Holzwerkstoffe sind Werkstoffe, die durch Zerkleinern von Holz und anschließendes Zusammenfügen der Strukturelemente erzeugt werden. Größe und Form der Holzpartikel entscheiden über die Art des Holzwerkstoffes und seine Eigenschaften. Die Holzpartikel können ohne oder mit Bindemitteln oder mechanischen Verbindungen miteinander verbunden sein.

Multiplex-Sperrholz

Beschreibung

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Sägespäne
Produktion von Grobspanplatten, unmittelbar vor der Presse

Holzwerkstoffe können aus verschiedenen Typen von zerkleinertem Holz bestehen, die sich im Wesentlichen durch ihre Größe unterscheiden. Zu den größten Strukturelementen gehören Schnitthölzer, vor allem Bretter, sowie Furniere unterschiedlicher Dicke. Kleine Elemente stellen Holzspäne unterschiedlicher Größe (Grob- bis Feinspäne), Hackschnitzel, Holzwolle, Holzfasern und Stäube dar. Neben Holz können auch andere lignocellulosische Materialien wie Getreidestroh, Hanfschäben oder Miscanthus verwendet werden.

Eigenschaften

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Die Eigenschaften der Holzwerkstoffe ändern sich stark mit der Größe und Form der Holzpartikel. Im Vergleich zu Vollholz verändert sich bei der Zerkleinerung des Holzes eine Reihe von Eigenschaften. So nimmt die Homogenität des Materials bei zunehmendem Aufschluss zu, zugleich sinkt jedoch die Festigkeit der Produkte, der Energieeinsatz und die Umweltbeeinträchtigungen wachsen gegenüber dem Vollholzeinsatz. Die Dämmeigenschaften und die Oberflächengüte verbessern sich dagegen. Die Anforderungen an die Holzqualität sinken, je kleiner die Holzpartikel sind. So sind sie für Brettschichtholz beispielsweise deutlich höher als für Spanplatten.

Herstellung

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Üblicherweise werden platten- oder strangförmige Holzwerkstoffe durch Mischung der verschiedenartigen Holzpartikelformen mit natürlichen und synthetischen Bindemitteln (Klebstoffen) und ggf. einer Zugabe weiterer Additive, zum Beispiel Hydrophobierungsmittel, Holzschutzmittel oder Farbpartikel, im Zuge einer anschließenden Heißverpressung hergestellt. Die „neuen“ bzw. „innovativen“ Holzwerkstoffe werden meist mit modernen Verfahren der Kunststofftechnik wie Extrusion oder Spritzguss verarbeitet. Auch mechanische Verbindungen beispielsweise über Schrauben, Dübel oder Nut-Feder-Verbindungen sind möglich.

Arten von Holzwerkstoffen

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Holzwerkstoffe lassen sich aufgrund der unterschiedlichen verwendeten Strukturelemente unterscheiden in Werkstoffe auf Vollholzbasis, Furnierwerkstoffe, Spanwerkstoffe, Faserwerkstoffe und Verbundwerkstoffe.

Vollholzwerkstoffe und Furnierwerkstoffe

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Fichten-Brettsperrholz
Fichten-Leimholz

Als Vollholzwerkstoffe bzw. Werkstoffe auf Vollholzbasis werden alle Holzwerkstoffe zusammengefasst, die auf Massivholzelementen, vor allem Bretter oder Stäbchen, basieren. Demgegenüber bestehen Holzwerkstoffe auf Furnierholzbasis aus dünnen Schälfurnieren. Vollholz- und Furnierholzwerkstoffe unterscheiden sich entsprechend im Wesentlichen bezüglich der Dicke der eingesetzten Holzelemente, entsprechend können beide sowohl als Sperrholz aus jeweils um 90° gedreht aufeinander verklebten Lagen oder als Schichtholz mit parallel liegenden Lagen gefertigt werden. Bei ersteren verlaufen die Fasern der sichtbaren Oberflächen auf beiden Seiten parallel. Die Anzahl der Lagen ist daher meist ungerade.

Zu den Holzwerkstoffen auf Vollholzbasis gehören:

Bei den Vollholzwerkstoffen haben vor allem die Güte der eingesetzten Hölzer, die Art der Verbindung, der Schichtaufbau und die Schnittrichtung Einfluss auf die Festigkeitseigenschaften des Werkstoffs. So kann bspw. die Tragfähigkeit eines Schichtholzes erhöht werden, wenn Brettschichten mit hoher Festigkeit in den Außenlagen eingesetzt werden. Die Schnittrichtung beeinflusst die Formbeständigkeit, da von ihr Spannungen innerhalb des Werkstoffs abhängig sind.

