Gernot Erler, 2015

Gernot Erler (* 3. Mai 1944 in Meißen) ist ein ehemaliger deutscher Politiker (SPD). Er war von 1987 bis 2017 Mitglied des Deutschen Bundestages und war von 2005 bis 2009 Staatsminister beim Bundesminister des Auswärtigen. Von Januar 2014 bis April 2018 war er Russland-Beauftragter der deutschen Bundesregierung (Kabinett Merkel III).[1]

Leben und Beruf

Nach dem Abitur 1963 in Berlin-Steglitz (West-Berlin) absolvierte Erler ein Studium der Geschichte, der Slawischen Sprachen und der Politikwissenschaft an der Freien Universität Berlin und der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg im Breisgau, das er 1967 mit dem Staatsexamen für das Lehramt beendete. Von 1968 bis 1969 arbeitete er als Verlagsredakteur und war anschließend bis 1979 als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Seminar für Osteuropäische Geschichte der Universität Freiburg tätig. Von 1980 bis 1987 arbeitete er dann als Verlagsleiter in Freiburg.

Gernot Erler ist verheiratet und Vater einer Tochter.

Partei

Seit 1970 ist er Mitglied der SPD. Hier engagierte er sich zunächst auf kommunaler Ebene und war von 1973 bis 1977 SPD-Ortsvereinsvorsitzender in Freiburg-Tiengen. Anschließend war er von 1977 bis 1987 Vorsitzender des SPD-Kreisverbandes Freiburg. Von 1983 bis 1997 gehörte er außerdem dem SPD-Landesvorstand und von 1985 bis 1997 auch dem SPD-Präsidium in Baden-Württemberg an. Gernot Erler ist ferner Vorsitzender der Historischen Kommission der SPD Baden-Württemberg.[2]

Abgeordneter

Erler wurde 1987 Mitglied des Deutschen Bundestages. Ab 1994 gehörte er hier dem SPD-Fraktionsvorstand an und war von 1998 bis 2005 Stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion mit der Zuständigkeit für Außen-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik sowie für Menschenrechte.

Gernot Erler zog 1987, 1990 und 1994 über die Landesliste Baden-Württemberg und von 1998 bis 2009 als direkt gewählter Abgeordneter des Wahlkreises Freiburg in den Bundestag ein. Bei der Bundestagswahl 2005 erreichte er 45,1 % der Erststimmen und bei der Bundestagswahl 2009, bei der er als einziger Kandidat der SPD ein Direktmandat in Baden-Württemberg erringen konnte, 33,0 %. Bei der Bundestagswahl 2013 verlor er das Direktmandat an Matern von Marschall von der CDU, zog aber über die Landesliste erneut in den Bundestag ein.

Ab 22. Oktober 2009 war er wieder einer von neun stellvertretenden Vorsitzenden im Vorstand der SPD-Bundestagsfraktion und hier zuständig für Außenpolitik, Entwicklungspolitik, Menschenrechte und Verteidigung.[3] Nach der Bundestagswahl 2013 bekleidete er dieses Amt nicht mehr.

Am 28. Juli 2016 gab Erler auf seiner Homepage bekannt, dass er bei der Bundestagswahl 2017 nicht noch einmal im Wahlkreis Freiburg antreten werde.[4] Um seine Nachfolge bewarben sich vier Mitglieder der SPD Freiburg. Die Wahlkreiskonferenz wählte Julien Bender im ersten Wahlgang zum Nachfolger von Gernot Erler als Bundestagskandidat.[5]

Öffentliche Ämter

Am 22. November 2005 wurde Erler als Staatsminister beim Bundesminister des Auswärtigen in die von Bundeskanzlerin Angela Merkel geführte Bundesregierung (Kabinett Merkel I) berufen. Dieses Amt hatte er bis zum Regierungswechsel im Oktober 2009 inne. Von der nach der Bundestagswahl 2013 gebildeten schwarz-roten Koalitionsregierung wurde er als Koordinator für die zwischengesellschaftliche Zusammenarbeit mit Russland, Zentralasien und den Ländern der Östlichen Partnerschaft bestellt. Das Amt, bis 2013 mit alleiniger Zuständigkeit für Russland, wurde im Jahr 2003 während der Amtszeit von Joschka Fischer auf Erlers Initiative hin eingerichtet.[6] Seit dem 1. Januar 2015 ist Erler gleichzeitig Sonderbeauftragter der Bundesregierung für den deutschen OSZE-Vorsitz im Jahr 2016.[7]

