Der Liber de cultura hortorum (lateinisch für Buch über den Gartenbau, wörtlich Buch über die Pflege der Gärten), bekannter als Hortulus, ist ein frühes botanisches Werk in Form eines Lehrgedichts des Reichenauer Mönchs und Abtes Walahfrid Strabo, entstand um das Jahr 840[1] und enthält eine literarische Darstellung eines Klostergartens.[2]

Walahfrid, der von 829 bis 838 am Hof Kaiser Ludwigs des Frommen in Aachen Kapellan der Kaiserin Judith sowie Erzieher Karls des Kahlen war, beschreibt in dem seinem Lehrer Grimaldus gewidmeten Werk nicht nur Pflanzen, sondern geht aus eigener Anschauung[3] auch auf Aspekte des Gartenbaus[4] und die Arbeit des Gärtners ein. In Versform sind dort in 23 Strophen 24 Heilpflanzen sowie deren Anwendungsmöglichkeiten aufgeführt. Die Reihenfolge der aufgeführten Pflanzen basiert auf der im Capitulare de villis vel curtis imperii aufgeführten Pflanzenreihenfolge. Die Pflanzenanlage im St. Galler Klosterplan aus dem frühen 9. Jahrhundert entspricht weitgehend der im Hortulus aufgeführten Pflanzenliste.[5] Zehn der 24 Pflanzen des Hortulus sind auch im herbularius, dem Arzneigarten des St. Galler Plans, zu finden und weitere vier in dessen hortus, dem Plan des Küchengartens. Von den restlichen Pflanzen sind fünf auch im Capitulare de villis genannt und fünf weder dort noch im Klosterplan St. Gallen.[6]

Der Liber de cultura hortorum wurde unter dem lateinischen Titel Hortulus (deutsch: Gärtlein) 1510 in Wien von Vadian als Druck herausgegeben.

Pflanzenliste

Folgende Pflanzen sind im Hortulus aufgeführt (Reihenfolge der Erwähnung, dahinter der im Hortulus verwendete Name und der wissenschaftliche Artname):

  1. Salbei / salvia (Salvia officinalis, auch Salvia tomentosa[7]),
  2. Weinraute / ruta (Ruta graveolens),
  3. Eberraute / abrotanum (Artemisia abrotanum),
  4. Flaschenkürbis / curcurbita (Cucurbita lagenaria, heute Lagenaria siceraria)
  5. Melone / pepones (Cucumis melo),
  6. Wermut / absinthium (Artemisia absinthium),
  7. Andorn / marrubium (Marrubium vulgare),
  8. Fenchel / feniculum (Foeniculum vulgare),
  9. Schwertlilie / gladiola (Iris germanica),
  10. Liebstöckel / lybisticum (Levisticum officinale),
  11. Kerbel / cerefolium (Anthriscus cerefolium),
  12. Lilie / lilium (Lilium candidum),
  13. Schlafmohn / papaver (Papaver somniferum),
  14. Muskatellersalbei / sclarega (Salvia sclarea ),
  15. Frauenminze / costus (Chrysanthemum balsamita) (erwähnt unter Muskatellersalbei),
  16. Minze / menta (Mentha spec.),
  17. Poleiminze / puleium (Mentha pulegium),
  18. Sellerie / apium (Apium graveolens),
  19. Heil-Ziest / vettonica (Betonica officinalis, früher Stachys officinalis/betonica),
  20. Odermennig / agrimonia (Agrimonia eupatoria),
  21. Rainfarn oder Schafgarbe / ambrosia (Tanacetum vulgare oder Achillea millefolium[8]),
  22. Katzenminze / nepeta (Nepeta cataria),
  23. Rettich / rafanum, radices (Raphanus sativus); evtl. auch der Meerrettich (Armoracia rusticana),
  24. Rose / rosa (Rosa spec. wie Rosa gallica)

Handschriften

(Angaben nach Berschin et al. 2023, S. 21 ff.)

Textausgaben

Literatur

Einzelnachweise

  1. Johannes Gottfried Mayer, Konrad Goehl: Kräuterbuch der Klostermedizin. Reprint-Verlag Leipzig 2013, S. 29, ISBN 978-3-8262-3057-8.
  2. Christina Becela-Deller: Ruta graveolens L. Eine Heilpflanze in kunst- und kulturhistorischer Bedeutung. (Mathematisch-naturwissenschaftliche Dissertation Würzburg 1994) Königshausen & Neumann, Würzburg 1998 (= Würzburger medizinhistorische Forschungen. Band 65). ISBN 3-8260-1667-X, S. 102 und 108 f.
  3. Hans-Dieter Stoffler (Hrsg.): Der Hortulus des Walahfrid Strabo. Aus dem Kräutergarten des Klosters Reichenau. 1978, S. 9–13.
  4. Hermann Sierp: Walahfrid Strabos Gedicht über den Gartenbau. In: Die Kultur der Abtei Reichenau. München 1925, Band 2, S. 756–772.
  5. Tobias Niedenthal: Wie die Heilkunst in die Klöster kam. In: Rudolf Walter (Hrsg.): Gesundheit aus Klöstern. Verlag Herder, Freiburg 2013, S. 6–7, ISBN 978-3-451-00546-6.
  6. Christina Becela-Deller: Ruta graveolens L. Eine Heilpflanze in kunst- und kulturhistorischer Bedeutung. 1998, S. 106 und 109 f.
  7. Christina Becela-Deller: Ruta graveolens L. Eine Heilpflanze in kunst- und kulturhistorischer Bedeutung. 1998, S. 109.
  8. Vgl. auch Ein karolingischer Klostergarten. In: Markt Roßtal: Archäologischer Rundweg, Station 3b.