Franz Schmidt 1927

Franz Schmidt (* 22. Dezember 1874 in Preßburg, heute Bratislava, Österreich-Ungarn; † 11. Februar 1939 in Perchtoldsdorf) war ein österreichischer Komponist.

Leben

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Das Geburtshaus von Franz Schmidt im Jahre 1922. Das Haus stand in Preßburg an der Ecke Marktplatz (heute nám. SNP) und Ursulinengasse und wurde Ende der 1920er Jahre abgerissen.

Franz Schmidt war der Sohn des Preßburger Kaufmanns Franz Schmidt und dessen aus Ungarn stammender Ehefrau Maria geb. Ravasz. Bereits seine Mutter – eine hervorragende Pianistin – bemerkte seine herausragende Begabung, erteilte ihm bereits als Kind Klavierunterricht und machte ihn mit dem Werk Johann Sebastian Bachs bekannt. In Musiktheorie und Orgelspiel wurde er von Pater Felician Josef Moczik unterrichtet, dem Organisten an der Franziskanerkirche zu Pressburg.[1] Klavier studierte er bei Theodor Leschetizky, mit dem er sich aufgrund dessen veraltetem, von entstellenden Rubati geprägten Interpretationsstil schon bald überwarf.

1888 übersiedelte die Familie nach Wien und Schmidt setzte seine Studien am Konservatorium der Gesellschaft der Musikfreunde (Komposition bei Robert Fuchs, Cello bei Ferdinand Hellmesberger und für kurze Zeit Kontrapunkt bei Anton Bruckner) fort, die er 1896 mit „Auszeichnung“ abschloss. Schreibeigenheiten von Robert Fuchs finden sich in Orgelwerken von Franz Schmidt wieder.[2]

Von 1896 bis 1911 war Schmidt Mitglied der Wiener Philharmoniker und bis 1914 Solocellist im Hofopernorchester (heute Orchester der Wiener Staatsoper) und war als Organist, Solist, Kammermusiker, Begleiter und Dirigent gleichermaßen anerkannt und gefeiert. Zusammen mit Oskar Adler spielte er im Quartett von Arnold Schönberg. Aus seiner Preßburger Zeit war ihm der dortige namhafte Orgelbauer Vincent Možný (auch: Vincze Mozsny, 1844–1919) bekannt, der ihm 1908 eine Orgel nach seinen eigenen Dispositionsangaben baute. Diese Orgel stand bis 2016 in der Pfarrkirche Maria Enzersdorf-Südstadt.

Relief für den Symphoniker Schmidt an der Franz-Schmidt-Villa

1914 bekam Schmidt eine Professur für Klavier an der Wiener Musikakademie (heute: Universität für Musik und darstellende Kunst). 1925 wurde er dort Direktor und war von 1927 bis 1931 Rektor. Als Pädagoge für Klavier, Violoncello, Kontrapunkt und Komposition bildete er an der Musikakademie zahlreiche später bedeutende Musiker, Dirigenten und Komponisten aus. Zu seinen bekanntesten Schülern zählten u. a. der Pianist Friedrich Wührer, der Komponist Rudolf Wimmer und Alfred Rosé (Sohn von Arnold Rosé, dem legendären Gründer des Rosé-Quartetts, Konzertmeister der Wiener Philharmoniker und Schwager Gustav Mahlers), weiters der spätere Gesangspädagoge Walter Taussig. Unter den Komponisten sind Theodor Berger, Marcel Rubin und Alfred Uhl zu erwähnen. Aus gesundheitlichen Gründen gab Schmidt 1937 seine Lehrtätigkeit auf. Den weiten Horizont des Pädagogen Schmidt dokumentiert eine Aufführung von Arnold Schönbergs komplexem und damals der extremen Avantgarde zugerechnetem Pierrot Lunaire, die Schmidt mit Studenten der Akademie 1929 einstudierte.[3] Ansonsten bestanden zwischen den Exponenten der sogenannten Wiener Schule um Schönberg und dem „Spätromantiker“ Franz Schmidt kaum persönliche Beziehungen.