Erler ist Mitglied im Executive Board des European Leadership Network (ELN).[8]

Politische Positionen

1990 stimmte Erler gegen die deutsch-deutsche Währungsunion[9] und gegen den Asylkompromiss von 1993.[10] Im August 2013 zeigte er sich gegenüber einem westlichen Militärschlag im Bürgerkrieg in Syrien skeptisch und meinte, es sei eine trügerische Hoffnung, dass durch einen Angriff etwas gewonnen würde.[11] Das militärische Eingreifen Putins hingegen wertete er für dessen innenpolitisches Ansehen als Erfolg.[12] Im Rahmen des OSZE-Ministertreffens im Dezember 2016 machte Erler deutlich, dass er die OSZE für eine wichtige Institution hält, um Konflikte diplomatisch zu lösen.[13]

Gesellschaftliches Engagement

Erler war Vorsitzender des Deutsch-Bulgarischen Forums, Präsident der Südosteuropa-Gesellschaft (2000–2020),[14] Vorsitzender der West-Ost Gesellschaft Südbaden e. V., saß im Vorstand der Deutsch-Kasachischen Gesellschaft und im Stiftungsrat des Instituts für Ost- und Südosteuropaforschung. Er war Mitglied im Lenkungsausschuss des deutsch-russischen Petersburger Dialogs. Des Weiteren ist er im Kuratorium des Deutsch-Aserbaidschanischen Forums.

Ehrungen

1998 wurde Erler mit dem Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland geehrt.

Im November 2007 wurde Erler der Orden „Stara Planina“, der höchste bulgarische Orden verliehen. Außerdem wurde er mit der Ehrendoktorwürde der Universität für Weltwirtschaft in Sofia geehrt.

Schriften

Einzelnachweise

  1. Bundesregierung ernennt Beauftragte für Russland und Amerika faz.net, 11. April 2018.
  2. SPD Baden-Württemberg
  3. Pressemitteilung der SPD-Bundestagsfraktion vom 22. Oktober 2009 (Memento vom 1. Mai 2010 im Internet Archive)
  4. Homepage Gernot Erler Pressemitteilung, 28. Juli 2016: Gernot Erler: Keine erneute Kandidatur für den Bundestag 2017, abgerufen am 29. Juli 2016
  5. Badische Zeitung: Freiburg: Wahlkreiskonferenz: SPD wählt Julien Bender zum Kandidaten für Bundestagswahl - badische-zeitung.de. (badische-zeitung.de [abgerufen am 14. Dezember 2016]).
  6. Süddeutsche Zeitung vom 11. Januar 2014
  7. Ständige Vertretung der Bundesrepublik Deutschland bei der OSZE Wien - Gernot Erler zum Sonderbeauftragten der Bundesregierung für den OSZE-Vorsitz 2016 ernannt. In: www.wien-osze.diplo.de. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 14. Dezember 2016; abgerufen am 14. Dezember 2016.
  8. Website ELN
  9. dfs/RA/tsv/cbs/lac/mir: Krim-Krise: Was die Putin-Versteher in Deutschland antreibt. In: welt.de. 20. März 2014, abgerufen am 7. Oktober 2018.
  10. Hat sich das Asylrecht als Fehlkonstruktion erwiesen?, Frankfurter Rundschau vom 2. Juni 1993, S. 12
  11. Susann Kreutzmann: Deutsche Politiker sehen Eingriff in Syrien skeptisch
  12. DLF 2015
  13. OSZE-Ministertreffen - "Die Möglichkeit zum Dialog wurde genutzt". In: Deutschlandfunk. (deutschlandfunk.de [abgerufen am 14. Dezember 2016]).
  14. Zur Geschichte der SOG (Memento des Originals vom 1. September 2020 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.sogde.org