40 mm dicke Birke-Multiplex-Platte mit 45°-Gehrung
Furniersperrholzplatte aus querverleimten Furnierhölzern, beschichtet mit Linoleum

Die Einteilung von Furnierholzwerkstoffen erfolgt ebenso wie bei den Vollholzwerkstoffen primär nach dem Plattenaufbau, wobei im Falle des Furnierholzes durch die geringe Dicke der eingesetzten Elemente eine größere Variationsbreite möglich ist. Zu den Holzwerkstoffen auf Furnierholzbasis gehören:

Furnierholzwerkstoffe werden größtenteils unbeschichtet gefertigt, können jedoch auch mit verschiedenen Werkstoffen beschichtet sein. Dazu gehört insbesondere Schichtstoffplatten, aber auch Linoleum und andere Materialien. Besondere Furniersperrhölzer sind zudem lackiert, metallbewehrt oder fungizid-geschützt. Eine Besonderheit stellt das Kunstharzpressholz (KP) dar, bei dem Furnierholz mit Kunstharz, vor allem Phenolharz imprägniert und unter hohen Temperaturen zu einem Holzwerkstoff mit sehr hoher Dichte und Festigkeit verpresst wird.

Hinweis: Nach der Definition in DIN 1052:2008-12 gehören Brettschichtholz, Balkenschichtholz und Furnierschichtholz ohne Querlagen nicht in die Gruppe der Holzwerkstoffe. Alle faserabhängigen Eigenschaften bleiben bei den genannten über den Querschnitt erhalten. Diese Materialien werden meistens wie Vollholz als stabförmige Bauteile eingesetzt. Erst bei Veränderung der ursprünglichen Faserstruktur, z. B. bei Furnierschichtholz mit Querlagen oder OSB-Platten entstehen Holzwerkstoffe im eigentlichen Sinn. Bauteile aus diesen Holzwerkstoffen können als Platten oder Scheiben eingesetzt werden.

Holzspanwerkstoffe

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Ein kleines Stück einer Flachpressplatte

Holzspanwerkstoffe werden aus Holzspänen, Kunstharzleim und Additiven unter Wärme und Druck hergestellt. Die Holzspäne werden mit Hackern und speziellen Zerspanermessern aus Voll- und Sägerestholz gewonnen. Man unterscheidet folgende Unterarten:

Holzspanwerkstoffe sind die bedeutendsten Holzwerkstoffe weltweit mit einem breiten Anwendungsspektrum. Dementsprechend gibt es eine Vielzahl an Klassifizierungsmerkmalen (nach Herstellung, Oberfläche, Form, Größe, Aufbau oder Zweck) für die klassische Spanplatte und OSB-Platte und die vielen Spezialanwendungen. Eine normgerechte Einteilung kann nach EN 309 vorgenommen werden.

Holzfaserwerkstoffe

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MDF-Platte

Holzfaserplatten werden aus Holzfasern aus Sägenebenprodukten oder Resthölzern, aber auch aus anderen faserhaltigen Pflanzen wie zum Beispiel Flachs oder Raps hergestellt. Der strukturelle Zusammenhalt beruht im Wesentlichen auf der Verfilzung der Holzfasern und ihren holzeigenen Inhaltsstoffen, es können aber auch Polymere als Bindemittel eingesetzt werden. Je nach Herstellungsverfahren (trockene oder nasse Vliesbildung) und Verdichtung der Holzfasern werden Untergruppen unterschieden:

Bei Holzfaserplatten, die im Nassverfahren hergestellt wurden:

Extraharte Faserplatten (HFE) haben eine noch deutlich höhere Dichte.

Bei Holzfaserplatten, die im Trockenverfahren hergestellt wurden:

Faserplatten niedriger Dichte ohne Klebstoffzugabe werden vor allem als Dämmstoffe eingesetzt. Auch ultraleichte Faserplatten (ULDF) gibt es auf dem Markt. Eine normgerechte Einteilung kann nach EN 216 vorgenommen werden.

Verbundwerkstoffe

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Verbundwerkstoffe zeichnen sich dadurch aus, dass sie aus verschiedenen Materialien bestehen. Dabei können sie sowohl aus unterschiedlichen Holzfragmenten als auch aus Holzelementen und anderen Materialien wie Kunststoffen und anderen Bindemitteln wie Harzen, härtenden Ölen, Gips, Beton oder Papier bestehen. Auch die Art des Verbundes kann sich stark unterscheiden.

Beispiele für Holzverbundwerkstoffe sind

Sonstige

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Bindemittel und Zusatzstoffe

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Bindemittel spielen bei der Herstellung von Holzwerkstoffen eine zentrale Rolle, so beträgt der Bindemittelanteil bei Spanplatten 8–10 %, bei innovativen Biowerkstoffen wie den Wood-Plastic-Composites sind es mehr als 20 %. Während bei den konventionellen Holzwerkstoffen vor allem Formaldehyd enthaltende Kunstharze als Bindemittel eingesetzt werden, sind es bei den Wood Plastic Composites i. d. R. gesundheitlich weniger bedenkliche Kunststoffe oder bio-basierte Kunststoffe. Bindemittel aus nachwachsenden Rohstoffen sind zwar in der Entwicklung, spielen in der Holzwerkstoffindustrie praktisch jedoch noch keine Rolle[3]. Weitere Zusatzstoffe in Holzwerkstoffen können sein: Flammschutzmittel, Holzschutzmittel, Hydrophobierungsmittel, Härter etc.

