Heiliges Grab in Görlitz, fertiggestellt 1504

Als Heiliges Grab (lateinisch Sepulcrum Domini ‚Grab des Herrn‘) werden Kenotaphe Jesu Christi bezeichnet.

Typologie

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Mit dem Begriff Heiliges Grab werden in der Kunstgeschichte sowohl bauliche Nachahmungen der Rotunde im Zentrum der Grabeskirche in Jerusalem benannt, als auch architektonisch reduzierte Anlagen mit figürlichen Szenerien. Oft sind sie Erinnerungsmale oder Votivmonumente zurückgekehrter Jerusalempilger und/oder enthielten mitgebrachte Reliquien aus jener Stadt. Sowohl der architektonische Typus wie auch die figürlichen Anlagen stehen oft im Zusammenhang mit den Grablegen von Stiftern.[1] Der Begriff Heiliges Grab bzw. sepulcrum Domini wird auch für temporäre Grabbauten im Rahmen der Osterliturgie verwendet.[2]

Die Heilig-Grab-Bauten können (inzwischen) völlig bildlos sein (Heiliges Grab in Görlitz), dem Vorbild recht eng oder auch nur in einzelnen Motiven (Rundbau, Maße, Stützenzahl) folgen, freistehend auf den Kirchhof gesetzt (Michaelskirche in Fulda) oder in einen Kirchenbau eingestellt (Mauritiusrotunde in Konstanz) sein. Die reduzierten Anlagen, oft in Form von Wandnischen im Kircheninneren, enthalten in der Regel lebensgroße Figurengruppen. Solche Ensembles wurden im Mittelalter einbezogen in liturgische Osterspiele. Der Leichnam Christi ist manchmal herausnehmbar oder als flaches Relief leicht abzudecken.[3] So konnte im Rahmen der Osterliturgie zunächst die Grablegung mit dem Leib Christi visualisiert werden, später dann (mit entnommenem oder abgedecktem Leichnam) die Auferstehung mit dem leeren Grab. Die Beliebtheit dieser Aufführungen und Darstellungen im 14. und 15. Jahrhundert beruht auf der Zunahme des eucharistischen Kultes in der Blütezeit der Mystik. Bei den figürlichen Darstellungen ist häufig belegt, dass eine verschließbare Vertiefung im Brustkorb des Christuskörpers zur Aufbewahrung von geweihten Hostien diente.[4] Analog dazu wurden auch Sakramentshäuschen, in denen das Allerheiligste am Gründonnerstag „beigesetzt“ wurde, mit Darstellungen des Christusgrabes versehen. Im Barock kam daneben noch das Kulissenheiliggrab, eine den gesamten Altarraum umfassende Kulisse, zur Anwendung.

Heiliggrab-Monumente versammeln nicht selten alle Figuren der biblischen Erzählung von der Grablegung bis zum Besuch der drei Frauen am leeren Grabe nach der Auferstehung (Freiburger Münster). Andere Darstellungen sind ikonografisch eindeutiger:

Das älteste Bildmuster ist der Visitatio-Typus, der die Begegnung der Frauen mit dem Engel am leeren Ostergrab darstellt. Diese Szene ist seit der Spätantike verbreitet und stand bis ins hohe Mittelalter sinnbildlich für das Ostergeschehen, bevor der Auferstandene selbst in den Mittelpunkt der Darstellung rückte. Neben den Frauen und dem Engel gehören zur Ikonographie dieser Szene meist auch noch die schlafenden Wächter am Grab. Der jüngere Darstellungstyp ist der Depositio-Typus, der die Grablegung Christi als Abschluss des Passionszyklus darstellt und dessen Figurenprogramm neben dem Leichnam Christi nur die Assistenzfiguren der Grablegung, nicht aber Engel oder Wächter beinhaltet.[5] Der Terminus Heiliges Grab wird bei beiden jedoch nur gebraucht, wenn es sich um dreidimensionale Darstellungen mit einer mehr oder weniger architektonischen Fassung handelt.

Beispiele nach Epochen

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Antike

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Sepulcrum Domini aus Narbonne, 5. Jh.

Romanik

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Heiliges Grab (Gernrode), um 1100

Gotik

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Heiliges Grab im Schloßbergmuseum Chemnitz
Das Heilige Grab von Kleineibstadt
Heiliges Grab im Schwäbisch Gmünder Münster von um 1350 aus der Parler-Hütte

Weitere mittelalterliche Beispiele

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Heiliges Grab in der Cappella Rucellai, in San Pancrazio in Florenz

Renaissance

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Barock

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Heiligkreuz-Kapelle (Trier): Grablegungsgruppe aus dem 17. Jahrhundert
Heiliges Grab in Traunwalchen

Historismus und Jugendstil

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Iffeldorf: Heiliges Grab, 1895
Skulptur der Grablegung Christi im Maifeldmünster

Moderne

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Weitere Beispiele

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Heilige Gräber im Rahmen der Liturgie

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In vielen Kirchen besteht die Tradition, nach der Feier der Karfreitagsliturgie einen Korpus des verstorbenen Herrn in Form eines heiligen Grabes darzustellen. Dieser wird während des Karsamstags den Gläubigen zur Verehrung dargestellt.

