Das Lektionar (lateinisch [liber] lectionárius, auch lectionárium, „Lesungsbuch“, von léctio, „Lesung“) ist ein liturgisches Buch, das die biblischen Lesungen im Ablauf des Kirchenjahres zum Vortrag beim Gottesdienst enthält. Ursprünglich wurde direkt aus der Bibel gelesen; erst ab dem 5. Jahrhundert sammelte man dann die Perikopen, die entsprechend dem Kirchenjahr angeordnet wurden, in eigens dafür vorgesehenen Büchern. In griechischer Sprache sind mehr als 2400 als „Lektionar“ (ἐκλογάδιον eklogádion) zu bezeichnende Handschriften erhalten.[1]

Römisch-katholische Kirche

Das deutschsprachige Messlektionar (Titel: Die Feier der Heiligen Messe – Lektionar) der römisch-katholischen Kirche enthält die alttestamentlichen und alle neutestamentlichen Perikopen (einschließlich der Evangelien) sowie die „Zwischengesänge“ für die Feier der heiligen Messe im römischen Ritus. Diese Texte sind nicht mehr im heutigen „Messbuch“, das die Gebete des Zelebranten enthält, abgedruckt. Im Lektionar aufgegangen sind das früher unabhängige Evangelistar („Evangeliar“) mit den Evangelienperikopen und das Epistolar mit den biblischen Lesestücken außerhalb der Evangelien.

Das Messlektionar besteht aus mehreren Teilbänden für die Sonn- und Festtage in den drei Lesejahren A, B und C, für die Werktage der Zeit im Jahreskreis, für die geprägten Zeiten und für verschiedene Anlässe. Der Leseordnung für Sonn- und Festtage mit drei Lesejahren wird durch drei Bände Rechnung getragen. Das Lektionar für die Wochentage und Gedenktage der Heiligen ist in zwei Bände für jeweils 17 Wochen aufgeteilt; die in zwei aufeinanderfolgenden einjährigen Lesereihen vorgesehenen Lesetexte für die Wochentage sind in beiden Bänden beim jeweiligen Wochentag (Jahr I/Jahr II) angegeben. Ein zu zeremoniellen Zwecken aufgelegter Auszug aus dem Messlektionar ist das heutige Evangeliar mit den Schriftlesungen aus den vier Evangelien des Neuen Testamentes.[2]

Mit dem am ersten Advent 2018 beginnenden Lesejahr werden sukzessive bis 2022 neue Lektionare mit dem Text der revidierten Einheitsübersetzung eingeführt.[veraltet][3][4]

Daneben gibt es ein Lektionar zum Stundenbuch für die Matutin oder die Lesehore, deren Lesungen in zwei Lesereihen (I und II) aufgeteilt sind. Dieses besteht beim römischen Stundenbuch für den deutschen Sprachraum aus insgesamt sechzehn einzelnen Faszikeln.

Evangelische Kirchen

Das Lektionar nach der Ordnung gottesdienstlicher Texte und Lieder ist herausgegeben von der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschland (VELKD) und der Union Evangelischer Kirchen (UEK). Es enthält die Texte aller Lesungen und Predigttexte sämtlicher Sonn-, Fest- und Gedenktage des Kirchenjahres. Ab dem 1. Advent 2018 ersetzt dieses Lektionar im Rahmen der revidierten Perikopenordnung die vorherigen verschiedenen Lektionare der evangelischen Landeskirchen in Deutschland und Österreich.[5]

Altkatholische Kirche

In den Altkatholischen Kirchen wird in der Regel das Messlektionar der römisch-katholischen Kirche verwendet. Darüber hinaus gibt es für einzelne Sonn- und Festtage „Eigentexte“, die in einer Sammlung zusammengefasst sind.[6]

Ausgaben

Authentische Ausgaben des römisch-katholischen Mess-Lektionars

Die aktuelle Ausgabe des aufgeschlagenen Bandes 3 für das Lesejahr C auf einem Ambo.

Lektionar der evangelischen Kirchen

Alt-Katholische Kirche in Deutschland

Einzelnachweise

  1. E. Velkovska: Lo studio dei lezionari bizantini. In: Ecclesia Orans 13 (1996) 253–271.
  2. Die Bischofskonferenzen des deutschen Sprachraumes (Hrsg.). Evangeliar. Die Evangelien der Sonntage und Festtage in den Lesejahren A, B und C. Ausgabe A. 2. Auflage. Verlag Herder. Freiburg 1985. ISBN 3-451-20460-6.
  3. Lektionare. Vivat Christliche Bücher und Geschenke, abgerufen am 14. März 2021.
  4. Tobias Dulisch: Neue Lektionare mit neuer Einheitsübersetzung (Memento des Originals vom 17. März 2020 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/bistummainz.de Pressemitteilung des Bistums Mainz vom 3. August 2018
  5. Zentrum für evangelische Gottesdienst- und Predigtkultur: Perikopenrevision neu [1]aufgerufen am 1. Dezember 2018.
  6. Joachim Vobbe: Brot aus dem Steintal. Bischofsbriefe. Alt-Katholischer Bistumsverlag, Bonn 2005, ISBN 3-934610-63-3, S. 114