Ian Russell McEwan, CH CBE FRSA FRSL (* 21. Juni 1948 in Aldershot, England) ist ein britischer Schriftsteller.
Ian McEwan ist der Sohn eines schottischen Majors (Aldershot ist ein Militärstützpunkt) und wuchs infolge der Versetzungen seines Vaters unter anderem in Singapur und Libyen auf. Er studierte englische und französische Philologie an der University of Sussex in Brighton, wo er mit dem Bachelor of Arts in englischer Literatur abschloss. Während seines anschließenden Studiums zur Erlangung des Master of Arts in englischer Literatur an der University of East Anglia in Norwich besuchte Ian McEwan bei den Romanautoren Malcolm Bradbury und Angus Wilson einen Kurs in kreativem Schreiben. Später unterrichtete er selbst an der University of Sussex. Seit dem Erfolg der Kurzgeschichtensammlung Erste Liebe, letzte Riten (1975) lebt er als freier Schriftsteller. Im Laufe seiner Karriere wurde McEwan mit nahezu allen bedeutenden Preisen für englischsprachige Literatur ausgezeichnet.
Etwa die Hälfte seiner Erzählungen wurden verfilmt, z. B. 2007 Abbitte von dem britischen Regisseur Joe Wright oder 2017 Am Strand, für den er auch das Drehbuch geschrieben hat.
McEwan war in erster Ehe mit der Journalistin, Astrologin und Heilpraktikerin Penny Allen verheiratet. Die Ehe wurde 1995 geschieden. Mit seiner ersten Ehefrau hat er zwei Söhne. In zweiter Ehe ist er mit der Journalistin und Schriftstellerin Annalena McAfee verheiratet und lebt in London.
2002 erfuhr McEwan, dass er einen leiblichen Bruder hat. Er stammt aus einer außerehelichen Affäre seiner Mutter mit ihrem späteren Ehemann, während des Zweiten Weltkrieges, die ihn vor Rückkehr ihres ersten Ehemanns zur Adoption weggab. Nachdem ihr erster Ehemann gefallen war, heiratete die Mutter drei Jahre später ihren vorherigen Liebhaber; Ian wurde sechs Jahre nach seinem Bruder geboren. Erst nach dem Tod von McEwans Mutter verriet deren Schwester das Familiengeheimnis.[1] McEwan ist Atheist.[2]
McEwans frühe Themen waren u. a. Adoleszenz, Sexus und Sadismus. Unter den literarischen Vorbildern des „Chronisten des polymorph Perversen“[3] sind vor allem Sigmund Freud, Franz Kafka und Virginia Woolf zu nennen; auch finden sich literarische Anspielungen auf Arthur Conan Doyle, Charles Dickens und andere.
Zu McEwans Techniken gehört das langsame Gleiten (und Abgleiten) von Assoziationen in Situationen, in denen eigentlich nichts Außergewöhnliches geschieht. Geoff Dyer meint, dass McEwan die Tradition des britischen Romans in kreativer Weise auf die Höhe des 21. Jahrhunderts gebracht habe.[4]
Die Kritikerin Felicitas von Lovenberg begründet die Wirkung der Erzählungen McEwans: Seine Themen seien „Liebe und Trennung, Unschuld und Selbsterkenntnis“, auch einfach das „Verstreichen von Zeit“; dabei kämen seine Sätze „ohne demonstratives Muskelspiel“ aus. Er liebe es, „gewöhnliche Menschen mit ungewöhnlichen Situationen zu konfrontieren, und es gelingt ihm immer wieder bravourös, im Leser die Ahnung von unmittelbar bevorstehenden Katastrophen zu wecken“. In Zementgarten und Abitte beleuchte er die „unheimliche Zone zwischen Kindheit und Erwachsensein“.[5] Auch der Band Ein Kind zur Zeit und die surrealistischen Kurzgeschichten in Der Tagträumer (ursprünglich eine Sammlung von Gute-Nacht-Geschichten für seine Stieftochter) zeigen, wie gut sich McEwan in die Psyche von vorpubertären Kindern und Jugendlichen und ihre Tagträume von Macht und Ohnmacht hineinversetzen kann.
Heute entwickelt McEwan „Figuren, die mit ihren Berufen gesellschaftliche Wirkung entfalten und die mit ihrem Handeln interessante Zeitfragen berühren“ und kombiniert diese Handlungen mit Beziehungskrisen.[6] Auch das Thema politischer Gewalt bezieht er ein (z. B. in dem Roman Amsterdam).
McEwan wurde für den Dokumentarfilm The Root of All Evil? von Richard Dawkins interviewt. Er wird weiterhin im Dokumentarfilm The Unbelievers (2013) von Richard Dawkins gezeigt.