Die Kategorientheorie oder die kategorielle Algebra ist ein Zweig der Mathematik, der Anfang der 1940er Jahre zuerst im Rahmen der Topologie entwickelt wurde; Saunders MacLane nennt seine 1945 in Zusammenarbeit mit Samuel Eilenberg entstandene „General Theory of Natural Equivalences“ (in Trans. Amer. Math. Soc. 58, 1945) die erste explizit kategorientheoretische Arbeit. Die Grundbegriffe dieser Theorie sind Kategorie, Funktor und natürliche Transformation. Um den letzteren Begriff zu präzisieren, wurden die ersten beiden ursprünglich eingeführt.

Die Kategorientheorie lässt sich, ähnlich wie die universelle Algebra, als allgemeine Theorie mathematischer Strukturen auffassen (klassische Strukturen sind z. B. Gruppen, Ringe, Moduln und topologische Räume). Dabei werden Eigenschaften mathematischer Strukturen allerdings nicht über Relationen zwischen Elementen der Trägermenge(n) definiert, sondern mittels Morphismen und Funktoren quasi über Vergleiche sowohl innerhalb von als auch zwischen Kategorien.

Bedeutung

Diese Art der Abstraktion führt nicht nur zu einer Klärung grundlegender, theorieübergreifender Begriffe, sie ermöglicht es auch, erfolgreiche Methoden und Konzepte einer speziellen mathematischen Theorie auf andere Bereiche und Objektklassen zu übertragen.
Ein illustratives Beispiel liefert die Geschichte der homologischen Algebra, deren Methoden zuerst auf abelsche Gruppen beschränkt waren, dann auf Moduln über Ringen verallgemeinert wurden und schließlich, als Theorie der abelschen Kategorien, auf abelsche Garben übertragen wurden.

Die Kategorientheorie ist ebenso für Grundlagenfragen relevant. So bilden Topoi, kategorientheoretische Extrakte der Kategorie der Mengen, in der wichtige Eigenschaften von Mengen rein pfeiltheoretisch (d. h. über Morphismen) formuliert werden, eine Alternative zum axiomatischen mengentheoretischen Aufbau der Mathematik. Darüber hinaus spielt die Kategorientheorie in der Logik, der Theoretischen Informatik (Semantik von Programmiersprachen, Bereichstheorie, Graphgrammatiken) und der mathematischen Physik (topologische Quantenfeldtheorie) eine Rolle.

Aufgrund ihres hohen Grades an Abstraktion wird die Kategorientheorie gelegentlich – selbst von den Mathematikern, die sie entwickelten – als allgemeiner Unsinn bezeichnet.[1][2]

Definitionen

Kategorie

Eine Kategorie besteht aus folgendem:

die im offensichtlichen Sinne assoziativ sind:
sofern und .
(Gelegentlich wird das weggelassen und als angeschrieben.)

Die Klasse aller Morphismen wird auch mit oder bezeichnet (von englisch arrow, französisch flèche, deutsch Pfeil).

Unterkategorie

Eine Unterkategorie einer Kategorie ist eine Kategorie , so dass eine Teilklasse von ist und für je zwei Objekte und in die Morphismenmenge Teilmenge von ist. Sind die Morphismenmengen von gleich denen von , ist eine volle Unterkategorie. Eine volle Unterkategorie ist schon durch die Angabe der Objekte bestimmt.

Duale Kategorie

Die duale Kategorie zu einer Kategorie ist die Kategorie mit und

.

Die Verknüpfungsabbildungen und Identitätsmorphismen sind dieselben wie in . Anschaulich gesagt, zeigen in alle Pfeile in die andere Richtung. Die Kategorie ist gleich .

Produktkategorie

Die Produktkategorie zu zwei Kategorien und ist die Kategorie, deren Objekte genau die Paare mit und sind und deren Morphismen gegeben sind durch

.

Die Verknüpfung von Morphismen geschieht komponentenweise, d. h. , und es ist .

Funktor

Ein (kovarianter) Funktor ist eine strukturverträgliche Abbildung zwischen Kategorien. Ein Funktor von einer Kategorie in eine Kategorie besteht aus den folgenden Daten:

Die Abbildungen zwischen den Morphismenmengen müssen folgende Eigenschaften haben:

Ein kontravarianter Funktor (oder Kofunktor) von nach ist ein Funktor . Äquivalent dazu ist die Beschreibung wie oben, mit den folgenden Unterschieden:

Ein Funktor von einer Kategorie in sie selbst heißt Endofunktor.

Sind Kategorien und sowie ko- oder kontravariante Funktoren, so ist die Verkettung (auch geschrieben), die formal durch

für Objekte und Morphismen definiert ist, ein Funktor . ist genau dann kovariant, wenn und beide ko- oder beide kontravariant sind, andernfalls kontravariant.

Natürliche Transformation

Natürliche Transformationen sind eine Art Abbildung zwischen „parallelen“ Funktoren. Es wird von Funktoren und ausgegangen, die beide von derselben Kategorie in dieselbe Kategorie gehen. Eine natürliche Transformation von nach enthält für jedes Objekt von einen Morphismus , genannt Komponente von bei . Dabei muss für jeden Morphismus zwischen Objekten von das folgende Diagramm kommutieren:

Als Formel bedeutet das: .

