Gotthilf Traugott Zachariae, auch: Gotthelf Traugott Zachariä (* 17. November 1729 in Tauchardt; † 7. Februar 1777 in Kiel) war ein deutscher evangelisch-lutherischer Theologe und Hochschullehrer.

Leben

Gotthilf Traugott Zachariae wurde als Sohn des evangelischen Pfarrers und späteren Superintendenten von Parchim Carl Heinrich Zachariä (* Crossen; † 15. Oktober 1782) geboren und erhielt den ersten Unterricht vom Vater. In der griechischen und hebräischen Sprache machte er so rasche Fortschritte, dass er schon in seiner Jugend das Alte und Neue Testament in der Ursprache lesen konnte. So setzte er sich mit den Werken der besten Kirchenhistoriker und Profanschriftsteller auseinander. Auch mit der französischen Sprache und mit der Mathematik beschäftigte er sich und gelangte im elterlichen Hause zur Kenntnis der philosophischen und theologischen Wissenschaften. 1747 begann er an der Universität Königsberg ein Studium der Theologie. Dort waren Franz Albert Schultz, Georg David Kypke, Daniel Heinrich Arnoldt, Daniel Salthenius und Johann Heinrich Daniel Moldenhawer seine Lehrer auf dem Gebiet der theologischen Wissenschaften.

Philosophie und Mathematik hörte er bei Christoph Langhansen, Physik bei Johann Gottfried Teske. Seine Kenntnisse in den orientalischen Sprachen, besonders der chaldäischen und syrischen Sprache, wurden durch Kypke weiterentwickelt. Nach zwei Jahren entschloss sich Zachariä, an die Universität Jena zu gehen. Aber er blieb auf der Reise dorthin 1749 an der Universität Halle hängen. An der dortigen theologischen Fakultät besuchte er die Vorlesungen von Johann Georg Knapp, Christian Benedikt Michaelis und Johann Heinrich Callenberg. Am entschiedensten hatte jedoch Siegmund Jakob Baumgarten, in dessen Haus er wohnte, auf seine Entwicklung eingewirkt. Dessen umfangreiche Bibliothek konnte er für mehrere literarische Schriften nutzen, die von 1750 bis 1753 als Aufsätze in Baumgartens Nachrichten von einer Hallischen Bibliothek und dessen Nachrichten von merkwürdigen Büchern erschienen.

1752 erwarb er in Halle den akademischen Grad eines Magisters der Philosophie und wurde 1753 Adjunkt an der philosophischen Fakultät der Hallenser Alma Mater. Als Dozent hielt er Vorlesungen über Philosophie, Mathematik und hebräische Sprache. Zugleich hielt er exegetische Vorträge über einzelne Schriften des Alten und Neuen Testaments. 1755 folgte er einem Ruf nach Stettin, wo er das Rektorat der dortigen Ratsschule mit der Rede de malo methodo, ingenia corrumpente discentium übernahm. Trotz widriger Umstände, die durch den damaligen Siebenjährigen Krieg hervorgerufen wurden, bewährte er sich in jener Position. 1760 ernannte man ihn an der Universität Bützow zum Professor der Theologie, woraufhin er 1761 mit der Schrift de peccato originali zum Doktor der Theologie promovierte. 1761–1765 war Zachariae Direktor des Herzoglichen Pädagogium der Friedrichs-Universität zu Bützow.[1]

Seine weitreichenden Verdienste brachten ihm 1765 einen Ruf als ordentlicher Professor der Theologie an die Universität Göttingen ein. Hier stieg er in die zweite theologische Professur auf. 1775 wurde er zum Kirchenrat ernannt und übernahm damit die Professur der Theologie an der Universität Kiel. Seine Vorlesungen behandelten in jener Zeit die Harmonie der Evangelisten, die Psalmen, theologische Moral, Polemik, Hermeneutik, Dogmatik, Christologie des Alten Testaments und einige exegetische Vorlesungen, besonders über den Brief an die Römer.

Die ständige akademische Tätigkeit hinterließ körperliche Verfallsspuren, so dass er schließlich im siebenundvierzigsten Lebensjahr an einem Schlaganfall verstarb. Zuvor war er noch Dekan der theologischen Fakultät gewesen und Prorektor der Kieler Alma Mater.

Wirken

Zachariae hat sich vor allem in der Nachwelt einen Namen gemacht als erster Verfasser einer biblischen Theologie. Das Werk, welches unter dem Titel Biblische Theologie oder Untersuchung des biblischen Grundes der vornehmsten theologischen Lehren in vier Teilen von 1771 bis 1775 erschien, wurde drei Mal neu aufgelegt und 1786 von Johann Karl Volborth um einen fünften Teil erweitert. Es ist aus der Tendenz der älteren Aufklärungstheologie entstanden, welche die Dogmatik durch das Zurückgehen auf die recht verstandene Bibel zu verbessern suchte. Dabei war diese Arbeit nicht ohne Vorgänger gewesen. 1757 hatte Anton Friedrich Büsching in seiner Epitome theologiae e solis sacris literis concinnatae et ab omnibus rebus et verbis scholasticis purgatae ein allein aus der Schrift entnommenes dogmatisches System aufgestellt. 1769 hatte Karl Friedrich Bahrdt, damals noch nicht auf seinem späteren radikalen Standpunkt stehend, den Versuch eines biblischen Systems der Dogmatik verfasst.

