Markus Beckedahl (* 1976 in Bonn[1]) ist ein deutscher netzpolitischer Aktivist und Journalist aus Berlin. Er wurde vor allem als Chefredakteur des von ihm 2002 gegründeten Blogs Netzpolitik.org bekannt, in dem Themen der Informationsgesellschaft behandelt werden.
Beckedahl absolvierte eine Ausbildung zum IT-Kaufmann[2] und gründete 2003 zusammen mit Andreas Gebhard die Firma newthinking communications GmbH, eine Internetagentur mit politischem Anspruch. Im Folgejahr gründeten die beiden noch den Newthinking Store, ein auf Open Source und Linux spezialisiertes Ladengeschäft. Dieses wurde 2011 liquidiert.[3]
Beckedahl ist Gründungsgesellschafter des Unternehmens Newthinking und war zuletzt Seniorberater,[4] bevor er sich 2013 aus dem operativen Geschäft zurückzog. Er beriet für die Agentur politische Organisationen und Unternehmen. Beckedahl ist seitens Newthinking für die 2007 von ihm zusammen mit Spreeblick gegründete Konferenz re:publica verantwortlich,[5][6] eine deutschsprachige Konferenz zu Themen der digitalen Gesellschaft und sozialen Medien.
Das 2002 gegründete Blog netzpolitik.org gehörte bis 2016 der newthinking communications GmbH[4] – so waren die festen Redakteure dort beschäftigt[7] – jedoch war das Blog nach eigenen Angaben redaktionell unabhängig vom Agenturgeschäft.[8] Seit 2016 ist der eigens dafür gegründete Verein netzpolitik.org e.V. Eigentümer. Durch ausführliche Berichterstattung im Blog und entsprechende Aufrufe erzeugt die Redaktion um Beckedahl Aufmerksamkeit bei Bürgern, sich mit netzpolitischen Themen zu beschäftigen und über diese mit ihren Politikern zu sprechen, wie etwa zu Softwarepatenten, der Vorratsdatenspeicherung, dem Telekom-Paket[9] oder der Urheberrechts-Gesetzgebung. Beckedahl war auch in Brüssel als Lobbyist für digitale Bürgerrechte aktiv[9] und war 2005 als Vertreter des deutschen „Koordinierungskreises der Nichtregierungsorganisationen“ Mitglied der Regierungsdelegation zum 2. Weltgipfel zur Informationsgesellschaft (WSIS) der Vereinten Nationen in Tunis.[10][11] Er ist Mitautor der aus diesem Zusammenhang heraus entstandenen „Charta der Bürgerrechte für eine nachhaltige Wissensgesellschaft“.[12] Zudem ist er offizieller Unterstützer der Demonstration Freiheit statt Angst.[13]
Im Rahmen des Bundestagswahlkampf 2009 führte Beckedahl zusammen mit Falk Lüke ab Sommer 2008 fünf gemeinsame Kurzstudien zum Thema „Politik im Web 2.0“ durch. Die Studien ermittelten Zahlen für die Präsenz der Parteien, ihrer Spitzenpolitiker und ihrer Jugendorganisationen im sozialen Netz. Die Ergebnisse der Studien wurden regelmäßig von Medien aufgenommen.[14]
Beckedahl war Lehrbeauftragter zu Open Source und sozialen Medien im Rahmen von Seminaren an der Universität Mannheim[15] sowie zum Thema Open Business an der Filmakademie Ludwigsburg.[5] Am 23. März 2010 wurde Beckedahl durch die Grünen als Sachverständiger in die Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft berufen,[16] der er bis zu ihrem Abschluss 2013 angehörte.[5][7]
Seit 2007 ist er bei Creative Commons Deutschland aktiv, wo er ehrenamtlicher Projektleiter für Öffentlichkeitsarbeit und Community Building ist.[5] Ebenfalls ist er ehrenamtlicher Sprecher des von ihm mitgegründeten Vereins Digitale Gesellschaft, dessen Vorsitzender er eine Zeitlang war.[17][18][5][7] Zusammen mit Alexandra Hölzer war Beckedahl Sprecher des mittlerweile inaktiven Netzwerks Neue Medien (NNM),[19] welches sich als zivilgesellschaftliche Lobbyorganisation verstand.
Seit 2010 schrieb er in unregelmäßigen Abständen im Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Zeitung die Kolumne „Digitale Gesellschaft“ sowie für zahlreiche weitere Printmedien.[5] 2010 wurde er Mitglied des Medienrats der Medienanstalt Berlin-Brandenburg.[20]
2022 übergab Beckedahl die Chefredaktion von netzpolitik.org, 2024 verließ er das Blog[21] und gründete unter der Domain digitalpolitik.de ein eigenes Angebot für Vorträge, Beratung und Workshops. Außerdem bietet er dort einen Newsletter an.[22][23]
Beckedahl war von 2002 bis 2003 Mitglied des Bundesvorstands der Grünen Jugend und hat die Grüne Jugend NRW mitgegründet. In der Grünen Jugend koordinierte er das „Fachforum Neue Medien“ (1999–2004), war also in diesem Zeitraum inhaltlich verantwortlich für Themen wie (Neue) Medien, Technologiepolitik und Bürgerrechte. Er war an der Erarbeitung von netzpolitischen Beschlüssen der Grünen Jugend und von Bündnis 90/Die Grünen maßgeblich beteiligt.[24] Er bezeichnete sich 2009 bezüglich seiner Mitgliedschaft bei den Grünen als „klassische Karteileiche“.[25]
Beckedahl wurde im Februar 2009 von der Deutschen Bahn abgemahnt, weil er das interne Memo des Berliner Landesdatenschutzbeauftragten Alexander Dix zur Datenaffäre der Deutschen Bahn zugänglich gemacht hatte. Die Abmahnung führte dazu, dass sich zahlreiche Blogger mit Beckedahl solidarisierten und das Memo ebenfalls veröffentlichten. Die E-Mail, die Beckedahl von der Rechtsabteilung der Bahn erhielt, wurde auf netzpolitik.org und auch auf WikiLeaks veröffentlicht. Die Bahn berief sich unter anderem auf § 17 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, in dem es um Verrat von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen geht. Das Unternehmen drohte außerdem nach § 823 und § 826 des Bürgerlichen Gesetzbuches gegen Urheberrechtsverletzungen und sittenwidrige vorsätzliche Schädigung durch Beckedahl gerichtlich vorzugehen.[26] Beckedahl kündigte darauf in einem Interview des Stern an, keine Unterlassungserklärung zu unterschreiben und seinen Blog notfalls ins Ausland zu verlegen.[27]
2015 kam es wegen zweimaliger Veröffentlichung von Ausschnitten aus einem als „VS-VERTRAULICH“ eingestuften Bericht des deutschen Verfassungsschutzes auf Netzpolitik.org zu Ermittlungen wegen Verdachts des Landesverrats gegen Markus Beckedahl und André Meister (siehe dazu: Ermittlungen wegen Verdachts des Landesverrats). Infolgedessen versetzte Bundesjustizminister Heiko Maas Generalbundesanwalt Harald Range Ende Juli 2015 in den einstweiligen Ruhestand.[28][29]