Die Hypallage [hypalaˈgeː, hyˈpalage] (von altgriechisch ὑπαλλαγή ‚Verwechslung‘) ist eine rhetorische Figur, die dadurch gekennzeichnet ist, dass der (gemeinte) inhaltliche Bezug eines Wortes von seinem (formulierten) grammatischen Bezug abweicht, genauer gesagt der semantische vom syntaktischen Bezug. Damit ist die Beziehung zwischen den Wörtern einer Aussage quasi „verschoben“, sodass die Aussage doppeldeutig wird. Bei idiomatisierten Hypallagen wird diese Doppeldeutigkeit im alltäglichen Sprachgebrauch häufig nicht wahrgenommen.

Die häufigste Form der Hypallage ist die Zuordnung eines attributiven Adjektivs zum falschen Substantiv, die gewollt oder unfreiwillig komisch wirken kann. Auch wenn Grammatiken und Stillehren von solchen „reitenden Artilleriekasernen“ abraten und sie wegen eigentlich regelwidriger Bezugnahme als „falsche Fügungen“ bezeichnen,[1] tritt diese Form der Hypallage auch im schriftlichen Sprachgebrauch auf.

Hypallagen können auf ganz unterschiedliche Weise Verfremdungseffekte bewirken, von kaum bemerkbaren Abweichungen von der sprachlichen Norm über verblüffende Paradoxien bis zu schlankweg widersinnigen Formulierungen. In ihren kühneren Formulierungen werden sie bevorzugt von manieristischen Dichtern verwendet, in der Antike vor allem denen der Silbernen Latinität.[2]

Unterscheidung von anderen Stilmitteln

In den antiken Lehrbüchern der Rhetorik und Grammatik, die im Mittelalter die weiteste Rezeption erfuhren, wird die Hypallage nicht als eigene Stilfigur beschrieben. Daher wird das Wort seitdem gelegentlich synonym mit Enallage und Metonymie verwendet.[3]

Beispiele

Literatur

Einzelnachweise

  1. Walter Heuer, Max Flückiger, Peter Gallmann: Richtiges Deutsch. Vollständige Grammatik und Rechtschreiblehre. 32. Auflage. Verlag Neue Zürcher Zeitung, Zürich 2017, S. 503 f.
  2. a b c Sonia Branca-Rosoff, Thomas Zinsmaier: Hypallage. In: Gert Ueding (Hrsg.): Historisches Wörterbuch der Rhetorik. Band 4, Max Niemeyer, Tübingen 1998, Sp. 106–110, hier Sp. 107.
  3. Sonia Branca-Rosoff, Thomas Zinsmaier: Hypallage. In: Gert Ueding (Hrsg.): Historisches Wörterbuch der Rhetorik. Band 4, Max Niemeyer, Tübingen 1998, Sp. 106–110, hier Sp. 107 f.
  4. Herders Conversations-Lexicon 1854
  5. https://educalingo.com/de/dic-de/hypallage
  6. Gero von Wilpert: Sachwörterbuch der Literatur (= Kröners Taschenausgabe, Band 231). 4., verbesserte und erweiterte Auflage. Kröner, Stuttgart 1964, S. 288 und 424.
  7. Gerd Ueding, Bernd Steinbrink: Grundriß der Rhetorik. Geschichte – Technik – Methode. 2. Auflage. Metzler, Stuttgart 1986, ISBN 3-476-00557-7, S. 272.
  8. E. Adelaide Hahn: Source of Vergilian Hypallage. In: The Vergilian Digest 1957, No. 3, S. 12 ff., hier S. 12.
  9. Ulrich Hübner: Hypallage in Lucans Pharsalia. In: Hermes. Band 100, Heft 4, 1972, S. 577–600, hier S. 580.
  10. William Kels: La science étymologique de Mallarmé. Une lecture de « Victorieusement fui… ». In: Études Stéphane Mallarmé. Nr. 4, 2016, S. 77–112, hier S. 82 f.
  11. Sonia Branca-Rosoff, Thomas Zinsmaier: Hypallage. In: Gert Ueding (Hrsg.): Historisches Wörterbuch der Rhetorik. Band 4, Max Niemeyer, Tübingen 1998, Sp. 106–110, hier 109.
  12. Hadumod Bußmann (Hrsg.): Lexikon der Sprachwissenschaft. 3., aktualisierte und erweiterte Auflage. Kröner, Stuttgart 2002, ISBN 3-520-45203-0, S. 285.