KC 85/3

HC 900, KC 85/2, KC 85/3 und KC 85/4 sind untereinander kompatible Heimcomputer, die vom VEB Mikroelektronik „Wilhelm Pieck“ Mühlhausen in der DDR von 1984 bis 1988 hergestellt wurden. Sie basieren auf dem Mikroprozessor U880, der ebenfalls aus der DDR stammte. Mit dem „Heimcomputer 900“ zunächst nur für den Hobby- und Privatbereich konzipiert und produziert, fanden die Geräte wegen planwirtschaftlicher Vorgaben ab 1985 vor allem im DDR-Bildungssystem – dann aber als „Kleincomputer“ mit der Abkürzung „KC“ – in unterschiedlichen Revisionen Verwendung.

Geschichte

Im Jahr 1984 wurden in der DDR zwei Heimcomputer auf Basis des 8-Bit-Mikroprozessors U880 (Z80) vorgestellt:

Die 1985 erfolgten Umbenennungen von Z 9001 in KC 85/1 sowie von HC 900 in KC 85/2 erfolgte aufgrund der Änderung des Anwendungszwecks, denn die KCs sollten nicht als Heimcomputer eingesetzt werden, sondern als Kleincomputer in Schulen und anderen Ausbildungseinrichtungen.

Hardware

Grundgerät

KC 85/4

Die Systemarchitektur des HC 900 war alles andere als perfekt: Die mit Zählerschaltkreisen realisierte Bildschirmansteuerung war mühsam zu programmieren. Wesentliche Systemfunktionen wurden mit PIOs (z. B. Bankswitching) und CTCs (Kassetteninterface, Blinken, Tonausgabe) realisiert. Die Tonerzeugung etwa erfolgte durch zwei CTC-Kanäle mit nachgeschaltetem Flipflop. Extras wie Blitter oder Sprites fehlten ganz. Das Betriebssystem CAOS (Cassette Aided Operating System) und HC-BASIC waren zwar recht komfortabel, aber langsam. Mit dem Mühlhäuser Originalbetriebssystem dauerte das Scrolling des Bildschirms 0,6 Sekunden und das Löschen des Bildschirms 1,75 Sekunden. Dies verbesserte sich mit dem KC 85/4 deutlich. Die KC 85/2-4 realisierten über Zusatzmodule einige Standard-Schnittstellen wie Centronics für Parallel-Drucker, und serielle Schnittstellen (wie RS232C bzw. V.24). Ab 1989 gab es für die Baureihe Floppy-Disc-Laufwerke als Zusatzgerät, das einen eigenen CP/M-Rechner darstellte und das Basisgerät als Terminal nutzte.

HC 900 und KC 85/2

Er basierte auf der 8-bit-CPU U880 (einem Zilog Z80-Klon) mit 1,75 MHz (HC 900 = KC 85/2, KC 85/3) bzw. 1,7734475 MHz (KC 85/4) Prozessortakt. Der typische Anwendungsfall der Mühlhausen-Rechner war ein KC 85/3 mit 32 KB RAM (erweiterbar mit Zusatzmodulen), 16 KB ROM-BASIC, angeschlossenem Kassettenrekorder zur Datenspeicherung und Anschluss an einen als Monitor benutzten Fernseher (über UHF-Modulator, FBAS-Ausgang oder RGB-Ausgang). Dem KC 85/2, er hatte nur 4 KB ROM, fehlten das ROM-BASIC und die Kleinbuchstaben. Der KC 85/4 kam mit 128 KB RAM und verbesserten Grafikmöglichkeiten, die aber durch den Zusammenbruch der DDR kaum noch ausgenutzt wurden. Alle KC 85 aus Mühlhausen waren grafikfähig; die Bildschirmauflösung betrug 320 × 256 Bildpunkte. Allerdings war die „Farbauflösung“ wesentlich geringer: In einem Pixelrechteck von 4 × 8 Pixeln konnte es nur eine Vordergrundfarbe (aus 16 möglichen) und eine Hintergrundfarbe (aus 8 möglichen) geben. Diese Einschränkung verringerte sich beim KC 85/4 auf eine Linie aus 1 × 8 Pixeln, und zusätzlich konnte ein „echter“ Farbmodus mit 4 Farben und ohne Begrenzung eingeschaltet werden. Erst beim KC 85/4 entfiel die störende Eigenheit der Mühlhäuser KC-Reihe, dass Speicherzugriffe der CPU auf den Bildschirmspeicher Bildstörungen verursachten.

