Hans Rosenthal
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Hans Günter Rosenthal (geboren am 2. April 1925 in Berlin;[1] gestorben am 10. Februar 1987 ebenda) war ein deutscher Entertainer, Moderator, Regisseur, Abteilungsleiter für Unterhaltung im RIAS und Mitglied im Direktorium des Zentralrats der Juden.

Leben

Rosenthal wuchs in einer jüdischen Familie in Berlin-Prenzlauer Berg (Winsstraße 63) auf und erlebte als Kind die wachsende antisemitische Verfolgung durch den Nationalsozialismus. Sein Vater Kurt Rosenthal (20. November 1900 – 17. September 1937) starb an Nierenversagen, nachdem er kurz zuvor als „Nichtarier“ von der Deutschen Bank entlassen worden war. Seine Mutter Else Rosenthal geb. Isaac (10. März 1899 – 8. November 1941) starb an Darmkrebs. Nach dem Tod der Mutter kam Rosenthal mit seinem Bruder Gert (26. Juli 1932[1] – vermutlich 22. Oktober 1942)[2] in die Baruch Auerbach´schen Waisen-Erziehungs-Anstalten für jüdische Knaben und Mädchen in Berlin-Prenzlauer Berg[3] und bekam den Zwangsnamen Hans Israel Rosenthal.[4] Sein Bruder wurde am 19. Oktober 1942 mit dem 21. Osttransport (in der Transportliste verzeichnet als Nr. 251) nach Riga deportiert[3] und dort kurz darauf in einem nahegelegenen Wald erschossen.[5] Andere Angehörige wurden ebenfalls im Holocaust ermordet.

Hans Rosenthal war zunächst in einem jüdischen Ausbildungslager (Hachschara) in Jessen bei Sommerfeld in der Niederlausitz. Nach dessen Verbot wurde er ab 1940 von den Nationalsozialisten zu Zwangsarbeit herangezogen; er arbeitete unter anderem als Totengräber im Auftrag für das Landwerk Neuendorf bei Fürstenwalde/Spree, später als Akkordarbeiter in einer Blechemballagenfabrik in Berlin-Weißensee und Torgelow.[1]

Ab dem 27. März 1943[1] tauchte er in der Berliner Kleingartenanlage „Dreieinigkeit“ (Bezirk Lichtenberg, heute Ortsteil Berlin-Fennpfuhl) unter und überlebte bis zum Kriegsende in einem Versteck. Für ihn bedeutete die Einnahme von Berlin-Lichtenberg durch die Rote Armee in der Schlacht um Berlin am 25. April 1945 die Befreiung.[6] Er wurde von drei nichtjüdischen Berlinerinnen unterstützt, von Ida Jauch (1886–1944), einer Bekannten seiner Mutter, und später von Maria Schönebeck (1901–1950) und Emma Harndt (1898–1977). Ida Jauch wurde am 10. Oktober 2015 posthum in Anwesenheit von ihren und Rosenthals Angehörigen als Gerechte unter den Völkern geehrt.[7]

Diese und weitere private wie berufliche Erlebnisse schilderte er in seiner 1980 veröffentlichten Autobiographie unter dem Titel Zwei Leben in Deutschland.

Hans Rosenthal starb am 10. Februar 1987 im Alter von 61 Jahren an den Folgen von Magenkrebs und wurde in einem Ehrengrab des Landes Berlin auf dem Jüdischen Friedhof Heerstraße in der Ehrenreihe im Feld I beigesetzt.[8]

Hans Rosenthal mit „Sonntagsrätselkindern“ anlässlich der 1000. Sendung Das klingende Sonntagsrätsel

Rundfunk

Karriere in Deutschland

1945 machte Hans Rosenthal eine Ausbildung beim Berliner Rundfunk, wo er danach als Regieassistent arbeitete und das erste Hörspiel Nathan der Weise betreute. Zeitweise war er auch im Betriebsrat des Berliner Rundfunks tätig, dies führte jedoch zunehmend zu Konflikten mit den Aufsichtsgremien der sowjetisch gesteuerten Rundfunkanstalt. Deshalb ging Rosenthal im Jahre 1948 in die Westsektoren und wechselte zum RIAS, wo er zunächst als Aufnahmeleiter und Unterhaltungsredakteur seine Rundfunkkarriere startete. Er wurde schließlich einer der beliebtesten deutschen Quizmaster von Unterhaltungssendungen im Hörfunk.

Beim RIAS Berlin gestaltete er in den 1950er bis 1980er Jahren Rate- und Unterhaltungssendungen, die er auch meistens selbst entwarf. Dazu gehören Allein gegen alle, Wer fragt, gewinnt, Kleine Leute – große Klasse, Das klingende Sonntagsrätsel, Spaß muß sein, Opas Schlagerfestival (in Doppelconference mit Günter Neumann), Da ist man sprachlos, Frag mich was, Die Rückblende und Günter Neumann und seine Insulaner (anfangs als Aufnahmeleiter, später als Regisseur) und Spiel über Grenzen. 1962 wurde er Abteilungsleiter Unterhaltung beim RIAS.

