John Polkinghorne (2007)

John Charlton Polkinghorne, KBE (* 16. Oktober 1930 in Weston-super-Mare; † 9. März 2021 in Cambridge[1]) war ein britischer theoretischer Teilchenphysiker und anglikanischer Theologe.

Leben

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Polkinghorne ging in der Nähe von Cambridge zur Schule und studierte an der Universität Cambridge, wo er 1952 Senior Wrangler in den Tripos-Prüfungen war. Er besuchte Vorlesungen in Mechanik beim Mathematiker Paul Dirac (1902–1984), 1954 wurde er Fellow des Trinity College und 1955 wurde er promoviert beim Elementarphysiker Abdus Salam (1926–1996). Im selben Jahr ging er mit einem Stipendium an das Caltech in Pasadena. 1956 war er Dozent für mathematische Physik in Edinburgh, ab 1958 Dozent für Angewandte Mathematik in Cambridge. Seit 1964 Reader und seit 1968 Professor für mathematische Physik in Cambridge, wurde er 1974 zum Fellow der Royal Society gewählt. Zwischen 1965 und 1968 besuchte Polkinghorne Princeton, Berkeley und Stanford in den USA sowie das CERN bei Genf in der Schweiz, wo er für kurze Zeit auch mitarbeitete.[2]

Schon 1975 war er Vorleser (englisch: Licensed Reader) der Diözese von Ely. Nach der Niederlegung seiner Professur 1979 und einer theologischen Ausbildung am Westcott House in Cambridge wurde er 1982 zum Priester der Anglikanischen Kirche ordiniert. Er diente als Pfarrer in St Andrew’s in Chesterton, St Michael und All Angels in Windmill Hill bei Bristol, St Cosmas und St Damian in Blean bei Canterbury. Er war ab 1994 Canon Theologician der Kathedrale von Liverpool und ab seiner Pensionierung 1996 Six Preacher der Kathedrale von Canterbury.

1986 bis 1989 war er Fellow, Dean und Kaplan des Trinity Hall College in Cambridge und wurde Präsident des Queens’ College. 1989 wurde er Mitglied der Dogmenkommission und gleichzeitig 1988/89 Vorsitzender eines Komitees über Forschung mit Embryonen (Polkinghorne Report) und ab 2000 Mitglied der Humangenetik-Kommission der britischen Regierung. Außerdem war er Mitglied der Ethikkommission der British Medical Association. 1990 bis 2000 war er Mitglied der Generalsynode der anglikanischen Kirche. 1997 wurde er geadelt (KBE). Er wurde durch zahlreiche Publikationen zum Dialog von Naturwissenschaften und Theologie bekannt. Für sein Bemühen um die Verknüpfung von Theologie und Naturwissenschaft wurde er 2002 mit dem hochdotierten Templeton-Preis ausgezeichnet.[3]

Polkinghorne starb am 9. März 2021 im Alter von gut 90 Jahren.

Privates

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Polkinghorne war seit 1955 mit der Mathematikerin Ruth Martin verheiratet, sie hatten zusammen drei Kinder.[4][5]

Forschung und Lehre

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Als Physiker arbeitete Polkinghorne vor allem an theoretischen Modellen für Hochenergie-Streuprozesse, die ab Ende der 1960er Jahre und in den 1970er Jahren zu Bestätigungen des Quarkmodells und der Quantenchromodynamik geführt haben. Er hat darüber zwei Lehrbücher veröffentlicht, wovon eines ein Standardwerk für die in den 1960er Jahren sehr populäre S-Matrix-Theorie ist.

Als Theologe mit physikalischem Hintergrund beeindruckte ihn vor allem die formale mathematische Schönheit der Quantenmechanik und Relativitätstheorie, insbesondere die – in den Worten von Eugene Wignerunerklärbare Effektivität der Mathematik in den Naturwissenschaften (englisch: unreasonable effectiveness of mathematics in the natural sciences). Er sah darin das Wirken einer höheren, ordnenden Macht. Einen weiteren Hinweis darauf sah er in den speziellen Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit überhaupt intelligentes Leben im Universum entstehen kann, was als Feinabstimmung der Naturkonstanten und als anthropisches Prinzip bezeichnet wird. Im Zeitalter der Naturwissenschaften an Gott zu glauben, bedeutete für ihn, die Gewissheit zu haben, dass hinter der Geschichte des Universums ein Gedanke und eine Absicht stehen. Dieser eine, verborgene und zugleich gegenwärtige Gott sei anbetungswürdig und Grund unserer Hoffnung.[6]

Schriften

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Polkinghorne verfasste 5 Schriften zur Physik und 26 Bücher zum Verhältnis von Naturwissenschaft und Theologie.[7]

Physik:

Physik, populär:

Theologie, erschienen oft bei SPCK, der Society for Promoting Christian Knowledge:

Literatur

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Einzelnachweise

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  1. John Polkinghorne, RIP. auf der Homepage des St Edmund’s College (englisch, Nachruf).
  2. J. J. O’Connor, E. F. Robertson: John Charlton Polkinghorne. MacTutor History of Mathematics archive, Juli 2008, abgerufen am 25. Juli 2019.
  3. In Memoriam: John C. Polkinghorne (1930-2021), Website templeton.org, 12. März 2021
  4. John Polkinghorne, Fellow of Queens' College, Cambridge and Canon Theologian of Liverpool, Website giffordlectures.org
  5. Obituary: The Revd Professor John Polkinghorne, Website curchtimes.co.uk, 26. März 2021
  6. Einführung zu Polkinghorne, Website theologie-naturwissenschaften.de
  7. Biography John Polkinghorne, Anglican Priest, Physicist, Website closertotruth.com
Personendaten
NAME Polkinghorne, John
ALTERNATIVNAMEN Polkinghorne, John Charlton; Polkinghorne, John C.; Polkinghorne, J. C.
KURZBESCHREIBUNG britischer Physiker und anglikanischer Theologe
GEBURTSDATUM 16. Oktober 1930
GEBURTSORT Weston-super-Mare
STERBEDATUM 9. März 2021
STERBEORT Cambridge