An der Universität Leipzig sammeln Gaststudenten erste Erfahrungen am KC 85/3 (1989)

KC 85/3

Die Erweiterung des KC 85/3 waren:

KC 85/4

CAOS 4.2 beim KC 85/4

Die wesentlichen Erweiterungen des KC 85/4 waren:

Die größte Umstellung war die Erweiterung (mit einer zum KC 85/2 und KC 85/3 inkompatiblen Organisation) des Bildschirmspeichers:

Daten der KC-85-Reihe
Eigenschaft KC 85/2 bzw. HC-900 KC 85/3 KC 85/4
Abmessungen 385 mm × 270 mm × 77 mm
Masse ca. 4,1 kg
Leistungsaufnahme ca. 25 W (ohne Erweiterungen)
CPU UB 880 D (Zilog Z80 Clone)
Taktfrequenz 1,75 MHz (112 × PAL-Zeilenfrequenz) 1,75 MHz (112 × PAL-Zeilenfrequenz) 1,7734475 MHz (0,4 × PAL-Farbträgerfrequenz)
RAM-Schaltkreise 16× KR 565 RU 3 G
ROM-Schaltkreise 2× U 2716 C 2× U 2364 D
RAM 32 KB 64 KB
ROM 4 KB 16 KB 20 KB
für Anwender freier RAM ca. 17 KB ca. 64 KB
Bildwiederholspeicher 10 KB Pixel + 2,5 KB Farbe (zusätzlich 1,25 KB für Hinterlegung der dargestellten Zeichen) = 13,75 KB 2 × (10 KB Pixel + 10 KB Farbe (zusätzlich 1,25 KB für Hinterlegung der dargestellten Zeichen)) = 42,5 KB
Betriebssystem HC-CAOS V2.2 (3,5 KB + 0,5 KB Zeichentabelle) HC-CAOS V3.1 (4,5 KB + 1 KB Zeichentabelle + 10,5 KB BASIC-Interpreter) HC-CAOS V4.1
Bildaufbau vollgrafisch, farbig
Bildgröße 320 × 256 Pixel
Zeichendarstellung je 8 × 8 Pixel, 32 Zeilen (typ. 30 davon genutzt), 40 Spalten
Vordergrundfarben 16 (inkl. schwarz / weiß), zusätzliches Blinken möglich, Frequenz programmierbar
Hintergrundfarben 8 (inkl. schwarz / weiß)
Zeichenbildtabellen 1 (Großbuchstaben) 2 (Groß- und Kleinbuchstaben)
im ROM enthaltene darstellbare Zeichen 64 128 128
definierbare Zeichen beliebig viele
Zeichengenerator durch Software
Bildschirmeinteilung durch Fenster (windows)
gleichzeitig definierbare Fenster 1 10 10
Programmiersprache im ROM keine BASIC (10,5 KB) BASIC
verfügbare Programmiersprachen BASIC, FORTH, Assembler (EDAS + 2 Debugger), Standard-Pascal-Compiler (Stand 1989)
Anzahl BASIC-Schlüsselworte 94 (Stand 1989) 107 (Stand 1989)
davon mathematische Funktionen 10 (Stand 1989) 10 (Stand 1989)
davon Zeichenketten-Funktionen 10 (Stand 1989) 10 (Stand 1989)
mathematische Operatoren 14 (Stand 1989) 14 (Stand 1989)
verfügbare CAOS-Unterprogramme 54 70 72
Tonausgabekanäle 2
Tonumfang
  • 5 Oktaven ( max. Samplerate = (CPU-Takt in Hz) / (16 oder 256) / (1 bis 256) )
  • programmierbar über U857 (Z80-CTC)[1]
Tonausgang
  • Diodenbuchse zweikanalig, konstanter Pegel
  • RGB-Ausgang einkanalig, Lautstärkeregelung
Tonausgabe im Gerät keine Piezosummer
Bildausgabe Farb- oder SW-Fernseher bzw. Farb- oder SW-Monitor
Anschlüsse für Bildausgabe HF-Modulator (VHF-Kanal 2) ohne Ton, FBAS, RGB HF-Modulator (UHF-Kanal ~36) ohne Ton, FBAS, RGB
Fernsehnorm PAL
Tastenclick einstellbar
Anzeige 2. Tastaturebene durch Cursor
Modulsteckplätze 2
externe Anschlüsse
  • Expansion-Interface (Computerbus)
  • Diodenbuchse für Rekorder
  • RGB und FBAS
  • Tastaturbuchse
Datenaufzeichnung auf Band Diphase-Verfahren, kompatibel zu KC 85/1 und KC 87
Aufzeichnungsgeschwindigkeit
  • brutto etwa 1200 Baud
  • netto etwa 1.000 Baud
Blocknummer 1 Byte Blocknummer (Z80-Programme: beginnend ab 00h, letzter Block 0FFh, BASIC-Programme: beginnend ab 01h, letzter Block durch Zeilennummer 65535 gekennzeichnet).
Blocklänge immer 128 Byte Daten, letzter Block mit Füllbytes aufgefüllt
Datensicherung Prüfsumme 1 Byte je Block (Summe aller Datenbytes exklusive der Blocknummer)
Datensynchronisation durch Trennzeichen
Übertragungsfrequenzen
  • logisch 0: Vollschwingung 2400 Hz
  • logisch 1: Vollschwingung 1200 Hz
  • Trennzeichen: Vollschwingung 600 Hz
Byte-Aufbau: 1 Trennzeichen (600 Hz), 8 Nutzbits (1200 oder 2400 Hz)
Block-Aufbau: 160 Trennzeichen (600 Hz), Block-Byte, 128 Nutz-Bytes, Prüfbyte

