Der Innenstadtring in Leipzig (auch kurz „Ring“ genannt) im Stadtbezirk Mitte ist die Ringstraße um die Leipziger Innenstadt. Er umschließt das nur 0,7 km² große Gebiet[1] der mittelalterlichen Kernstadt ohne die seinerzeitigen Vorstädte.
Der Innenstadtring zeichnet fast vollständig den Verlauf der ehemaligen Stadtbefestigungen nach, die nach dem Siebenjährigen Krieg (1756–1763) geschleift wurden. Markante Eckpunkte innerhalb der Stadtbefestigung waren die Stadttore, deren Bezeichnung sich vom Ring ausgehend als Straßennamen erhalten haben. Bereits seit Beginn des 18. Jahrhunderts fanden Begrünungen der Befestigungswerke mit Alleen statt, welche bis zur Mitte des Jahrhunderts einen teils mehrreihigen Promenadenring[2] bildeten. Der Name übertrug sich auf die späteren gärtnerisch gestalteten Anlagen, welche bis heute innerhalb des Straßenringes die Innenstadt nahezu vollständig umgeben. Der Promenadenring ist der älteste kommunale Landschaftspark Deutschlands[3]
und eines der wichtigsten Garten- und Kulturdenkmale Leipzigs. Der Ausbau zum Verkehrsring erfolgte 1904–1912.[4] Ab 1925 entwickelte Hubert Ritter (1886–1967) das Konzept der Ringcity.
Der insgesamt etwa 3,6 Kilometer lange[5][6] Straßenring ist heute als vier- bis sechsspurige Straße mit durchgehendem Straßenbahngleiskörper angelegt und besteht aus folgenden Abschnitten (im Uhrzeigersinn am Hauptbahnhof beginnend):
der 305 Meter langen Ostseite[9] des Augustusplatzes (nach dem sächsischen König Friedrich August I.; vormals Grimmaischer Thorplatz und zwischenzeitlich Karl-Marx-Platz), die sich von der Hauptfassade der Oper bis zum Europahaus erstreckt
dem sich südlich anschließenden 409 Meter langen Roßplatz (samt der sozialistisch-klassizistischem Ringbebauung) mit Wendung nach Westen. Der nördlich anliegende „Schillerpark“ wurde 1857 von Peter Joseph Lenné gestaltet.
dem 593 Meter langen Martin-Luther-Ring (nach dem Reformator Martin Luther; vormals Obstmarkt, An der Pleiße und Rathausring) im Verlauf von Ost nach West, der sich vor dem Neuen Rathaus in Richtung Norden wendet und sich im Abschnitt Wilhelm-Leuschner-Platz–Nonnenmühlgasse sowie ab der Lotterstraße in eine Haupt- und eine Nebenführung teilt[11]
dem 468 Meter langen und von einer Grünanlage in einen Haupt- und Nebenverlauf[12] geteilten Dittrichring (nach dem Leipziger Oberbürgermeister Rudolf Dittrich; vormals An der Pleiße und Thomasring), der auch die Thomaskirche passiert, der gegenüber die Gottschedstraße einmündet
dem 361 Meter langen östlichen Abschnitt[13] des Goerdelerrings (nach dem Leipziger Oberbürgermeister Carl Friedrich Goerdeler; vormals die eigenständigen Plätze Fleischerplatz und Schulplatz, welche 1945 zum Friedrich-Engels-Platz zusammengefasst wurden), der den Verlauf nach Passieren der „runden Ecke“ in nordöstlicher Richtung fortsetzt – der zwischen Pfaffendorfer Straße und Jacobstraße westlich verlaufende, in den Ranstädter Steinweg übergehende Abschnitt des Goerdelerrings kann wegen der nach dem Zweiten Weltkrieg veränderten Straßenführung nicht mehr dem eigentlichen Innenstadtring zugerechnet werden
und schließlich dem 827 Meter langen,[14] in West-Ost-Richtung verlaufenden Tröndlinring (nach dem Leipziger Oberbürgermeister Carl Bruno Tröndlin; vormals Am Löhrschen Platze) zwischen Pfaffendorfer Straße und Gerberstraße, der dann wieder in den Willy-Brandt-Platz mündet.