Natürlich äquivalent sind zwei Funktoren und von nach , wenn es natürliche Transformationen und gibt, so dass und jeweils die Identität sind. Anders formuliert: Natürliche Äquivalenz ist der Isomorphiebegriff in der Funktorkategorie. Eine natürliche Transformation ist eine natürliche Äquivalenz genau dann, wenn jede Komponente ein Isomorphismus ist, man nennt daher auch einen natürlichen Isomorphismus.

Äquivalenz von Kategorien: Ein Funktor heißt eine Äquivalenz von Kategorien, wenn es einen Funktor gibt, so dass und jeweils natürlich äquivalent zur Identität von bzw. sind. Man kann zeigen, dass Äquivalenzen von Kategorien genau die volltreuen, wesentlich surjektiven Funktoren sind.

Beispiele

Kategorien

Hinweis: Die Bezeichnungen für spezielle Kategorien sind in der Literatur extrem uneinheitlich. Oft wird eine Beschreibung der Kategorie in runde oder geschweifte Klammern gesetzt, z. B. (Gruppen), oder unterstrichen.

  • Ist hierbei leer, ergibt sich eine Kategorie ganz ohne Objekte und Morphismen. Sie wird mit bezeichnet und heißt die initiale oder leere Kategorie. Die Benennung rührt daher, dass initiales Objekt in Cat ist.
  • Ist dagegen einelementig, ergibt sich eine Kategorie , die aus genau einem Objekt und dessen Identitätsmorphismus besteht. Sie wird finale oder terminale Kategorie genannt, was dadurch motiviert ist, dass finales Objekt in Cat ist.

Die meisten der oben genannten Beispiele sind so geartet (oder lassen sich leicht dahingehend anpassen), dass die Objekte Mengen zusammen mit einer Zusatzstruktur sind, die Morphismen Abbildungen, die mit dieser Struktur verträglich sind, und die Verknüpfung von Morphismen die Hintereinanderausführung von Abbildungen ist. Man spricht in diesem Fall von einer konkreten Kategorie. Es ist jedoch nicht jede Kategorie konkret oder auch nur äquivalent zu einer konkreten Kategorie (d. h. konkretisierbar). Nicht konkretisierbar sind beispielsweise (ohne Beweis):

Funktoren

Meist gibt man für Funktoren nur die Zuordnung der Objekte an, wenn die Abbildungen auf den Morphismenmengen daraus leicht zu ersehen sind.

ein (kovarianter) Funktor . Der Funktor
ist kontravariant. Hierzu siehe auch Hom-Funktor.
wie folgt definiert:
  • Für ein Objekt ist der Dualraum von
  • Für eine lineare Abbildung ist
Man überprüft leicht, dass und gilt.

Natürliche Transformationen

eines Vektorraumes in seinen Bidualraum bilden eine natürliche Transformation
Auf der vollen Unterkategorie der endlichdimensionalen Vektorräume ist eine natürliche Äquivalenz.

Yoneda-Lemma und universelle Konstruktionen

Universelle Konstruktionen übertragen einfache Begriffe aus der Kategorie der Mengen auf beliebige Kategorien.

Das Yoneda-Lemma

Es sei eine Kategorie. Der Funktor

der einem Objekt den Funktor

zuordnet, ist volltreu. Allgemeiner gilt für Objekte von und von :

;

einer natürlichen Transformation wird dabei zugeordnet (man beachte ).

Strukturtransfer

Das Yoneda-Lemma erlaubt es, Begriffe, die aus der Kategorie der Mengen geläufig sind, auf beliebige Kategorien zu übertragen. Beispielsweise kann man ein Produkt von Objekten definieren als ein Objekt , für das objektweise das kartesische Produkt der ist, d. h., dass

gilt; dabei meint eine natürliche Äquivalenz von Funktoren in . Diese Äquivalenz liefert für als Entsprechung von auch Morphismen . Das Yoneda-Lemma zeigt dann, dass bis auf kanonische Isomorphie eindeutig bestimmt ist: sind und via natürlich äquivalente Funktoren, so sind und via isomorph.

„Universell“ ist dieses kategorielle Produkt in dem folgenden Sinn: wann immer man Abbildungen gegeben hat, kommen diese von den universellen Abbildungen her, d. h. es gibt eine Abbildung , so dass gilt.

Außerdem kann man zu jeder derart gewonnenen Konstruktion die duale Konstruktion bilden (meist durch eine Vorsilbe „Ko“ gekennzeichnet), indem man zur dualen Kategorie übergeht. Beispielsweise ist das Koprodukt von Objekten in einer Kategorie dasselbe wie das Produkt derselben Objekte in der dualen Kategorie .

Entsprechend können auch Eigenschaften von Mengenabbildungen auf beliebige Kategorien übertragen werden: beispielsweise ist ein Morphismus ein Monomorphismus, wenn objektweise injektiv ist.

Spezielle universelle Konstruktionen bzw. Begriffe

Siehe auch

Literatur

Einführungen:

Klassische Lehrbücher:

Ein Nachschlagewerk:

Ein Sammelband:

Einzelnachweise

  1. Serge Lang: Algebra. Springer, 2002, ISBN 0-387-95385-X, S. 759.
  2. Theodor Bröcker: Lineare Algebra und Analytische Geometrie. Springer, 2004, ISBN 3-0348-8962-3, S. 212.
  3. Bodo Pareigis: Kategorien und Funktoren. Teubner, Stuttgart 1969, ISBN 3-663-12190-9, S. 8, doi:10.1007/978-3-663-12190-9.