Marlies Giebe, geborene Kettner, (* 1957 in Dresden) ist eine deutsche Restauratorin. Sie war von 2003 bis 2020 als Leiterin der Gemälderestaurierung der Gemäldegalerie Alte Meister und Galerie Neue Meister der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden tätig.[1]

Leben und beruflicher Werdegang

Marlies Giebe wuchs in einer Grafikerfamilie in Dresden auf. Ihre Mutter, die Illustratorin Gitta Kettner, hatte bei Max Schwimmer studiert; ebenso ihr Vater, der Grafiker Gerhard Kettner, der lange Jahre Rektor der Hochschule für Bildende Künste Dresden war.

Bereits ihr Vor-Praktikum machte Marlies Giebe in der Gemäldegalerie Alte Meister. Sie begann 1975 Restaurierung zu studieren. Dieses Studium an der Hochschule für Bildende Künste Dresden war im Jahr zuvor von Ingo Sandner als Gründungsdozent eingerichtet worden und war der einzige Diplomstudiengang für Restaurierung in der DDR. Zu Sandners Bereich gehörte ein Labor unter Hans-Peter Schramm, der u. a. die Strahlendiagnostik für die Gemäldeuntersuchung per Röntgenaufnahme und Infrarotreflektografie qualifizierte. Viele Restauratoren und Denkmalpfleger waren als Lehrkräfte in den Studienbetrieb eingebunden – u. a. Konrad Riemann, Johannes Voss, Karl Heinz Weber, Ingo Timm, Roland Möller oder Bernd Bünsche.

In Begleitung des Studiums lernte Marlies Giebe die Restauratorenausbildung im östlichen Europa kennen – in Krakau, Leningrad, Moskau, Budapest oder Prag. Gute Beziehungen gab es zu Dänemark und Österreich, so dass auch die Wiener Restaurierungsschule in der Dresdner Lehre präsent war – mit Gastvorlesungen von Hubert Dietrich, Gerald Kaspar und Franz Mairinger. Thema der von Karl Heinz Weber betreuten und 1981 verteidigten Diplomarbeit Marlies Giebes war die Restaurierung der Supraporte Blumenstück mit Putto von Adam Friedrich Oeser.

Nach dem Studium blieb Marlies Giebe drei Jahre als Assistentin von Ingo Sandner an der Hochschule und spezialisierte sich auf Leinwandbildkonservierung. Sie wechselte 1984 als Restauratorin an die Gemäldegalerie Alte Meister, wo sie 36 Jahre tätig blieb und von 2003 bis 2020 die Gemälderestaurierung leitete. Sie vermittelt seit Jahren ihr Wissen und ihre Erfahrungen als Dozentin und wurde 2007 zur Honorarprofessorin der Hochschule für Bildende Künste Dresden ernannt.

Marlies Giebe ist seit 1977 mit dem Maler und Grafiker Hubertus Giebe verheiratet; 1979 brachte sie ihren gemeinsamen Sohn zur Welt.

Wirken

Marlies Giebe betreute über 35 Jahre hinweg die Werke der zwei berühmten Sammlungen Gemäldegalerie Alter Meister und Gemäldegalerie Neue Meister (später Galerie Neue Meister, heute Albertinum) in Hinblick auf Restaurierung und Konservierung der Gemälde wie auch ihrer Rahmen. Sie verantwortete Depot- und Ausstellungsplanungen, Leihgaben, Baukonzeptionen, Drittmittelakquise, Forschungsvorhaben und Personalsicherung. Nachhaltige Akzente setzte sie mit der Kommunikation und kollegialen Weitergabe von handwerklichem Können und restauratorischer Expertise.

In ihrer Amtszeit lagen allein drei Sammlungsneueinrichtungen: Gemäldegalerie Alte Meister, Eröffnungen 1992 und 2020; Albertinum, Eröffnung 2010 und auch der Katastrophenfall des Elbehochwassers 2002. Während der Überflutung hatte sie maßgeblichen Anteil an der Rettung von fast 3.000 Gemälden und Bilderrahmen aus den Depots beider Dresdner Galerien.

Marlies Giebe restaurierte bedeutende Gemälde wie die Schlummernde Venus von Giorgione und Tizian und Johannes Vermeers Bei der Kupplerin. Einen besonderen Rang nehmen auch die Werke von Max Liebermann, Max Slevogt, Ernst Ludwig Kirchner, Oskar Kokoschka und Otto Dix in ihrem restauratorischen Engagement und ihrer kunstwissenschaftlichen Beschäftigung ein.

Zusammen mit dem damaligen Galeriedirektor Bernhard Maaz initiierte und betreute Marlies Giebe 2012 die Anfertigung eines reich geschnitzten und vergoldeten Tabernakelrahmens für Raffaels Sixtinische Madonna nach originalem Vorbild.

Zitat

„Das Jubiläum (im Jahr 2012 das 500. Jubiläum der Bildentstehung) forderte uns heraus, das Hauptwerk der Galerie (Raffaels Sixtinische Madonna) in ein neues Licht zu rücken. Wir haben es getan, durch neue technologische Untersuchungen, eine veränderte Raumgestaltung und Beleuchtung und diese Neurahmung und Neuverglasung. Nach der Rückkehr aus der Sowjetunion 1956 bekam das Hauptwerk einen neuangefertigten Rahmen im Stil der Frührenaissance. Jetzt ist es wieder ein Architekturrahmen, der von Werner Murrer aus München als Kopie nach einem Rahmen von 1497 aus der Ghedini Kapelle in San Giovanni in Monte angefertigt wurde. Ich finde diese Lösung gut, weil der Tabernakelrahmen notwendig ist, um das Bild zu verstehen. Die Madonna tritt herein. Sie kommt dem Betrachter entgegen. Diesen Eindruck unterstützt der Rahmen. Auch der Vorhang und die beiden Engel bekommen mit dieser Rahmung wieder ihre räumliche Begründung.“

Marlies Giebe: In: Uta Baier: Dunkles Rot für die italienischen Gemälde an den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden.[2]

Ehrung

Publikationen (Auswahl)

Literatur

Einzelnachweise

  1. Die Macht der Malkunst – Beiträge aus Werkstatt und Wissenschaft zu Ehren von Marlies Giebe. Herausgegeben von den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, Birgit Dalbajewa, Andreas Dehmer, Konstanze Krüger, Uta Neidhardt, Christoph Schölzel. Sandstein Verlag, Dresden 2020.
  2. Uta Baier: Dunkles Rot für die italienischen Gemälde an den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden. In: restauro. 14. Dezember 2021. (restauro.de)