Papst Gelasius unterschied zwischen den Rollen Kaiser und Papst. Diese Unterscheidung hatte erhebliche Auswirkung auf das Mittelalter, bis hin zur Deutung der Zweischwerterlehre. Heidelberger Schwabenspiegelhandschrift (Heidelberg, Universitätsbibliothek, Cod. Pal. Germ. 167, fol. 18r).

Gelasius I. († 496?) war von 1. März 492 bis zu seinem Tod Bischof von Rom und damit römischer Papst.

Leben

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Der Liber Pontificalis nennt ihn „von afrikanischer Herkunft“ (natione Afer). Die Herkunftsangaben dieser Quelle sind allerdings notorisch unzuverlässig. In einem Brief an Kaiser Anastasios I. nennt er sich selbst „Romanus natus“, was sich auf eine römische Abstammung oder die Zugehörigkeit von Africa zum römischen Reich beziehen kann, oder als bewusster Bezug auf die römische Kultur gemeint sein kann.

Seine Wahl zum Bischof von Rom erfolgte als Nachfolger des zwischen dem 25. Februar und dem 1. März 492 verstorbenen Vorgängers Felix II. Sein Aufstieg bis zum Vertrauten des Papstes war innerhalb des römischen Klerus erfolgt.

Papst Gelasius I. formuliert gegenüber Kaiser Anastasios I., Odoaker und Theoderich das Verhältnis des Papsttums („auctoritas sacrata pontificum“) und des Kaisertums („regalis potestas“) als der beiden gemeinsam die Welt regierenden Mächte im Sinne der Zweigewaltenlehre, weshalb die spätere Zwei-Schwerter-Theorie oft auf ihn zurückgeführt wird. Er setzte sich für die Behauptung der dem Bischof von Rom in Süd- und Mittelitalien verbliebenen Rechte und Besitzungen ein.

Gelasius ist auch für den Erstbeleg des Adjektivs modernus bekannt, das er benutzt, um neue Lehren (admonitiones modernas)[1] von alten Regeln (antiquis regulis)[2] abzugrenzen.

Als wahrscheinliches Todesdatum gilt der 21. November 496. Auch sein kirchlicher Gedenktag ist der 21. November.

Wirken

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Werke

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Gelasius hat zahlreiche Briefe und Traktate zu vielen kirchlichen Themen verfasst, die teilweise sehr einflussreich wurden. Allerdings sind seine Werke bis heute nicht kritisch ediert; es ist insbesondere nicht endgültig geklärt, welche ihm zugeschriebenen Werke wirklich von ihm stammen und welche nicht. Die letzten Vollständigkeit beanspruchenden Übersichten über echte und unechte Werke stammen von Ferdinand Kaltenbrunner und Eligius Dekker.[3][4] Die meisten seiner ca. echten 100 Briefe und fünf Traktate sind nur in kanonischen Sammlungen und dort oft nur sehr unvollständig überliefert; Verwechselungen mit Gelasius II. und mit Pelagius I. sind häufig. Für die moderne Forschung folgenreich war auch, dass Walter Ullmann in seiner Monographie zu Gelasius eine sehr große Zahl der Briefe ohne Diskussion für gefälscht erklärte.[5]

Gelasius’ Briefe und Traktate werden in der Sekundärliteratur oft nach den Nummern in der Edition von Thiel mit vorangestelltem „ep.“ (für epistola) bzw. „tr.“ (für tractatus) zitiert; allerdings enthält die Edition nicht alle Werke. Üblich und eindeutig sind Zitationen mit Jaffé-Nummern[3] (JK 619–743) oder den Nummern des Clavis patrum[4] (CPL 1617, 1622, 1625, 1666–1676). Vor allem die bekannteren Werke werden auch nach ihren traditionellen Titeln und/oder dem Incipit zitiert.

Wichtige Werke und Werkgruppen, die von Gelasius verfasst und/oder ihm zugeschrieben werden, sind:

Überlieferung

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Gelasius’ Briefe (oder Fragmente davon) wurden in frühe kanonische Sammlungen aufgenommen, darunter die Collectio Avellana und die Collectio Quesnelliana. Im späten elften Jahrhundert entstanden noch einmal mehrere Sammlungen, die vorher nicht überlieferte Fragmente bringen; unter ihnen ist die Collectio Britannica die wichtigste. In vielen mittelalterlichen Sammlungen werden die Schreiben von Gelasius I., Pelagius I. und Pelagius II. (sowie die ihnen fälschlich zugeschriebenen Briefe) verwechselt.

Ausgaben

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Die Patrologia latina enthält eine veraltete Gesamtausgabe (PL 59 und Supplementum III). Die besten Teilausgaben sind Andreas Thiels Epistolae ineditae, die Edition einzelner Stücke aus der Britannica durch Paul Ewald und Samuel Löwenfeld sowie Otto Günthers Ausgabe der Avellana. Umstrittene Zuschreibungen führen dazu, dass einige Briefe mehrfach mit unterschiedlicher Autorschaft ediert wurden.

Übersetzungen

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Literatur

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Commons: Papst Gelasius I. – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen

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  1. Gelasius: Ad Rufinum et Aprilem episcopos. In: Andreas Thiel (Hrsg.): Epistolae Romanorum Pontificum Genuinae. Bd. 1, Peter, Braunsberg 1867, S. 389.
  2. Gelasius: Ad Martyrium et Justum episcopos. In: Andreas Thiel (Hrsg.): Epistolae Romanorum Pontificum Genuinae. Bd. 1, Braunsberg 1867, S. 386.
  3. a b Philipp Jaffé, Samuel Löwenfeld, Friedrich Kaltenbrunner, Paul Ewald (Hrsg.): Regesta pontificum romanorum ab condita ecclesia ad annum post Christum natum MCXCVIII. 2. Auflage. Leipzig 1885 (mgh.de [abgerufen am 12. Juli 2022]).
  4. a b Eligius Dekkers (Hrsg.): Clavis patrum latinorum (= Corpus Christianorum. Series Latina). 3. Auflage. Brepols, Steenbrugge 1995, ISBN 2-503-51258-5.
  5. Walter Ullmann: Gelasius I. (492–496). Das Papsttum an der Wende der Spätantike zum Mittelalter (= Päpste und Papsttum. Band 18). Hiersemann, Stuttgart 1981, ISBN 3-7772-8135-2.
  6. Hugo Koch: Gelasius im kirchenpolitischen Dienste seiner Vorgänger, der Päpste Simplicius (468–483) und Felix III. (483–492). Ein Beitrag zur Sprache des Papstes Gelasius I.(492–496) und früherer Papstbriefe (= Sitzungsberichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Abteilung). Verlag der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, München 1935 (badw.de [abgerufen am 12. Mai 2022]).
  7. Rocco Ronzani: Le Generale decretum de Gélase de Rome. Un nouveau synode de 494 et la vexata quaestio du sacerdoce féminin. In: Clémentine Bernard-Valette, Jérémy Delmulle, Camille Gerzaguet (Hrsg.): Nihil veritas erubescit: Mélanges offerts à Paul Mattei par ses élèves, collègues et amis. Brepols, Turnhout 2017, S. 715–730.
VorgängerAmtNachfolger
Felix II.Papst
492–496
Anastasius II.
Personendaten
NAME Gelasius I.
KURZBESCHREIBUNG Patriarch von Rom (492–496)
GEBURTSDATUM vor 492
STERBEDATUM unsicher: 496