Während des Zweiten Weltkriegs erfolgten 21 Luftangriffe auf Rostock, von Juni 1940 bis April 1943 durch die britische Royal Air Force und von Juli 1943 bis August 1944 durch die United States Army Air Forces. 617 Menschen kamen ums Leben. Auf Wohngebiete und Rüstungsindustrie im Großraum Rostock und Warnemünde wurden 2.942 Tonnen Spreng- und Brandbomben abgeworfen, von den Briten nachts, von den US-Amerikanern zur Tageszeit. 85 % der Rostocker Wohnhäuser wurden zerstört oder beschädigt, viele öffentliche Gebäude und unersetzliche Kulturbauten vernichtet und die Industrie schwer getroffen.

Chronologie der Angriffe

Die Bombardements der britischen RAF erfolgten von Juni 1940 bis April 1943, die der USAAF von Juli 1943 bis August 1944. Die Briten griffen fast immer nachts, die US-Amerikaner zur Tageszeit an. Die im Folgenden genannte Bombentonnage bezieht sich auf die 16 schweren Angriffe. Von den insgesamt 2.942 Tonnen Bomben warf die RAF bei 9 Angriffen 990 Tonnen, die USAAF bei 7 Angriffen 1.952 Tonnen Spreng- und Brandbomben.

Die Angriffe der Royal Air Force

Die Angaben in diesem Abschnitt stammen überwiegend aus dem Kriegstagebuch des Bomber Command der RAF (Hrsg. Middlebrook und Everitt), aus „Bomben auf Rostock“ (Hrsg. Bohl, Keipke und Reich) und aus „Bombenkrieg gegen Deutschland“ (Olaf Groehler).

Britischer Bomber Wellington
Britischer schwerer Bomber Short Stirling
Zerstörungen in der historischen Innenstadt durch die Bombardierungen 1942
Die zerstörte Krämerstraße mit der Marienkirche
US-amerikanische B-17 „Flying Fortress“
US-amerikanische B-24 „Liberator“
Denkmal für Rostocker Bombenopfer auf dem Neuen Friedhof

Die Viertage-Angriffe wurden von der 5. Bombergruppe ausgeführt, nur in der Nacht vom 26. zum 27. April mit zusätzlichen Kräften aus der 3. Bombergruppe. Die britische Planung sah eine Aufteilung der jeweils angreifenden Maschinen in eine Hauptgruppe (76 %) für die Rostocker Innenstadt und eine Nebengruppe gegen die Heinkel-Flugzeugwerke vor. Die Ziele sollten im Tiefflug aus nur 1.000 bis 1.200 Meter Höhe in den hellen Mondnächten angegriffen werden. Der Deckname für das Ziel Rostock war „Special Samson“.[8]

Die Angriffe im April 1942 im Einzelnen[9]:

Von den 520 in den vier Nächten im April 1942 eingesetzten Bombern waren somit 400 gegen die Wohnstadt Rostock eingesetzt: 77 %. Die Angriffe führten zur totalen Zerstörung von 1.765 Gebäuden und zur schweren Beschädigung von 513 weiteren. 130 Hektar Stadtfläche waren zerstört, 60 % der Innenstadt. 204 (221) Menschen starben, 89 wurden verwundet. Laut Stadtverwaltung waren es 216 Tote, darunter 187 Zivilisten, 27 Wehrmachtsangehörige und zwei Ausländer. Das Bomber Command nahm an, es hätten noch viel mehr sein können, wenn nicht viele Einwohner nach den ersten Angriffen aus der Stadt geflohen wären. In den Berichten über die Angriffe auf Rostock hätten die Deutschen erstmals den Ausdruck „Terrorangriff“ verwendet. Joseph Goebbels habe in seinem Tagebuch notiert: „Community life in Rostock is practically at an end“.[10] Von den 130.000 Einwohnern Rostocks wurden etwa 35.000 obdachlos.

Die Angriffe der USAAF

Ab Juli 1943 übernahm die 8th Air Force die Bombardements auf den Raum Rostock und Warnemünde. Ihre viermotorigen Bomber waren jeweils von einer großen Zahl von Langstrecken-Jagdflugzeugen begleitet.

Die folgenden Angaben stammen aus dem Kriegstagebuch der 8th Air Force (Hrsg. Roger A. Freeman) und aus „Bomben auf Rostock“ (Hrsg. Bohl, Keipke und Schröder).

Zuvor hatten 18 B-17 den Flugplatz der Ernst Heinkel Flugzeugwerke in Rostock-Marienehe mit 180 Zehn-Zentner-Bomben belegt.

Am späten Vormittag entluden 172 B-17 700 (780) schwere Sprengbomben und 500 (1.450) Flüssigkeits-Brandbomben auf die Stadt Warnemünde und ihre (Rüstungs-)Industrie. Beide wurden schwer getroffen. Die Arado Werke wurden, bis auf zwei Hallen, total zerstört. 11 „Gefallene“ und 34 Verwundete wurden registriert (keine vollständigen Zahlen).