Büste im Franz-Schmidt-Park in Wien-Hietzing

Viele Auszeichnungen bezeugen die ihm entgegengebrachte hohe Wertschätzung: u. a. der Franz-Joseph-Orden sowie die aus Anlass des 60. Geburtstages verliehene Ehrendoktorwürde (Dr. phil. h. c.) der Universität Wien.[4] Nach Aussagen von Schülern Schmidts beherrschte ihr Lehrer nahezu sämtliche damals bekannten Klavierkompositionen auswendig.

Sein Privatleben stand allerdings weitgehend in krassem Gegensatz zur erfolgreichen beruflichen Laufbahn: zwei Jugendlieben blieben unerfüllt. Seine erste Gattin Karoline Perssin (1880–1942) wurde ab 1919 in der Wiener Nervenheilanstalt Am Steinhof stationär behandelt (und drei Jahre nach dem Tode Franz Schmidts im Zuge der nationalsozialistischen Euthanasie-Kampagne ermordet). Seine Tochter Emma (1902–1932) verstarb völlig unerwartet nach der Geburt ihres ersten Kindes. Der gebrochene Vater bezeichnete seine 4. Sinfonie als „Requiem für meine Tochter“. Erst seine zweite Ehe mit seiner wesentlich jüngeren Klavierschülerin Margarethe Jirasek (1891–1964) brachte dem bereits mit schweren gesundheitlichen Problemen kämpfenden Künstler die dringend benötigte Stabilisierung des Privatlebens. Mit seiner ersten Geliebten Elise Zwieback aus der Studienzeit hatte Schmidt auch einen Sohn, Ludwig Zirner.[5]

Aufbahrung von Franz Schmidt im Wiener Musikverein 1939

In seinem letzten Lebensjahr erlebte der Todkranke den „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich. Bei der Volksabstimmung im April 1938 trat er für das „Ja“ ein. Schmidt wurde von den Nationalsozialisten als der bedeutendste lebende Komponist Österreichs, der damaligen „Ostmark“, hofiert, auch wenn man ihn als „Vertreter der religiösen Kunst“ sah. Schmidt erhielt den Auftrag, eine Kantate mit dem Titel Deutsche Auferstehung. Ein festliches Lied zu komponieren, hinterließ diese jedoch unvollendet.[6][7] Schmidt vollendete im Sommer und Herbst 1938, wenige Monate vor seinem Tod, noch zwei Auftragswerke für den einarmigen Pianisten Paul Wittgenstein: das Klarinettenquintett in A-Dur und die (Solo)-Toccata d-Moll.

Am 17. Februar 1939 wurden Schmidts sterbliche Überreste im Goldenen Saal des Wiener Musikvereins aufgebahrt, seine Leiche anschließend in der Karlskirche eingesegnet und in einem Ehrengrab auf dem Zentralfriedhof beigesetzt.[8][7]

Rezeption

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Andre Roder: Grab auf dem Wiener Zentralfriedhof

Franz Schmidt zählt zu den Komponisten der österreichischen Spätromantik, und seine Musik zeichnet sich durch eine charakteristische Klangsprache mit subtilen Harmonisierungen aus. Als Höhepunkt in seinem nicht sehr umfangreichen, aber qualitativ hochstehenden Werk gilt das Oratorium Das Buch mit sieben Siegeln, das von den Wiener Symphonikern und vom Wiener Singverein uraufgeführt wurde. Franz Schmidt hat auch als Vertreter der Orgelbewegung zu gelten, da er die orchestrale Orgel der Romantik (einschließlich Schwellwerk) entschieden abgelehnt hat.