Verwendung von Holzwerkstoffen

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Stahlskelettbau verkleidet mit OSB-Platten
Mikroskopie eines Holzverbundwerkstoffes mit deutlich erkennbaren Holzzellen

Holzwerkstoffe werden vor allem in der Bau- und Möbelindustrie eingesetzt. Für Sperrholz gibt es eine breite Anwendungspalette als Baustoff, als Dämmstoffe werden insbesondere Holzfaserplatten eingesetzt. Die Möbelindustrie ist Hauptabnehmerin von Spanplatten – ungefähr 50 % der in Deutschland hergestellten Spanplatten werden zu Möbeln (Schränke, Regale, Tische, Wohn- und Sitzmöbel etc.) verarbeitet. Darüber hinaus finden Holzwerkstoffe im Fahrzeugbau und als Verpackungsmaterial Anwendung.

Wirtschaftliche Bedeutung

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Zur Holzwerkstoffindustrie zählen die Holzfaser-, Spanplatten-, OSB-Platten- und Massivholzplattenhersteller sowie die Furnier- und Sperrholzerzeuger. 2008 hatte die Holzwerkstoffbranche in Deutschland 15.000 direkte Beschäftigte; 2014 waren es bereits 25000. Die 71 Betriebe erwirtschafteten einen Umsatz von rund 5,6 Milliarden Euro im Jahr.[4] Holzwerkstoffe sind in der Regel wesentlich preisgünstiger als Massivholz. Deutschland ist der größte Hersteller von Holzwerkstoffen in Europa. Circa 10 % des Waldholzes werden in Deutschland für die Produktion von Holzwerkstoffen genutzt.[5] 2008 wurden 7,5 Mio. m³ Spanplatten, ca. 1 Mio. m³ OSB-Platten, 3,9 Mio. m³ MDF-Platten und 175.000 m³ Sperrholz produziert. Nachdem die traditionellen Holzwerkstoffe in Europa und Deutschland jahrelang z. T. hohe Zuwachsraten aufwiesen, brach die Produktion 2008 mit Ausnahme von Wood Plastic Composites (WPC) im Vergleich zum Vorjahr ein: von −2 % beim Sperrholz bis −9,3 % bei den MDF-Platten. Die Spanplatten- und OSB-Plattenproduktion nahm im Schnitt um 6–7 % ab.[6] Auch in Europa sank die Holzwerkstoffproduktion um durchschnittlich 8–9 % auf ca. 56 Mio. m³. Nur die Wood Plastic Composites verzeichneten einen Produktionszuwachs um 78 % in Deutschland.[7]

Umweltwirkungen

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Bedenken bezüglich des Einsatzes von Holzwerkstoffen gibt es im Hinblick auf Emissionen von Schadstoffen. Hier werden besonders Formaldehyd aus den Bindemitteln angeführt, aber auch flüchtige organische Verbindungen (VOC), welche aus dem Holz an sich stammen (beispielsweise Terpene). Formaldehydemissionen aus den Bindemitteln werden von manchen Herstellern durch den Einsatz formaldehydfreier Kleber (z. B. Polyurethan-Kleber) vermieden. Darüber hinaus müssen die zahlreichen Zusatzstoffe wie Flammschutzmittel, Holzschutzmittel, Hydrophobierungsmittel oder Härter auf ihre Umweltwirkung überprüft werden. Neben der Herkunft des Holzes für Holzwerkstoffe (Zertifizierung) sind es in erster Linie die Bindemittel und Zusatzstoffe, die über die Nachhaltigkeit von Holzwerkstoffen entscheiden.

Literatur

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Commons: Holzverbundwerkstoff – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. siehe den Artikel en:Brettstapel in der englischen Wikipedia
  2. Vera Krackler, Daniel Kennecke, Peter Niemz: Verarbeitung und Verwendungsmöglichkeiten von Laubholz. ETH Zürich – Institut für Baustoffe – Holzphysik, Zürich 2010, Seite 57–59
  3. http://www.vhi.de/ Verband der deutschen Holzwerkstoffindustrie (VHI): Bindemittel in Holzwerkstoffen
  4. http://www.bshd.eu/sites/branche.php Bundesverband Säge- und Holzindustrie Deutschland
  5. Mantau/Sörgel 2007: Holzverbrauchsentwicklung
  6. Verband der deutschen Holzwerkstoffindustrie (VHI). Branchendaten 2008
  7. Verband der deutschen Holzwerkstoffindustrie (VHI). Holz-Zentralblatt 13. Mai 2009 und 14. Mai 2009