Mittags erfolgten durch 200 schwere US-Bomber vier „Teppich-Würfe“ mit 600 Spreng- und 400 Flüssigbrandbomben auf Wohngebiete der Stadt Rostock. Neben diesen wurden zwei Kliniken, die Gas- und Wasserwerke, der Güterbahnhof und ein Nebenwerk von Heinkel getroffen. Bekanntgegeben wurden 51 Gefallene, 80 Verwundete, 20 Vermisste und 4.000 bis 5.000 Obdachlose.

Nach diesen Vernichtungsangriffen entschieden die US-Amerikaner nach detaillierter Luftaufklärung, auf weitere Bombenangriffe auf Rostock und seine verbliebene Rest-Industrie zu verzichten – da es sich nicht mehr lohnte.

Auf Rostock waren insgesamt 2.942 Tonnen Bombenlast abgeworfen worden, 990 t durch die britische Royal Air Force und 1.952 t durch die USAAF[14]

Lage bei Kriegsende

Am Kriegsende waren 85 % der Rostocker Wohnungen und 42 % der gewerblich genutzten Gebäude zerstört oder beschädigt. Unter anderem lagen in Trümmern oder waren schwer beschädigt: die Medizinische Klinik (Gertrudenplatz), Gas- und E-Werk, Post- und Telegrafenamt, Amtsgericht, Oberlandesgericht, Landratsamt, acht Schulen (u. a. Blücher-, Borwin- und Sieben-Linden-Schule), das Stadttheater, vier Pfarrkirchen (St. Jakobi, St. Nikolai, St. Petri, Christuskirche (Schröder-Platz)). Die Geschlossenheit der Straßenzüge und Plätze, das was den Charakter der hanseatischen Hafenstadt ausgemacht hatte, war zerstört. Ein großer Teil der Einwohner war in die nahe und weitere Umgebung Rostocks evakuiert worden. Es gab noch 60.000 Einwohner in Rostock. Am 1. Mai 1945 wurde Rostock kampflos durch die Rote Armee besetzt.[15]

Opfer, Begräbnis- und Gedenkstätten

Die Luftkriegsopfer aus Rostock und Warnemünde verteilten sich auf die Kriegsjahre wie folgt: 4 Tote 1940, 41 Tote 1941, 223 Tote 1942, 130 Tote 1943 und 236 Tote 1944. Nachweislich insgesamt 617 Menschen verloren bei den Luftangriffen ihr Leben, darunter über 100 Fremdarbeiter und Kriegsgefangene. Im Mai 1942 wurde ein Ehrenhain auf dem Neuen Friedhof in Rostock angelegt, mit einem Gräberfeld mit Reihengräbern für die über 200 Bombenopfer alleine vom April 1942. Später erfolgten Zubettungen nach den weiteren Bombenangriffen. Das jetzt existierende Denkmal im Zentrum der Anlage symbolisiert zusammengestürzte Häuserwände mit den Namen der Opfer.

Die abgeschossenen alliierten Besatzungsmitglieder und die bei den Bombardements ums Leben gekommenen Fremdarbeiter und Kriegsgefangenen wurden im westlichen Teil des Neuen Friedhofs bestattet.

Siehe auch

Literatur

Einzelnachweise

  1. Ingo Sens: Bier für Rostock Die Geschichte der Hanseatischen Brauerei. Hinstorff Verlag, 2016, ISBN 978-3-356-02069-4, S. 144 (Vorschau in der Google-Buchsuche).
  2. Torsten Schaar, Beate Behrens: Von der Schulbank in den Krieg: mecklenburgische Schüler und Lehrlinge als Luftwaffen- und Marinehelfer 1943–1945. Neuer Hochschulschriftenverlag, 1999, S. 17 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  3. Hanno Ballhausen: Chronik des Zweiten Weltkriegs. wissenmedia Verlag, 2004, ISBN 978-3-577-14367-7, S. 190 (Vorschau in der Google-Buchsuche).
  4. April 1942: Bombenhagel auf Rostock. In: ndr.de. 21. April 2017, abgerufen am 28. Juni 2017.
  5. Volker Hage: Walter Kempowski über den Bombenkrieg: „Das alte Europa wurde zerstört“. In: spiegel.de. 23. Juli 2003, abgerufen am 28. Juni 2017.
  6. Martin Kaule: Mecklenburg-Vorpommern 1933–1945: Der historische Reiseführer. Ch. Links Verlag, 2015, ISBN 978-3-86153-853-0, S. 50.
  7. Achim Schade, Matthias Redieck: Rostock im Feuersturm: das Vier-Tage-Bombardement vom 24. bis 27. April 1942. Ostseezeitung, 2012, ISBN 978-3-942673-13-6.
  8. Olaf Groehler: Bombenkrieg gegen Deutschland. 1990. S. 48, 49
  9. Martin Middlebrook und Chris Everitt: The Bomber Command War Diaries. Midland. 2011. S. 259 ff
  10. The Bomber Command War Diaries. 2011. S. 259–261
  11. Olaf Groehler: Bombenkrieg gegen Deutschland. 1990. S. 59
  12. Olaf Groehler: Bombenkrieg gegen Deutschland. 1990. S. 59
  13. Olaf Groehler: Bombenkrieg gegen Deutschland. 1990. S. 59
  14. Olaf Groehler: Bombenkrieg gegen Deutschland. 1990. S. 449
  15. Bodo Keipke in Bomben auf Rostock. 1995. S. 187–191