, das 1961 auf Betreiben von Farah Pahlavi als sich selbst versorgendes, eigenständiges Dorf errichtet wurde, den zwanzigminütigen Dokumentarfilm Das Haus ist schwarz (persisch خانه سياه است, DMG Ḫāne siyāh ast) drehte. Während der zwölf Drehtage entwickelte sie Zuneigung zu dem Kind eines leprakranken Paares, dem Jungen Hossein Mansouri, den sie später adoptierte.

1964 publizierte sie ihren vierten Gedichtband, Eine Wiedergeburt (persisch تولدى ديگر, DMG Tawallod-ī dīgar), worin sie ihre Trauer über die Vergänglichkeit thematisiert[2] und den sie als Beginn ihrer eigentlichen Dichtung ansah.[4]

Am 14. Februar 1967 starb Forugh im Alter von 32 Jahren an den Folgen eines Verkehrsunfalls im Stadtteil Darrous.[5] Um die Kollision mit einem Schulbus zu verhindern, wich ihr Fahrzeug aus und fuhr in eine Steinwand; sie starb noch vor der Ankunft im Krankenhaus. Ihr Gedicht Lasst uns an den Beginn der kalten Jahreszeit glauben wurde nach ihrem Tod publiziert und gilt als das beststrukturierte moderne Gedicht in persischer Sprache.

Das Grab der Dichterin befindet sich auf dem Zahir-o Douleh-Friedhof im Teheraner Stadtteil Darband.

Thema und Stil

Forugh Farrochzāds Werk kennzeichnet der Versuch der Überwindung und Neudefinition sowohl literarischer als auch sozialer und kultureller Konventionen und Ideale.[2] Ihr Fokus richtet sich hierbei vor allem auf die Rollen von Mann und Frau. Wie kaum jemand vor ihr versucht sie in ihrer Darstellung beide Geschlechter von Stereotypen zu befreien, sie insgesamt komplexer erscheinen zu lassen – zu „entschleiern“ – und ihnen so die Möglichkeit der gegenseitigen Annäherung zu bieten.[2] Gleichzeitig thematisiert sie die Begrenztheit und Vergänglichkeit der Zeit.[2]

Stilistisch schlägt sich diese Entwicklung in einer allmählichen Entfernung von traditionellen prosodischen Elementen zu der Verwendung der freien Versform nieder. Außerdem findet dies seine Entsprechung in der Verwendung von neuen Wörtern und Bildern sowie von Umgangssprache, Exklamationen und Interjektionen. Ihre einfache, unprätentiöse und klare Sprache ermöglicht ihr ferner eine Direktheit und Intensität des Ausdrucks, die es in dieser Form bisher nicht gab und die gegen die bis dahin geltende Norm der Anspielung verstieß.[2]

Rezeption

Forugh Farrochzād lässt ihre Leser selten unbeteiligt. Sie erweckt entweder Abneigung oder Bewunderung. Für die einen wurde sie zum Sinnbild des Werteverlusts und des Chaos, für die anderen Inbegriff der Unabhängigkeit und des Aufbegehrens. Insgesamt lässt sich jedoch ein klarer Zuwachs an Popularität verzeichnen, der sich u. a. in steigenden Auflagen niederschlägt. Heute gilt sie als eine der begabtesten und einflussreichsten Frauen in der persischen Literatur des 20. Jahrhunderts.[2]

Werk

Gedichte

Sonstige

Deutschsprachige Ausgaben

Sekundärliteratur (Auswahl)

Filme und Theaterstücke

Auszeichnungen

Übersetzer (Auswahl)

Schreibweisen

Einzelnachweise

  1. Kurt Scharf: Nachwort. In: Forugh Farrochsad (Hrsg.): Jene Tage. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1993, S. 106–107.
  2. a b c d e f g h i j k l m n o Vgl. Artikel in der EIr
  3. Nima Mina: Forugh Farrokhzād As Translator of Modern German Poetry: Observations About the Anthology Marg-e man Ruzi. In: Dominic Parviz Brookshaw, Nasrin Rahimieh (Hrsg.): Forugh Farrokhzad Poet of Modern Iran: Iconic Woman And Feminine Pioneer Of New Persian Poetry Iran And The Persianate World. I. B. Tauris, 2010, ISBN 978-1-84885-155-9 (Online [abgerufen am 26. August 2021]).
  4. Kurt Scharf: „Ertrage nicht länger das Schweigen auf deinen Lippen, du Land!“ Zur zeitgenössischen persischen Lyrik. die horen 26 (1981), S. 9–32; S. 19 f.
  5. www.iranchamber.com.
  6. Khaneh Siah Ast (1/2) (Memento vom 19. März 2010 im Internet Archive) Teil 1 des Kurzfilms, kann aber über den Link nicht angesehen werden
  7. Frei übersetzt (wörtlich:„Von Nīmā bis später“)
  8. Link zum Aufsatz
  9. Archivlink (Memento des Originals vom 10. Juli 2007 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/crossingboundaries.gsa.ualberta.ca
  10. a b Vgl. Artikel in der Iranchamber
  11. http://www.ezzatgoushegir.com/Writingscontents/Plays/thebrideofacacias.html
  12. Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 20. April 2009 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.denkmal-film.com
  13. Forough Farrokhzad: The Sad Little Fairy (Memento vom 17. August 2015 im Internet Archive)
  14. Archivlink (Memento des Originals vom 4. November 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.sholehwolpe.com
  15. Archivlink (Memento des Originals vom 17. Oktober 2008 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.orientexpress.na.it