Zachariae dagegen formulierte seine Aufgabe etwas anders. Er wollte durch eine solide und eingehende exegetische Untersuchung des biblischen Materials, aus dem die Dogmatik aufgebaut wird, eine Vorarbeit zur Verbesserung der theologischen Lehrform liefern. Auch für ihn war also die biblische Theologie noch keine selbstständige historische Disziplin. Er untersuchte auch die religiöse Anschauungswelt der Bibel im Zusammenhang. Dabei unterschied er weniger die verschiedenen biblischen Lehrbegriffe, sondern behandelte diese nur dogmatisch wichtigen Bibelstellen. Er zeigte insofern geschichtlichen Sinn, als er eindringlich davor warnte, die hergebrachten dogmatischen Meinungen in die Schrift einzulesen, vielmehr sollte man alle erlernte Wahrheit gleichsam vergessen, um unparteiisch genug zu sein, bloß was die Schrift lehrt, für wahr zu erkennen und auszugeben.

Es führte ihn dazu, manchen Bibelstellen, die als dogmatische Beweisstellen gebraucht zu werden pflegten, diese Bedeutung abzusprechen. So entstand für ihn eine wahrhaft biblische Theologie nur, wenn man die biblischen Ausdrücke einfach übernimmt. Vielmehr betrachtete er den Zusammenhang, in dem eine Bibelstelle steht, woraus sich oft ergab, dass sie keine allgemeine Lehre aufstellen wolle. Vor allem aber gab er zu bedenken, das die Schrift zeitlich und örtlich bedingt sei und sich den Anschauungen ihrer Zeit anfügt. Deshalb war für ihn eine wahrhafte biblische Theologie die Aufgabe, das was die Bibel sagt, erst in unsere Sprache zu übersetzen. Dabei sind bildliche Ausdrücke (wie Opfer, die Bezeichnung Christi als eines Hohepriester oder die eschatologischen Aussagen der Schrift) durch eigentliche und vernünftige zu ersetzen.

Auch laufen nach Zachariaes Meinung oft eine Anzahl umständlicher biblischer Ausdrücke im Grunde auf einen einzigen leichtverständlichen Begriff hinaus. In der Erkenntnis der zeitlich und national bedingten Eigenart der Bibel und des Gelegenheitscharakters zahlreicher biblischer Schriften, zweigt sich wieder der historische Sinn Zachariaes. Jedoch seine Tendenz, die eigentliche Meinung der Schrift aus ihrer Zeitlichen Hülle herauszulösen und an die Stelle ihrer Bildsprache leicht verständlicher Ausdrücke zu setzen, führt zu einer modernistischen und verflachenden Umdeutung derselben. Die von Zachariae begründete Disziplin der neutestamentlichen Theologie haben nach ihm Johann Philipp Gabler, Christoph Ammon, Georg Lorenz Bauer und Gottlieb Philipp Christian Kaiser fortgesetzt.

Seiner theologischen Stellung nach war Zachariae Supranaturalist, der an den Hauptdogmen, an Offenbarung, Wunder, Erbsünde, Gottessohnschaft und Trinität festhielt. Mit seinem Rückgang auf die Bibel wollte er sicherlich zu einer Verbesserung der theologischen Lehrweise beitragen. Dennoch hielt er das Dogma keineswegs für wesentlich veränderungswürdig, wie seine 1773 erschienene Schrift Doctrinae christianae institutio zeigt. Trotz seiner konservativen Stellung zum Dogma war seine orthodoxe Frömmigkeit wie die so vieler Supranaturalisten der Aufklärungszeit, die von den der Rationalisten sich kaum unterscheiden. Glückseligmachende Moral war ihm ein Hauptanliegen in der Religion und im Christentum. Zachariaes Anschauungen stehen somit den Anschauungen von Johann August Ernesti, Johann Salomo Semler und Romanus Teller in seiner früheren Zeit, sehr nah. Dieselben Gedanken seiner biblischen Theologie enthalten auch seine nach englischem Muster verfassten verdeutlichende Umschreibung der Erklärungen der Psalmen, der Paulischen und anderer Briefe des Neuen Testaments.

Werke

Literatur

Einzelnachweise

  1. Günther Camenz: Die Herzogliche Friedrichs-Universität und Pädagogium zu Bützow in Mecklenburg. Gänsebrunnen Verlag, Bützow 2004, ISBN 3-934182-18-6.