Der Innenstadtring hatte 2015, je nach Abschnitt, eine Verkehrsbelastung von 26.000 bis 50.000 Kfz / 24 Stunden.[15] Der Innenstadtring ist im Ringsystem des Leipziger Straßennetzes der innerste Ring (s. Abbildung Ringstraßen in Leipzig). Auf der Abbildung ist als weiterer Ring das Tangentenviereck[16] zu erkennen, dann, farblich hervorgehoben, der (unvollendete) Mittlere Ring und ganz außen die Autobahn.[17] Über den Innenstadtring verlaufen die Bundesstraßen 6 (Willy-Brandt-Platz) und 87 (Tröndlinring). Die Bundesstraße 2 verlief ebenfalls über den Innenstadtring, bevor von der Berliner Brücke im Norden aus die Verbindung über die Rackwitzer Straße, die Ost- und Südseite des Tangentenvierecks befahrbar war. Der Ausbaugrad des Innenstadtrings entspricht dieser großen Verkehrsbelastung (72.800 Kfz / 24 Stunden am Knoten Gerberstraße (Hallesches Tor), 30.700 Kfz / 24 Stunden am Knoten Thomaskirchhof / Gottschedstraße).[18]
Seit 1975 war für den Innenstadtring durch das StVO-Zeichen 275 eine Mindestgeschwindigkeit von 40 km/h angeordnet. Am 17. Februar 2011 wurden von der Straßenverkehrsbehörde der Stadt Leipzig die Anordnung einer Mindestgeschwindigkeit aufgehoben, die Schilder entfernt sowie eine Beschilderung mit dem StVO-Zeichen 254 (Verbot für den Fahrradverkehr) verfügt. Am 22. November 2012 legte ein Kläger Widerspruch gegen das Verbot des Radfahrens auf der Fahrbahn auf bestimmten Abschnitten des Promenadenrings ein. Er obsiegte vor dem Sächsischen Oberverwaltungsgericht.[19] Die Stadt Leipzig setzt das Urteil, begleitet von angeregten Diskussionen in der Öffentlichkeit, abschnittsweise um. Seit 2022 werden schrittweise auf den Abschnitten des Rings grün eingefärbte Radfahrstreifen angelegt.[20]
Die Stadt Leipzig hat zusammen mit anderen Städten aus Polen, Tschechien, Italien und Spanien von 2014 bis 2020 am EU-Projekt DEMO-EC (Development of sustainable Mobility Management in European Cities) teilgenommen.[21] Der Beitrag der Stadt Leipzig war eine Untersuchung über die Erweiterung der autoarmen Innenstadt (Enlargement of car reduced downtown in the inner city of Leipzig). Die Thematik wurde interdisziplinär von der Stadt-, Verkehrs- und Umweltplanung angegangen. Studierende der Bauhaus-Universität Weimar entwickelten im Wintersemester 2018/19 städtebauliche Entwürfe unter dem Motto Den Ring neu erfinden, die dokumentiert sind.[22][23] Dabei gab es einerseits eine Rückbesinnung auf die Vorgeschichte des Rings als grüner Promenadenring, andererseits eine Vorschau auf künftig erwartete Entwicklungen. Der Modal Split in Leipzig verändert sich in Richtung eines stark wachsenden Anteils des Radverkehrs. Es wird eine starke Einwohnerzunahme gerade auch im Stadtbezirk Mitte prognostiziert (2015: 61.977 Einwohner, Prognose für 2030: 82.549 Einwohner), wodurch wiederum mit einer Zunahme der Verkehrsmenge gerechnet werden muss.
↑s. auch Stichwort Promenadenring in: Horst Riedel, Stadtlexikon Leipzig von A bis Z, hrsg. von Pro Leipzig, Leipzig 2005, ISBN 3-936508-03-8, S. 480
↑Kathrin Franz: Der Leipziger Promenadenring - Der erste städtische Landschaftspark Deutschlands. In: Helga Schmidt, Gudrun Mayer und Dorothea Wiktorin sowie Sabine Tzschaschel und Jürgen Blenck (Hrsg.): Der Leipzig Atlas. Hermann-Josel Emons Verlag, 2005, ISBN 3-89705-269-5, S.124f.
↑ abAlle angegebenen Längen beinhalten nur die Abschnitte der jeweiligen Straßen, die als Hauptverkehrsstraßen Bestandteil des Innenstadtrings sind. Sie sind entnommen dem Straßenabschnittsverzeichnis der Stadt Leipzig, Verkehrs- und Tiefbauamt, Stand 1. März 2011 (Bestandsverzeichnis nach § 4 Sächsisches Straßengesetz – SächsStrG – vom 21. Januar 1993).
↑Nach Abzug der im Bestandsverzeichnis mehrfach verzeichneten Straßenlängen bei Parallelfahrbahnen.
↑Einschließlich zwei Parallelfahrbahnen mit Abbiegespuren.
↑Diese Länge beinhaltet nur die Abschnitte Roßplatz–Grimmaischer Steinweg als Einzelfahrbahn (183 Meter) und Grimmaischer Steinweg–Georgiring mit zwei Parallelfahrbahnen (235 Meter).
↑Diese Länge beinhaltet nur den Abschnitt Martin-Luther-Ring–Roßplatz.
↑Die auch zum Martin-Luther-Ring gehörenden Nebenführungen nördlich bzw. östlich der Hauptverkehrsstraße sind nochmals 538 Meter lang.
↑Der auch zum Dittrichring gehörende Nebenverlauf östlich der Hauptverkehrsstraße ist nochmals 565 Meter lang.
↑Diese Länge beinhaltet nur den Abschnitt Dittrichring–Tröndlinring einschließlich einer Abbiegespur.
↑begrenzt durch die Straßen Leutzscher Allee im Norden, Gerichtsweg im Osten, Kurt-Eisner-Straße im Süden, Am Sportforum im Westen
↑siehe dazu auch den Artikel von Edeltraud Höfer, Stephan Rausch, Wolfgang Hesse: Verkehrsausbau für das 21. Jahrhundert. In: Helga Schmidt, Gudrun Mayer und Dorothea Wiktorin sowie Sabine Tzschaschel und Jürgen Blenck (Hrsg.): Der Leipzig Atlas. Hermann-Josel Emons Verlag, 2005, ISBN 3-89705-269-5, S.202f.
↑vgl. Integriertes Verkehrsmodell der Stadt Leipzig, Power-Point-Vortrag