Darstellungen

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Literatur

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Spezielleres:

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Commons: Nachbildungen des Hl. Grabes – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

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  1. Probst 2011, S. 93.
  2. Probst 2011, S. 86.
  3. Probst 2011, S. 91.
  4. Probst 2011, S. 88.
  5. Probst 2011, S. 84–86.
  6. Informationstafel im Museum Narbo Via, 2021
  7. Die Geheimnisse des Bischofs in FAZ vom 22. November 2012, Seite 29.
  8. Landeskunde entdecken online, hier auch Abbildung|
  9. Das Heilige Grab in Chemnitz, schlossbergmuseum.de.
  10. vergl. Freiburger Münsterbauverein (Hrsg.): Münsterblatt, 2012, Nr. 19.
  11. Abtei Magerau (Memento des Originals vom 9. Januar 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.maigrauge.ch, abgerufen am 10. April 2012.
  12. [1] abgerufen am 14. Juni 2014.
  13. Das Heilige Grab in Görlitz (Memento des Originals vom 9. August 2011 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/kulturstiftung.kkvsol.net
  14. nun maßgeblich: Till Meinert: Die Heilig-Grab-Anlage in Görlitz. Architektur und Geschichte eines spätmittelalterlichen Bauensembles [Berlin, Freie Univ., Diss., 2002]. Esens 2004.
  15. Hanns Friedrich: Das „Heilige Grab“ ist wieder daheim. In: Main-Post. Main-Post GmbH (Deutschland), Würzburg 28. März 2024, S. 6.
  16. Carola Nathan: Eine kleine Kulturgeschichte der Heiligen Gräber. Reise nach Jerusalem. In: Monumente. Deutsche Stiftung Denkmalschutz, Bonn, April 2015, abgerufen am 28. November 2023.
  17. Mehr als ein Kunstführer. Broschüre zur Heilig-Grab-Kapelle in Weilburg erschienen. In: FACETT.NET. Evangelische Kirche in Hessen und Nassau, Stabsbereich Öffentlichkeitsarbeit, Darmstadt, 18. März 2020, abgerufen am 28. November 2023.
  18. Raimund Kolberg, Guido Hepke: Heilig-Grab-Kapelle Weilburg. (PDF; 10,01 MB) In: Internetpräsenz. Evangelische Kirchengemeinde Weilburg, abgerufen am 28. November 2023.
  19. Helga D. Hofmann: Das Heilige Grab, die Grablegung Christi und Christus im Grabe. In: Saarheimat 7, 1963, S. 98f.
  20. Jan Pieper, Anke Naujokat, Anke Kappler (Hrsg.): Jerusalemskirchen. Mittelalterliche Kleinarchitekturen nach dem Modell des Heiligen Grabes. Katalog zur Ausstellung. Aachen 2011, S. 29.
  21. Anke Naujokat: Pax et concordia. Das Heilige Grab von Leon Battista Alberti als Memorialbau des Florentiner Unionskonzils 1439–1443. Freiburg i.Br./ Berlin 2006. ISBN 978-3-7930-9457-9.
  22. Anke Naujokat: „Kopie der Kopie. Das Heilige Grab in San Rocco, Sansepolcro.“ (Memento des Originals vom 8. Juni 2009 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.archimaera.de in: archimaera (Heft 2/2009)
  23. Heiliges Grab. Abgerufen am 13. März 2024.
  24. Höglwörth im Rupertiwinkel - Das Heilige Grab, abgerufen am 30. März 2015.
  25. taz.de tageszeitung vom 10. April 2004
  26. Das Heilige Grab in Kreuzen in Rüttenen bei Solothurn (Memento des Originals vom 2. April 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.fluryundrudolf.ch, fluryundrudolf.ch.
  27. André Braun-Wein: Geschichte und Recht: geistlicher Ritterorden, besonders in der Schweiz, Louis Carlen 1990, Seite 86.
  28. Reinhard Frauenfelder: Die Heiliggrab-Kapelle bei Weiterdingen, in: Hegau 5, 1958, S. 57–62.
  29. Heiliges Grab der Basilika Mondsee – Salzburgwiki. In: www.salzburg.com. Abgerufen am 2. November 2015.
  30. Günter Treiber: Ein Kleinod mit Geschichte. In: Mittelbayerische Zeitung. 1. April 2013, abgerufen am 2. November 2015 (deutsch).
  31. Das Heilige Grab im Bibelgarten Oberlichtenau, bibelgarten.de.
  32. Die Heiliggrabkapelle der Aschaffenburger Stiftskirche. In: Hanns Hubach: Mein hend, die muss ich winden. In: Ausstellungskatalog Cranach im Exil. Aschaffenburg/Regensburg 2007, S. 139–155; Unterkapitel in diesem Aufsatz: Die Heiliggrabtruhe, S. 141 ff.; Die Heiliggrabkapelle, S. 143 ff.; Das Heilige Grab und Albrecht von Brandenburg, S. 146 ff. ISBN 978-3-7954-1948-6.