Der Heilige Leonhard (Figur in Bannacker)
Leonhardifahrt in Grafing bei München (2022)
Leonhardifahrt in Tölz (2006)

Die Leonhardifahrt oder der Leonhardiritt ist eine Prozession zu Pferde, die zum Brauchtum in Altbayern und Westösterreich zählt. Sie findet zu Ehren des heiligen Leonhard von Limoges (6. Jh.) an seinem Gedenktag, dem 6. November, oder einem benachbarten Wochenende statt. Einige Dörfer in Bayern feiern Leonhardi auch im Sommer.

Als Schutzpatron der landwirtschaftlichen Tiere, heute vor allem der Pferde, werden zu Leonhardi Wallfahrten mit Tiersegnung unternommen. Motiv für die Segnung (oft fälschlich auch Weihe genannt) der Tiere, insbesondere der Pferde, ist ihre Rolle, die sie als Last- und Arbeitstiere für die ländliche Bevölkerung spielten.

Als größte und bedeutendste Leonhardifahrt wurde die Tölzer Leonhardifahrt im Juli 2016 als immaterielles Kulturerbe Bayerns anerkannt und im Dezember 2016 durch die Deutsche UNESCO-Kommission in das Bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes aufgenommen.

Geschichte

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Der Leonhardiritt in Leonhardspfunzen ist der größte im Landkreis Rosenheim und hat eine lange Tradition. Aufzeichnungen über diese Veranstaltung finden sich schon in Schriften aus dem Jahr 1436.[1] Der bislang urkundlich älteste Ritt, der erstmals 1442 erwähnt wurde, findet in Kreuth am Tegernsee statt. 1809 erging ein staatliches Gebot, das religiöse Umritte untersagte. Als es 1833 durch König Ludwig I. (Bayern) wieder aufgehoben wurde, waren viele Leonhardifahrten und Ritte derart abgekommen, dass sie meist erst viele Jahre später neu eingeführt werden mussten oder ganz unterblieben.[2]

Als weltliches Rahmenprogramm findet meist das Leonhardifest mit Bierzeltbetrieb, Jahrmarkt und Tanzveranstaltungen statt. Auf bayerisch gibt es keine Unterscheidung zwischen Leonhardifest und Leonhardifahrt. Beides wird mit Lehardi (mancherorts auch Lehards oder Leachats) bezeichnet.

Orte mit Leonhardifahrten oder -ritten

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Peter von Hess: Sankt-Leonhardsfest in Fischhausen am Schliersee, 1825

Quellen:[3][4][5]

In den letzten Jahren wurden einige Leonhardiritte wiederbelebt (z. B. in Leogang/Salzburg und in Meilenhofen). Andernorts wird die Tradition nur zu Jubiläen wieder aufgenommen (z. B. in Diepoldsberg bei Obing). Umgekehrt gibt es auch relativ junge Leonhardiritte, beispielsweise seit 1993 auf den Brandlberg (Stadt Bogen) im Bayerischen Wald.

Leonhardsfest in Siegertsbrunn (2006)
Leonhardifahrt in Augsburg-Bannacker (2009)
Leonhardifahrt in Augsburg-Bannacker (2009)

Truhenwagen

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Die Bauern und Pferdebesitzer der jeweiligen Umgebung fahren dabei in Gespannen, sogenannten Truhenwagen, zum Wallfahrtsziel, beispielsweise in:

Bad Tölz

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Am bekanntesten ist die Leonhardifahrt in Bad Tölz, die immer am 6. November stattfindet, außer wenn dieser auf einen Samstag oder Sonntag fällt. Wenn der 6. November ein Samstag ist, wird sie am Freitag davor durchgeführt, fällt sie auf einen Sonntag, dann am darauf folgenden Montag. Sie ist mit etwa 80 Vierergespannen, zahlreichen Reitern und jährlich rund 25.000 Besuchern wohl die größte Leonhardifahrt, geht auf das 17. Jahrhundert zurück und findet seit 1855 jährlich statt (von wenigen Ausnahmen, wie etwa zu Kriegszeiten, abgesehen). Gelobt wird auch die Authentizität der Tölzer Leonhardifahrt. So dürfen beispielsweise die Wagen keine Gummireifen verwenden, wie mancherorts, sondern nur mit Eisen beschlagene Räder.

In Bad Tölz bildet den Abschluss der Wallfahrt das Leonhardidreschen (Goaßlschnalzen) in der berühmten Tölzer Marktstraße.

Seit 2020 (wegen der COVID-19-Pandemie aber erstmals 2022) findet die Leonhardifahrt in Bad Tölz nicht mehr am Wochenende statt, sondern wochentags. Übergroßen Besuchermassen und ausuferndem Alkoholkonsum bei einer samstäglichen Leonhardifahrt im Jahr 2010 hatte der Stadtrat Bad Tölz 2020 beschlossen die Leonhardifahrt nicht mehr an einem Wochenende stattfinden zu lassen.[10]

Österreich

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In Österreich gibt es Leonhardiritte unter anderen in:

Varia

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Beim Wallfahrtszug mit Pferdesegnung sind zahlreiche heimische Trachten zu sehen. Die Wagen und Pferde werden festlich geschmückt. Mancherorts werden Figuren und Reliquien des Hl. Leonhard mitgeführt.

Manchmal wird versucht, den Unterschied zwischen Leonhardiritt und Leonhardifahrt daran festzumachen, dass bei dem Ritt ausschließlich Männer auf den Pferden reiten (so dass Frauen ausgeschlossen waren und bei manchen Ritten auch noch sind), während bei der Fahrt vor allem auch die Bäuerinnen, Mägde und Kinder gefahren werden.

Ähnliche Feste

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Literatur

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Commons: Leonhardifahrt – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. 200 Pferde und 2000 Zuschauer beim Leonhardiritt in Leonhardspfunzen. Abgerufen am 17. November 2014.
  2. Hans Halmbacher: Das Tegernseer Tal in historischen Bildern. Fuchs-Druck, Hausham 1980, S. 69 f.
  3. Leonhardiritte: Zu Ehren eines ganz besonderen Heiligen. Abgerufen am 10. Mai 2022.
  4. Leonhardiritt und Leonhardifahrt 2014 – die Termine rund um München. Abgerufen am 10. Mai 2022.
  5. Leonhardi-Tradition hoch zu Ross. Abgerufen am 10. Mai 2022.
  6. Vieles von der Döberitzer Heide. Abgerufen am 17. November 2014.
  7. VI. Sonderausgabe der Tiroler Bauernzeitung – 3. Okt. 2012, S. 9
  8. Startseite. Abgerufen am 7. September 2021.
  9. Leonhardiritt. Abgerufen am 26. März 2020 (österreichisches Deutsch).
  10. Erste Tölzer Leonhardifahrt seit Corona: Viel Tradition und einige Premieren. Abgerufen am 6. November 2022.