Nach 1945 wurde Schmidts Werk und Leben aufgrund seines Eintretens für den „Anschluss“, die Hofierung durch die Nationalsozialisten und seine Sympathien für das austrofaschistische Regime deutlich kritischer gesehen. Leon Botstein fasste dies so zusammen, dass Schmidt sein Werk auf den Traditionen des österreichischen Katholizismus aufbaute und sich somit das Image eines nicht korrumpierbaren, anti-kosmopolitischen Künstlers verlieh, der seinen heimatlichen Wurzeln verhaftet war. Diese Haltung brachte es mit sich, dass Schmidt in den 1930ern vom Austrofaschismus und Nationalsozialismus vereinnahmt wurde und sich dagegen nicht verwahrte.[7]

Auszeichnungen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wohnadressen Franz Schmidts

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Gedenkraum der Franz-Schmidt-Gedenkstätte, Perchtoldsdorf
ab 1889: III.Bezirk, Rudolfsgasse 40 (heute Juchgasse)
1891–1899: III.Bezirk, Erdberger Straße 57
1900: III.Bezirk, Hainburger Straße 56
1901–1904: XII.Bezirk, Korbergasse 5
1905–1909: XIII.Bezirk, Auhofstraße 146
1910: XIII.Bezirk, Hadikgasse 140
1911: XVIII.Bezirk, Haizingergasse 33
1912–1922: XIII.Bezirk, Elßlergasse 26
1923–1926: III.Bezirk, Neulinggasse 36/IV/7
1926–1939: Perchtoldsdorf (Niederösterreich), Lohnsteinstraße 4

Werke

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Opern

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Oratorium

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kantate

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sinfonien

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Klavierkonzerte

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sonstige Orchesterwerke

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kammermusik

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Musik für Bläser

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Musik für Orgel und Bläser

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Klaviermusik

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Orgelwerke

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

(Autoren alphabetisch geordnet)

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Commons: Franz Schmidt (Komponist) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Pater Felician übte auf den 10-jährigen Schmidt einen entscheidenden Einfluss aus. Neben der Musik brachte er ihm eine sehr gute Allgemeinbildung bei. Pater Felician, welcher Hofprediger beim Erzherzog Friedrich und dessen Frau der Erzherzogin Isabella war, nahm Schmidt öfter in deren Preßburger Palais mit, wodurch er in Kontakt zu der damaligen höfischen Gesellschaft kam.
  2. Peter Planyavsky: Das Konzept der neuen Orgel in Perchtoldsdorf. In: Orgelverein Perchtoldsdorf pro organo (Hrsg.): Die Franz-Schmidt-Orgel zu St. Augustin in Perchtoldsdorf. Festschrift zur Weihe der neuen Orgel im August 1985. S. 39.
  3. Stephen Luttmann: Vorwort zu Franz Schmidts 2. Streichquartett (Memento vom 29. Juni 2015 im Webarchiv archive.today) auf musikmph.de (2011).
  4. Ferdinand Scherber: Franz Schmidt gestorben. In: Wiener Zeitung, 12. Februar 1939, S. 12
  5. Norbert Tschulik, Franz Schmidt; Critical Biography (London, England, 1980. Translation: Angela Toltoscher).
  6. Die Kantate wurde trotzdem 1940 in einer von Robert Wagner ergänzten und instrumentierten Fassung durch die Wiener Symphoniker und den Singverein im Wiener Musikverein uraufgeführt (live vom Rundfunk übertragen). Deutsche Auferstehung. Bibliotheksdatensatz auf WorldCat.
  7. a b c Straßennamen Wiens seit 1860 als „Politische Erinnerungsorte“ (PDF; 4,2 MB), S. 157f, Forschungsprojektendbericht, Wien, Juli 2013
  8. Hartmut Krones: Die Konzertpolitik der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien in den Jahren 1938 bis 1945. In: Otto Kolleritsch (Hrsg.), Die Wiener Schule und das Hakenkreuz, Wien 1990, S. 189–203.
  9. Liste der Straßen in Perchtoldsdorf im RegiowikiAT abgerufen am 18. Februar 2016
  10. kurz notiert. In: Singende Kirche. Zeitschrift für katholische Kirchenmusik. Heft 3, März/Mai 1964. 11. Jahrgang 1964. S. 155.
  11. Kulturweg Tullnerbach. Abgerufen am 27. November 2022 (österreichisches Deutsch).
Personendaten
NAME Schmidt, Franz
KURZBESCHREIBUNG österreichischer Komponist
GEBURTSDATUM 22. Dezember 1874
GEBURTSORT Pressburg, Österreich-Ungarn
STERBEDATUM 11. Februar 1939
STERBEORT Perchtoldsdorf