Friedelehe, auch Friedelschaft genannt (von mittelhochdeutsch friudiea „Geliebte“), gilt als Bezeichnung für eine Eheform des Frühmittelalters, die vom deutschen Rechtshistoriker Herbert Meyer in den 1920ern in die Geschichtsforschung eingeführt wurde, deren tatsächliche Existenz aber heute umstritten ist. Friedelehen sollen gekennzeichnet gewesen sein durch Freiwilligkeit beider Ehepartner, fehlende Übertragung der Vormundschaft über die Ehefrau und abwesende Beziehungen zwischen beiden Familien.[1]

Bestätigte Eheformen des Frühmittelalters sind die Muntehe, die Kebsehe sowie die Raub- oder Entführungsehe.

Friedelehe nach Meyer

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Bestimmende Eigenschaften der Friedelehe sind nach Herbert Meyer:[2]

Die Friedelehe sei von der katholischen Kirche im 9. Jahrhundert für illegitim erklärt worden. Trotzdem hätten sich Reste dieser Eheform bis in die Neuzeit hinein in der Form der morganatischen Ehe („Ehe zur linken Hand“) gehalten.

Kritik an Meyers Definition

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Neuere Forschungen beispielsweise von Else Ebel, Karl Heidecker und Andrea Esmyol verstärken die Hinweise, dass es sich bei der „Friedelehe“ nur um ein Forschungskonstrukt handeln könnte, das durch eine fehlerhafte Quellenauslegung seitens Herbert Meyers entstanden ist. Insbesondere Andrea Esmyol widerlegte 2002 in ihrer Doktorarbeit Geliebte oder Ehefrau? Konkubinen im frühen Mittelalter die Grundannahmen von Meyers Definition. Vor allem folgende Kritikpunkte ergeben sich:

Dass sich Meyers Theorie dennoch in der Forschung über Jahrzehnte hinweg halten konnte, liegt an ihrem speziellen Entstehungsfeld: Zum einen charakterisiert die Zeit des 19. und frühen 20. Jahrhunderts die Suche nach historischen Vorbildern der freieren Partnerwahl, zum anderen sorgte die Zeit des nationalsozialistischen Regimes dafür, dass Meyers Theorie nicht weiter hinterfragt wurde – sie entsprach zu gut der nationalsozialistischen Ideologie, die ihr germanisches Erbe hervorhob.

Literatur

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Einzelnachweise

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  1. a b Thomas Olechowski: Rechtsgeschichte. Einführung in die historischen Grundlagen des Rechts. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage. Facultas, Wien 2010, ISBN 3-7089-0631-4, S. 305, Nr. 3205: B. Eherecht zwischen Staat und Kirche (Seitenansicht in der Google-Buchsuche).
  2. Maike Vogt-Lüerssen: Alltagsgeschichte des Mittelalters: Die Friedelehe. In: kleio.org: Alltagsgeschichte des Mittelalters. Eigene Webseite, 2016, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 22. März 2015; abgerufen am 19. September 2016.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.kleio.org
  3. Inhaltsangabe von Will-Erich Peuckert: Ehe. Weiberzeit – Männerzeit… (1955, 431 Seiten): LIEBE UND EHE: Quod est? · Zwei · Das Voneinander  –  WEIBERZEIT: Die mittelmeerische Welt · Die große Mutter · Gebärerin und Frau · Die Schlangengöttin · Unbegreifliche Welt · Wendezeit  –  MÄNNERZEIT: Viehbauern und Heroen · Mundr · Verzahnungen und Auseinandersetzungen  –  SAETEREHE: Huldrenliebe · Das Lager im Heu · Frau und Nebenfrau · Yngvild Wangenschön und Gudrun  –  DIE HOFEHE: Ich bin ein Bauer · Werbung und Trauung · Richard Hallmann · Die Probenächte · Kosmas und Damian · Die Nachtfreierei · Die Mutter  –  FREIE EHE: Die Friedel- oder freie Ehe · Maibuhlschaften · Die Consensehe .