Irina Liebmann (* 23. Juli 1943 in Moskau) ist eine deutsche Schriftstellerin.

Leben

Irina Liebmann wurde als Tochter des emigrierten deutschen Journalisten Rudolf Herrnstadt und seiner Frau Valentina, einer russischen Germanistin aus Sibirien, in Moskau geboren. 1945 kehrte die Familie nach Deutschland zurück und ließ sich in Ost-Berlin nieder, wo ihr Vater sich am Aufbau der Presse der Ostzone beteiligte, bis er 1953 wegen Kritik an der Politik der SED alle Ämter verlor und aus der Partei ausgeschlossen wurde.

Irina Liebmann besuchte Schulen in Berlin, Merseburg und Halle (Saale), die sie 1961 mit dem Abitur verließ. Anschließend studierte sie in Leipzig Sinologie; sie schloss ihr Studium 1966 mit dem Diplom ab. Von 1967 bis 1975 war sie Redakteurin bei der Zeitschrift Deutsche Außenpolitik; ab 1975 schrieb sie, nunmehr als freie Schriftstellerin, zuerst Reportagen für die Ost-Berliner Wochenpost, dabei unter anderem Porträts der Bewohner eines alten Mietshauses im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg. Diese erschienen später unter dem Titel "Berliner Mietshaus" (1982) als Buch und werden seitdem immer wieder aufgelegt. Es folgten Hörspiele und Theaterstücke, von denen nur das Stück "Quatschfresser" aufgeführt wurde.

Auf dem X. Schriftstellerkongress der DDR im November 1987 leistete sie einen Diskussionsbeitrag, in dem sie für ein „Theater der Autoren“ eintrat, das sie mit anderen jungen Dramatikern der DDR aufbauen wollte. Es sollte ein Theater sein, in dem Autoren den Spielplan selber zusammenstellen und die in solchen offenen Debatten unter Kollegen ausgewählten Stücke auch bei einer Inszenierung kritisch begleiten dürfen, oder selbst inszenieren, wenn sie das wünschen. Ein solches Projekt war vom Schriftstellerverband der DDR erst unterstützt, dann aber fallengelassen worden. Das Theater in der DDR kritisierte sie als bürgerliche Einrichtung, die Zuschauer und ihr Leben kämen darin nicht vor.

Eine zunehmende Unzufriedenheit mit den Zuständen in der DDR führte 1988 dazu, dass sie mit ihrer Familie nach West-Berlin übersiedelte.

Beginnend mit dem Roman In Berlin (1994) entwickelte sie seitdem eine nicht fiktionale Prosa, die immer auch lyrisch und dramatisch ist und vor allem in der Gegend um den Hackeschen Markt spielt. So werden in dem Buch In Berlin tiefe, seelische Eindrücke des Lebens im geteilten Berlin und eines Umzugs von Ost- nach Westberlin in Bildern der Stadt beschrieben. Es folgte der Roman Die freien Frauen (2004), und schließlich der Roman Die große Hamburger Straße (2020). Diese drei Romane bilden eine über Jahre gewachsene Trilogie mit gleichem Spielort und gleichen Personen. Die alte Mitte von Berlin erscheint hier in der jeweils veränderten Zeit, aber auch als Ort der Historie und als Lebensort der Autorin und ihrer Freunde. Der Roman Die große Hamburger Straße wurde im Jahr 2020 mit dem Uwe-Johnson-Literaturpreis ausgezeichnet.[1] Auch die meisten Poeme, Gedichte und Hörspiele Liebmanns sind in der alten Mitte Berlins angesiedelt. Irina Liebmanns Interesse galt immer auch Reisebeschreibungen. Zu nennen sind hier Letzten Sommer in Deutschland (1. Aufl. 1997, dann 2005) und Drei Schritte nach Russland (2013). Für die Lebensgeschichte ihres Vaters Wäre es schön, es wäre schön! Mein Vater Rudolf Herrnstadt (2008) wurde sie im Jahr 2008 mit dem Preis der Leipziger Buchmesse ausgezeichnet.

Seit 2014 ist sie Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung.

Auszeichnungen

Werke

Filmografie

Hörspiele

Einzelnachweise

  1. Jens Sparschuh: Jahresringe. Laudatio auf Irina Liebmanns Buch "Die große Hamburger Straße". 9. Oktober 2020, abgerufen am 5. Januar 2022.
  2. Archiv 2008 - Preis der Leipziger Buchmesse. In: www.preis-der-leipziger-buchmesse.de.
  3. Text der Laudatio von Dagmar Leupold, gehalten am 1. März 2015 Digitalisathttp://vorlage_digitalisat.test/1%3Dhttps%3A%2F%2Fwww.irina-liebmann.de%2Fpdf%2FLaudatio-Dagmar-Leupold-Irina-Liebmann-2015.pdf~GB%3D~IA%3D~MDZ%3D%0A~SZ%3D~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D
  4. Irina Liebmann erhält den Uwe-Johnson-Preis 2020. NDR, 20. Juli 2020, abgerufen am 20. Juli 2020.