Erweiterungsmodule

Es gab eine Vielzahl von Erweiterungsmodulen für die KC 85/2-4.

Erkennen konnte man die Module durch Lesen vom I/O-Port xx80, wobei xx für die Nummer des Modulsteckplatzes steht. Im Basis-Gerät D001 standen die Modulsteckplätze 08 und 0C zur Verfügung. In Erweiterungsaufsätzen D002 standen vier weitere Steckplätze zur Verfügung (10, 14, 18 und 1C, umschaltbar auch auf andere Adressen).

Durch Lesen vom Port xx80 erhielt man die „Strukturbyte“ genannte Modul-Kennung:

Damit war ein gewisses Maß von Plug and Play realisierbar.

Durch Schreiben auf diese Adresse konnte man Module aktivieren und konfigurieren:

Aufsätze

Monitore

Als Monitor kam häufig das Schwarz-Weiß-Fernsehgerät Junost-402B zum Einsatz. Das Gerät verfügte nur über einen Antenneneingang. Die Bildqualität war sehr mäßig, Buchstaben waren mit störenden Geisterbildern versehen. Der HF-Ausgang lieferte keinen Ton und keinen Tonträger; der Lautstärkesteller am Fernsehgerät musste auf Linksanschlag gestellt werden, um das kräftige Rauschen zu unterdrücken.

Über einen Steckverbinder an der Rückseite waren weitere Signale verfügbar:

Sie erlaubten den Anschluss von Fernsehgeräten mit FBAS-Eingang (was eine mittlere Qualität ermöglichte) oder mit RGB-Eingang. Da die meisten Fernsehgeräte solche Eingänge aber nicht besaßen, musste man

Massenspeicher

KC 85/3 mit Dokumentationen, Software-Cassetten und Peripherie-Geräten u. a. dem GC6020 als Massenspeicher

Als Massenspeicher kamen im Wesentlichen Kassettenrekorder, insbesondere im VEB Elektronik Gera hergestellte Kassettenrekorder der Marke Geracord GC 6000, GC 6010 oder GC 6020 zum Einsatz. Wichtig war vor allem die einfache Erreichbarkeit der Azimut-Justierschraube.