Zwei von Rosenthal begründete Hörfunk-Sendereihen laufen weiterhin im Deutschlandradio Kultur. Es ist die Reihe Sonntagsrätsel (früher Das klingende Sonntagsrätsel), die sonntags ausgestrahlt wird, und das Städtequiz Allein gegen alle, das im Rahmen der Reihe Aus den Archiven einmal im Monat gesendet wird.

Auftritte im Ausland

Obwohl Rosenthals Betätigungsfeld im Hörfunk und Fernsehen überwiegend auf Deutschland konzentriert war, hat er auch einige Sendungen im Ausland produziert: Bereits im Jahre 1966 veranstaltete er im Paris Theatre in London die Sendung Spaß muß sein (Aufnahme 11. Juli 1966) anlässlich der Fußballweltmeisterschaft (eine Coproduktion zwischen der BBC – Deutschsprachiger Dienst und dem RIAS, SFB, NDR und SDR), es folgten aus der Schweizer Halle in Tondern/Dänemark Wer fragt, gewinnt (Aufnahme vom 11. April 1970) und Spaß muß sein aus dem Brucknerhaus in Linz/Österreich (Aufnahme vom 10. November 1984) sowie jeweils zwei Sendungen jährlich von Dalli, Dalli aus Wien. Eine von ihm geplante Sendung in Israel kam durch seinen frühen Tod nicht mehr zustande.

1968 kaufte Rosenthal stundenweise Sendezeit bei einem Hörfunksender auf Teneriffa und produzierte unter dem Namen DTF – Deutschsprachiger Touristen-Funk ein deutschsprachiges Programm mit dem Ziel, auf deutsche Touristen zugeschnittene Werbung zu vermarkten. Das Projekt scheiterte nach einigen Monaten mit einem persönlichen Verlust von rund 35.000 D-Mark, weil Werbekunden ausblieben.[9]

Hans Rosenthal und Monika Sundermann bei Dalli Dalli

Fernsehen

Bereits 1955 gab es für Hans Rosenthal mit einer Adaption der Hörfunkreihe Wer fragt, gewinnt erste Auftritte als Fernseh-Quizmaster. 1960 war er für ein Jahr Unterhaltungschef bei der Bavaria Film. Dauerhafte Erfolge im TV erreichte er u. a. mit Gut gefragt ist halb gewonnen, Dalli Dalli sowie Rate mal mit Rosenthal, KO OK, Alles mit Musik, Eins plus eins gegen zwei, Erinnern Sie sich noch?, Gefragt – Gewusst – Gewonnen, Mal seh’n, was uns blüht, Quizparade, Hans Rosenthal stellt vor, Zug um Zug, Bitte zur Kasse und Das Schlagerfestival der 20er Jahre (in Doppelconference abwechselnd mit Axel von Ambesser und Theo Lingen) im ZDF.

Im Jahr 1983 versuchte Rosenthal in der ARD-Show Das gibt’s nur einmal – Noten, die verboten wurden (Buch: Curth Flatow), die Zeit des Nationalsozialismus in einer Unterhaltungssendung zu verarbeiten. Hier zeigte er in einer pointiert gesetzten Conference, dass er neben seiner vielseitigen Arbeit als Quiz- und Showmaster auch über lange Jahre hinweg politische Kabarettsendungen gestaltet und geleitet hat. Seine Schlussconference von damals lautete: „Vor 50 Jahren fing alles an, und wir alle können nur hoffen, dass diese Vergangenheit keine Zukunft hat!“

Wenn Kandidaten in der ZDF-Sendung Dalli Dalli besonders viele Punkte erreicht hatten, fragte Rosenthal ab Folge 53 das Publikum: „Sie sind der Meinung, das war …?“ Das Publikum antwortete mit „Spitze!“, während Rosenthal in die Luft sprang. Ab Folge 100 wurde dieser Sprung im Fernsehbild kurz als Standbild „eingefroren“.

Engagement

Rosenthal engagierte sich seit den 1960er Jahren im Zentralrat der Juden in Deutschland, ab 1973 als Mitglied seines Direktoriums, in der Jüdischen Gemeinde zu Berlin sowie in diversen sozialen Projekten. Sein bevorzugter Ferienort war Utersum auf Föhr, dessen Ehrenbürger er wurde.

