Michael Fiedrowicz (* 27. Dezember 1957 in Berlin) ist ein deutscher katholischer Kirchenhistoriker.

Leben

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Michael Fiedrowicz studierte katholische Theologie, Philosophie und Klassische Philologie in Berlin, Paderborn und Rom, wo er 1993 an der Lateranuniversität mit der Arbeit Das Kirchenverständnis Gregors des Großen. Eine Untersuchung seiner exegetischen und homiletischen Werke promoviert wurde. Nachdem er 1997 an der Universität Bochum mit der Arbeit Psalmus vox totius Christi. Studien zu Augustins „Enarrationes in psalmos“ habilitiert worden war, wurde er 1997 Privatdozent für Alte Kirchengeschichte/Patrologie an der Universität Bochum und zusätzlich Lehrbeauftragter an der Freien Universität Berlin. Von 2001 bis zu seinem Ruhestand 2023 war er Professor für Kirchengeschichte des Altertums, Patrologie und Christliche Archäologie an der Theologischen Fakultät Trier. Er ist Priester des Erzbistums Berlin.

Seine Forschungsschwerpunkte sind die frühchristliche Apologetik sowie Grundlagen und Methoden der patristischen Theologie und der Kirchenväterrezeption.

Rezeption

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Der Kirchenhistoriker Stefan Heid bezeichnete Fiedrowicz als einen der produktivsten deutschen Patrologen. Er habe „nicht nur wichtige Überblickswerke [...] veröffentlicht, sondern auch wichtige Sammelwerke zur frühchristlichen Spiritualität und Liturgie [...] publiziert“. Darüber hinaus habe er „umfangreiche Übersetzungen lateinischer und griechischer Kirchenväter vorgelegt, so in den Fontes Christiani zu Gregor dem Großen und Origenes, aber auch zu Gregor von Nazianz und Augustinus“. Zu erwähnen sei auch sein Werk zur frühchristlichen Spiritualität und Liturgie im Carthusianus-Verlag.[1]

Der evangelische Kirchenhistoriker Wolfram Kinzig bezeichnete die Monographie Apologie im frühen Christentum als „ein vielbeachtetes Handbuch der altkirchlichen Apologetik [...], das sich mittlerweile zu einem Standardwerk entwickelt hat“.[2] Der damalige Kardinal Joseph Ratzinger (Papst Benedikt XVI.) verwies auf dieses Werk, als er die Bedeutung der Kirchenväter für die gegenseitige Kontrollfunktion von Glaube und Vernunft betonte, die Pathologien von Religion und Vernunft verhindern könne.[3] Der Journalist Christian Geyer-Hindemith bezeichnete das Werk „eine ungemein anregende Lektüre“ und schrieb, „der synoptische Einblick in die frühchristlichen Argumentationsstrategien, der mit diesem Buch gegeben wird,“ dürfe „als ein großer Wurf gelten“. Fiedrowiczs Arbeit über die Vergangenheit des Christentums lese sich wie eine über dessen Zukunft. Als solches sei das Werk „ein Plädoyer für die Anstrengung, das religiöse Proprium in einer Philosophie zu artikulieren, die es nicht etwa aufzehrt, sondern recht eigentlich erst zur Geltung bringt“. Andernfalls verurteile „es sich zu einem Schicksal, dem es am Anfang noch mit allen intellektuellen Mitteln zu entkommen suchte: zur Bedeutungslosigkeit einer Mythologie.“[4]

Nach Veröffentlichung des Motu Proprio Summorum Pontificum durch Papst Benedikt XVI. setzte sich Fiedrowicz mit seiner Monographie Die überlieferte Messe mit dem klassischen Ritus der römisch-katholischen Kirche auseinander. Der Philosoph Peter Kwasniewski bezeichnete das Werk als die führende wissenschaftliche Publikation zu diesem Thema, die bislang in englischer Sprache erschienen sei.[5] Der klassische Philologe und Historiker John Pepino schrieb in einer Rezension, es wäre wünschenswert gewesen, wenn die Analysen dieses Buches den Bischöfen schon vor der Promulgation des Novus Ordo Missae zugänglich gewesen wären. Fiedrowicz setzte sich auf überzeugende Weise und im Stil eines Gentleman Scholar kritisch mit dessen Mängeln auseinander. Die Bedeutung des Werks für die Diskussion über die Liturgie der katholischen Kirche bestehe darin, dass es den status quaestionis autoritativ herausarbeite und zahlreiche Ansatzpunkte für weitere Untersuchungen biete.[6] Ein weiterer Rezensent erklärte, die Stärke der Darstellungen Fiedrowiczs liege „in den immer wieder und gekonnt hergestellten Bezügen zu den Kirchenvätern und der frühen Theologiegeschichte bzw. zur Sprache der Antike“. Dadurch gelinge ihm der Beweis der „Verwurzelung der sich in der alten Form zeigenden Prinzipien in der Tradition“. Das Werk sei „eine große Hilfe, sich im Sinne einer guten liturgischen Bildung dem Reichtum der forma extraordinaria in einer aktuellen Zusammenfassung des derzeitigen Forschungsstandes zuzuwenden“.[7]