Obwohl die Aufzeichnungsfrequenzen mit 600 Hz bis 2.400 Hz recht niedrig waren (man kann das Signal per Telefon übertragen), so war die Azimutjustierung verschiedener Geräte häufig recht unterschiedlich. Ein weiteres Problem war die Drop-out-Rate von Kassetten aus dem VEB ORWO Wolfen.

Es gab einige Ansätze, dies zu beschleunigen:

Software

Die erste Softwarebibliothek wurde 1989 in Dresden eröffnet

Programmiersprachen

Die KC 85/2-4 konnte in Maschinensprache und (vor dem KC 85/3 nur mit einem Zusatzmodul oder RAM-BASIC von Kassette) auch mit einem BASIC-Dialekt programmiert werden, der deutlich reichhaltiger war als etwa das BASIC im C64. Im Gegensatz zu den meisten Heimcomputern startete das System immer mit dem Betriebssystem CAOS (eher ein besserer Monitor); BASIC musste aus diesem Monitor explizit aufgerufen werden, sofern es überhaupt im ROM vorhanden war. Die Monitorkommandos konnten durch Assemblerprogrammierer sehr einfach erweitert werden.

Weitere, aber wenig verbreitete Programmiersprachen für die Kleincomputer waren Pascal und Forth. In den letzten Jahren der DDR wurde ein Diskettenaufsatz für diese Rechner gebaut. Damit konnte dann auch CP/M (Mühlhausens Name dafür: „MicroDOS“) und Software dafür benutzt werden.

Auch für die KC 85/2-4 gab es die Programmiersprache BASICODE. Sie ist ein für eine Reihe von Computern kompatibler BASIC-Dialekt, wobei Programme für BASICODE auch im Rundfunk übertragen wurden.

Textverarbeitung

Es standen im Wesentlichen zwei Textverarbeitungsprogramme zur Verfügung

Spiele

Im Wesentlichen gab es zwei Kategorien von Spielen:

Hobbyprojekte rund um die KC 85/2-4

KC 85/4 Turm mit Festplatte

Beliebte Eigenbauprojekte waren/sind:

Das CAOS-Betriebssystem erfährt regelmäßig Weiterentwicklung. Auch gibt es für das mit der Diskettenerweiterung gelieferte CP/M neu entwickelte Versionen.[5] An einer grafischen Bedienoberfläche wird gearbeitet. Außerdem gab es Modellversuche, industrielle Steueraufgaben (Speicherprogrammierbare Steuerung, SPS) für Lehrzwecke mit den Kleincomputern zu realisieren. Auf der Breakpoint 2009 wurde der KC 85/4 für eine Demo benutzt.[6]

KC 85/5

Die Leiterplatte des KC 85/4 war zum Fertigungszeitpunkt bereits für die Nutzung leistungsfähigerer Speichertypen vorbereitet. Der Einsatz dieser Speicher wurde aber bis zur Einstellung der Serie vom Hersteller nicht mehr realisiert. Die verbauten 64 Kbit-DRAMs können somit aber leicht gegen 256 Kbit-Typen ausgetauscht werden. Auch die CAOS- und BASIC-ROMs können durch größere Typen mit weiterentwickelten Programmversionen ersetzt werden, ohne dass an der Originalhardware weitere Änderungen notwendig sind. Ein so aufgerüsteter KC 85/4 wird gemeinhin als KC 85/5 bezeichnet.[7]

Verschiedenes

Hauptplatine des KC 85/2
Hauptplatine des KC 85/3

Weitere Kleincomputer aus der DDR

Literatur

Einzelnachweise

  1. Z80-CTC (in der DDR U857)
  2. GIDE
  3. KC85 Recorder (Kassetten-Recorder-Ersatz)
  4. KCVGA (Memento des Originals vom 4. März 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/thoralt.de
  5. Artikel zu MLDOS
  6. Waypoint X by Moods Plateau
  7. Systemhandbuch KC 85/5 mit CAOS 4.4