In der Zeit von 1965 bis 1973 war der Fußballfan auch Präsident des Fußballvereins Tennis Borussia Berlin. Die in diesem Verein tätige und von ihm mitgegründete „Prominenten-Elf“ trägt seit seinem Tod den Namen „Hans-Rosenthal-Elf“ und sammelt Geld für die Hans-Rosenthal-Stiftung „Schnelle Hilfe in akuter Not e. V.“

Grabstätte

Familie

Mit seiner Frau Traudl (6. August 1927 – 25. März 2016),[10][11][12] die er beim Berliner Rundfunk kennenlernte und am 30. August 1947 ehelichte,[6] hatte Hans Rosenthal die Tochter Birgit (* 30. Juni 1950) und den Sohn Gert (* 29. August 1958),[6] der in Berlin als Rechtsanwalt und Notar tätig ist. Die Produzentin und Fernsehdarstellerin Debora Rosenthal, eine Tochter von Gert, ist eine Enkelin von Hans Rosenthal. Seine andere Enkelin war die Ärztin und Hockey-Spielerin Rebecca Rosenthal (1991–2024).[13][14][15]

Hans-Rosenthal-Stiftung

Berliner Gedenktafel am Haus Winsstraße 63, in Berlin-Prenzlauer Berg
Gedenktafel am Haus Kühler Weg 12, in Berlin-Westend
Gedenktafel, Hauptstraße 36, in Berlin-Schöneberg

Die Hans-Rosenthal-Stiftung wurde nach Rosenthals Tod 1987 gegründet, um die Arbeit von Dalli-Dalli hilft fortzuführen: Menschen zu unterstützen, die unverschuldet in Not geraten sind. Die Stiftung finanziert sich aus Spenden, Nachlässen und Veranstaltungen. Zu den Gründern gehörten Traudl Rosenthal, Sohn Gert Rosenthal,[16] das ZDF, Bernhard F. Rohe (Intendant RIAS Berlin), die Jüdische Gemeinde zu Berlin, Peter Bachér (Hrsg. Hörzu) und Peter Schiwy.

Die Preisträger des mit 10.000 Euro dotierten Hans-Rosenthal-Ehrenpreises sind:[17]

Rundfunksendungen (Auswahl)

Weitere Sendungen:

Fernsehsendungen (Auswahl)

Weitere Sendungen:

Dokumentationen

Auszeichnungen und Ehrungen

Schriften

Quiz- und Spielebücher

Autobiographie

Literatur

Einzelnachweise

  1. a b c d Hans Rosenthal: Zwei Leben in Deutschland, S. 322
  2. Sonderzüge in den Tod (Memento vom 6. Februar 2016 im Internet Archive) (PDF; 291 kB) abgerufen am 6. August 2013
    Gedenkbuch – Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933–1945
  3. a b Michael Schäbitz: "Wir waren Ausgestoßene im eigenen Vaterland." Überleben in der NS-Zeit. Das Beispiel Hans Rosenthal In: Beate Meyer, Hermann Simon (Hrsg.): Juden in Berlin 1938-1945. Philo Verlagsgesellschaft, Berlin 2007, S. 284.
  4. Ausführliche Biographie von Hans Rosenthal
  5. Sonderzüge in den Tod. In: welt.de. 23. Januar 2008, abgerufen am 11. Juni 2023.
  6. a b c Hans Rosenthal: Zwei Leben in Deutschland. S. 323.
  7. Yad Vashem ehrt Retterin von Hans Rosenthal. In: rbb-online.de. 26. Oktober 2015, archiviert vom Original am 26. Oktober 2015; abgerufen am 12. Januar 2016.
  8. Klaus Nerger: Das Grab von Hans Rosenthal. In: knerger.de. Abgerufen am 2. April 2023.
  9. Hans Rosenthal: Zwei Leben in Deutschland. S. 304 ff.
  10. Rosenthal, Traudl in der Deutschen Biographie, abgerufen am 20. Oktober 2013.
  11. Traueranzeige für Traudl Rosenthal im Berliner Tagesspiegel vom 30. März 2016.
  12. Das Leben einer Berlinerin: Die Trauerfeier hat Traudl Rosenthal noch selbst geplant, Berliner Zeitung, 4. April 2016.
  13. Tennis Borussia Berlin trauert um Rebecca Rosenthal. In: Tennis Borussia Berlin. Abgerufen am 10. März 2024.
  14. Trauer um Rebecca Rosenthal. In: Jüdische Allgemeine. 9. März 2024, abgerufen am 10. März 2024.
  15. Erik Blaner: Wir gedenken an Rebecca Rosenthal. In: Makkabi Deutschland e. V. 8. März 2024, abgerufen am 10. März 2024 (deutsch).
  16. Die Vereinsgründer der Hans-Rosenthal-Stiftung. rbb
  17. Der Hans Rosenthal Ehrenpreis. In: hans-rosenthal-stiftung.de. Abgerufen am 4. Februar 2024.
  18. Helmut Höge: Als Hans Rosenthal Bauer werden wollte. In: die tageszeitung. 19. August 2009, abgerufen am 9. November 2015.
  19. Tafel für Hans Rosenthal. Er überlebte die NS-Zeit in einer Kleingartenkolonie. In: Berliner Woche, 7. September 2011, S. 7 (Lokales)
  20. Wo Hans Rosenthal schwimmen lernte. In: Berliner Morgenpost, 21. Januar 2012
  21. Pressemitteilung des Bezirksamts Lichtenberg, 10. Mai 2019
  22. „Allein gegen alle“ – Erinnerung an eine unvergessene Hörfunksendung mit Hans Rosenthal. auf www.fernweh-park.de