Lucien Febvre

Lucien Febvre (* 22. Juli 1878 in Nancy; † 26. September 1956 in Saint-Amour, Département Jura) war ein französischer Historiker. Zusammen mit Marc Bloch begründete er die einflussreiche Annales-Schule in der Geschichtswissenschaft.

Leben

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sein Vater war Oberschullehrer. Während seines Studiums an der École normale supérieure (1899–1902) wurde Lucien Febvre von dem Historiker Gabriel Monod, besonders aber von dem Geographen Paul Vidal de la Blache nachhaltig beeinflusst. Neben seinem Studienfach Geschichte besuchte er auch Vorlesungen über Geographie, Philosophie, Literatur- und Sprachwissenschaften sowie über Kunstgeschichte. 1911 promovierte er mit einer Arbeit über Philipp II. und die Franche-Comté – der er auch zwei seiner nächsten Werke widmete – und bekam anschließend eine Stelle an der Universität Dijon. Nachdem er am Ersten Weltkrieg aktiv teilgenommen hatte, wechselte er 1919 an die Universität Straßburg. Hier erschien sein bedeutendes Werk La Terre et l’évolution humaine (Die Erde und die menschliche Evolution), in dem er sich mit dem Gebiet der Humangeographie beschäftigte und besonders einige der Thesen Friedrich Ratzels kritisierte. 1920 lernte er an der Universität Straßburg Marc Bloch kennen, mit dem er sich bis 1933 fast täglich austauschte und eng zusammenarbeitete.[1]

1933 wurde Febvres an das Collège de France berufen. Er begründete mit Anatole de Monzie die 20-bändige Encyclopédie française (1935–1966), die keine alphabetisch gegliederte Enzyklopädie ist, sondern durch eine thematische Aufteilung wissenschaftliche Zusammenhänge deutlich machen will.[2] Als sein wichtigster Schüler gilt Fernand Braudel.

Im Rahmen der Annales-Schule prägte Febvre besonders die Mentalitätsgeschichte. Sein Ziel war eine Kontextualisierung von Hochkultur und Volkskultur mit Hilfe verwandter Wissenschaften wie Soziologie, Ethnologie, Linguistik und Geographie. So behandelte er 1941 in einem Aufsatz unter Einbeziehung psychologischer, sprach- und verhaltenswissenschaftlicher Methoden den Zusammenhang zwischen Sensibilität und Geschichte. Diese interdisziplinäre Erweiterung der Geschichtswissenschaft sollte eine effektivere Analyse ganzer Gesellschaften möglich machen (histoire totale). Anhand von Einzelstudien erforschte Febvre außerdem die Geistes- und Mentalitätsgeschichte des Zeitalters der Reformation, so insbesondere in seinen Büchern über Martin Luther (1928) und das Religionsverständnis von François Rabelais (1942).

An der Universität der Franche-Comté in Besançon trägt das Centre Lucien Febvre seinen Namen.[3]

Nachlass

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Seit 1998 ist ein umfangreicher Nachlass Febvres der Forschung zugänglich, der sich seit 2017 im Nationalarchiv befindet.[4]

Schriften (Auswahl)

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Siehe auch

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Peter Burke: Die Geschichte der „Annales“. Die Entstehung der neuen Geschichtsschreibung. Wagenbach, Berlin 2004, S. 23.
  2. Nicole Racine (1998): Lucien Febvre et l’ encyclopédie française (online)
  3. Website des Centre Lucien Febvre abgerufen am 15. Februar 2021
  4. Brigitte Mazon: Archives de Lucien Febvre. 25. Januar 2017, abgerufen am 5. Januar 2019 (französisch).
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Personendaten
NAME Febvre, Lucien
KURZBESCHREIBUNG französischer Historiker
GEBURTSDATUM 22. Juli 1878
GEBURTSORT Nancy
STERBEDATUM 26. September 1956
STERBEORT Saint-Amour, Département Jura