Hansi (1914)
Thann 1918
Stele in Colmar
Der Zabern-Zwischenfall, gezeichnet von Waltz 1916 (aus L’histoire d’Alsace racontée aux petits enfants)

Jean-Jacques Waltz (* 23. Februar 1873 in Colmar, Deutsches Reich; † 10. Juni 1951 ebenda) war ein elsässischer Grafiker, Zeichner und Heimatforscher. Er wurde besonders unter seinem Künstlernamen Hansi bekannt.

Leben

Jean-Jacques Waltz wurde als jüngstes von vier Kindern des Metzgermeisters Jacques André Waltz und Rosalie Clémence Dunan geboren. Sein Vater wurde im Jahre 1881 städtischer Bibliothekar von Colmar und 1891 Kurator des Unterlinden-Museums. Dadurch weckte er schon früh in seinem Sohn eine Begeisterung für Geschichte und Kunst. Schon während seiner Schulzeit auf dem Gymnasium in seiner elsässischen Heimat wurde Waltz wegen seiner anti-deutschen Haltung oft bestraft. Danach ging er nach Lyon, um sich als technischer Zeichner ausbilden zu lassen. Er kehrte wieder ins Elsass zurück und arbeitete als Designer in Textilfabriken in Cernay und Logelbach.[1] Später wurde er als Zeichner von Postkarten berühmt. Seine Motive verbinden häufig idyllische Dorfszenen mit bissigen deutschfeindlichen Karikaturen. Daher klagten ihn mehrfach die deutschen Sicherheitsbehörden des Reichsland Elsaß-Lothringen an und verurteilten ihn auch. Im Juni 1914 wurde er zu einer 15-monatigen Gefängnisstrafe verurteilt, der er sich entzog, indem er in die Schweiz floh und anschließend nach Frankreich emigrierte, wo er in die Armee eintrat.[2]

Waltz gehörte zu den Förderern des Musée d’Unterlinden in Colmar. Mit seiner L’Histoire d’Alsace racontée aux petits enfants par l’oncle Hansi veröffentlichte er 1912 eine illustrierte Geschichte des Elsass für Kinder, die ebenfalls von einer antideutschen Haltung geprägt ist. Im Ersten Weltkrieg kämpfte er als Freiwilliger auf französischer Seite. Die Staatsangehörigkeit von Elsass-Lothringen wurde ihm 1916 entzogen.[3]

Nach dem Ende des Krieges und der Wiederangliederung Elsass-Lothringens an Frankreich warnte Waltz vor einem seiner Meinung nach rasch wieder erstarkenden kulturellen Einfluss Deutschlands auf das Elsass.[4] Nach der deutschen Invasion im Zweiten Weltkrieg flüchtete er zunächst nach Agen in Südfrankreich. Dort konnten ihn aber Gestapo-Beamte aufspüren, die ihn zusammenschlugen und schließlich für tot hielten. Daraufhin floh er in die Schweiz. 1946 kehrte er nach Colmar zurück.

Im Städtchen Riquewihr wurde ihm zu Ehren ein Museum (Musée Hansi) eingerichtet. An seinem 50. Todestag errichtete seine Heimatstadt Colmar gegenüber seinem letzten Wohnhaus am Boulevard du Champ de Mars ein Denkmal zu Ehren von „Onkel Hansi“.

Rezeption

Manche Zeichnungen zeigen nach Ansicht des Pädagogikwissenschaftlers Gerhard Schneider seine „manchmal alle Maße sprengende Feindschaft“ gegenüber Deutschland.[5] Während unbefangene Betrachter Waltz’ Postkartenmotive zumeist lediglich als harmlose Szenen aus dem Elsass wahrnähmen, weist Gerhard Schneider in vielen Motiven auf die Spuren einer tiefen Abneigung gegenüber den Deutschen hin, die sich jedoch nur bei näherer Betrachtung und unter Anleitung eines Experten erkennen ließen.

Der Straßburger Historiker Georges Bischoff lobt demgegenüber die Zeichenkunst von Waltz als eine „Kunst des Spottes und als Genie der Frechheit“. In seinen Zeichnungen käme ein „Lachen der Schwachen gegen die illegitimen Mächtigen“ zur Geltung.[6] Insbesondere beim Bildroman Professor Knatschke wäre Waltz „bissig, ohne wirklich böse“ zu sein (féroce sans être vraiment méchant).

Der Zeichner und Illustrator Tomi Ungerer betrachtete Waltz als künstlerisches Vorbild,[7] kritisierte jedoch seinen Fanatismus, wenn er die Kinder benutzte: „Ich bin in der antideutschen Welt von Onkel Hansi aufgewachsen, bis mir klar wurde, dass er ein Schwein war, das den Kindern Hass beibrachte“ (« J’ai été élevé dans le monde antigermanique de l’Oncle Hansi, jusqu’à ce que je me rende compte que c’était un salaud qui enseignait la haine aux enfants »).[8]

Waltz prägte die Vorstellung der Franzosen, die Störche kämen aus dem Elsass.[9]

Werke (Auszug)

Literatur

Hansis Zeichnungen
Allgemein

Einzelnachweise

  1. Gilles Pudlowski: L'Alsace des Écrivains. Éditions Alexandrines, Paris 2016, ISBN 978-2-37089-025-2, S. 172.
  2. Siehe Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 22. Mai 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.deuframat.de
  3. Gemäß Elsässer Kurier Nr. 179 vom 13. September 1916, siehe Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 22. Mai 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.deuframat.de
  4. Gerhard Schneider: „Pack den Schwab am Kragen“ (Memento vom 10. August 2007 im Internet Archive) unter: Fachbereich Geografie, Uni Marburg (archiviert)
  5. Gerhard Schneider: Wurzeln des Hasses (Memento vom 10. August 2007 im Internet Archive) unter: Fachbereich Geografie, Uni Marburg (archiviert)
  6. Georges Bischoff: Klappentext (Rückseite des Einbands) des wieder aufgelegten Bildromans Professor Knatschké von 2003 bei La Nuée Bleue
  7. Tomi Ungerer und seine Meister, Musées de la ville de Strasbourg
  8. RoM: Hansi de Colmar. Abgerufen am 6. Januar 2022 (französisch).
  9. Arte Karambolage, 20. November 2016, 19:35 Uhr, 10 min., abgerufen am 22. November 2016
  10. bex: „Das Elsass, wie es einstmals war“, Badische Zeitung, 26. November 2009