Die katholische Nachrichtenagentur CNA übernahm Beiträge Fiedrowiczs als Gastkommentare mit der Begründung, er sei ein „ausgewiesener Kenner der Kirchengeschichte wie der Liturgie“.[8]

Mehrere Werke Fiedrowiczs wurden ins Englische, Französische, Italienische, Spanische und Polnische übersetzt.[9]

Der Politikwissenschaftler Markus Linden kritisierte, dass in einzelnen von Fiedrowicz behandelten kirchengeschichtlichen Quellen ein „altbekannter Antisemitismus zum Vorschein“ komme.[10][11] Fiedrowicz wies diese Kritik zurück und bezeichnete sie als „wissenschaftlich unseriös“.[12] Er betone in seinem Werk die Kontinuität von Judentum und Christentum. Die kritisierte Aussage beziehe sich auf ein Zitat Hippolyts aus dem dritten nachchristlichen Jahrhundert, das aus einer historischen Quelle stamme.[13] Fiedrowicz warf Linden zudem methodische Mängel und mangelnde Fachkenntnisse im Bereich der Theologie bzw. der Patristik vor.[14][15] Die Trierer Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit kommentierte den Disput mit den Worten, dass „Fiedrowicz im Wesentlichen einen innerkatholischen Streit“ führe und „dabei ganz dem Welt- und Geschichtsbild der alten Kirche“ folge, ohne dabei eine Auseinandersetzung mit deren „Antijudaismus“ zu führen.[16] Die Theologische Fakultät Trier betonte, dass Fiedrowicz die bejahende Position der Fakultät zum christlich-jüdischen Dialog mittrage.[17]

Veröffentlichungen (Auswahl)

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Einzelnachweise

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  1. Stefan Heid: Noch einer der produktivsten deutsche Patrologen: Michael Fiedrowicz. goerres-gesellschaft-rom.de, 2. August 2019, abgerufen am 14. Dezember 2021.
  2. Wolfram Kinzig: Auch Schrullen haben Tiefgang. Michael Fiedrowicz sammelt Heiden und Christen, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 5. Januar 2005.
  3. Joseph Ratzinger: Werte in Zeiten des Umbruchs, Freiburg 2005, S. 28–40, 38 Anm. 4.
  4. Christian Geyer: Die Patristik besteht den Vaterschaftstest. Michael Fiedrowicz sät Vernunftkörnchen, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 20. März 2001, S. 31.
  5. Peter Kwasniewski: Reclaiming our Roman Catholic Birthright. The Genius and Timeliness of the Traditional Latin Mass, Brooklyn 2020, S. 339.
  6. John Pepino: The Best Book on Its Subject: Dr. John Pepino Reviews Fiedrowicz’s The Traditional Mass. In: Rorate Caeli. 5. Januar 2021, abgerufen am 13. Juni 2022.
  7. Sven Conrad: Rezension: M. Fiedrowicz, Die überlieferte Messe, Theologisches, Nr. 43, Januar/Februar 2013, 65–72, hier: 70, 72.
  8. Michael Fiedrowicz: "'Denn sie wissen nicht einmal, was man ihnen genommen hat'". In: Catholic News Agency. 30. August 2021, abgerufen am 19. Juni 2022.
  9. Profil von Prof. Dr. Michael Friedrowicz. Theologische Fakultät Trier, abgerufen am 13. Juni 2022.
  10. Markus Linden: Christliche Rechte: Die Erneuerung der Gegenrevolution. In: FAZ.NET. 28. Oktober 2021, abgerufen am 10. April 2022.
  11. Michael Fiedrowicz: „Denn sie wissen nicht einmal, was man ihnen genommen hat“: Konsequenzen des Motu proprio Traditionis custodes. In: catholicnewsagency.com. 30. August 2021, abgerufen am 3. November 2021.
  12. Fakultät steht für Dialog der Religionen. In: Paulinus. Nr. 1/2022, S. 9.
  13. Christian Kremer: Lehrt in Trier ein antisemitischer Priester? In: Trierischer Volksfreund. 13. Dezember 2021, S. 2.
  14. Michael Fiedrowicz: Das Heerlager der Scharfmacher. Replik auf eine Kampagne, In: Die Neue Ordnung, 76. Jahrgang, Nr. 1, Februar 2022.
  15. Fakultät steht für Dialog der Religionen, Paulinus. Wochenzeitung im Bistum Trier, Nr. 1, 2022, S. 9.
  16. Mitglieder des Vorstandes der Trierer Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit: Offener Brief der Trierer Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit e.V. (pdf; 69 kB) In: gcjz-trier.de. 26. Februar 2022, abgerufen am 20. März 2022.
  17. Stephan Ackermann, Johannes Brantl: Brief an die Trierer Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit e. V. (pdf; 1 MB) 14. Februar 2022, abgerufen am 23. März 2022 (veröffentlicht auf der Webseite der Trierer Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit).
Personendaten
NAME Fiedrowicz, Michael
KURZBESCHREIBUNG deutscher katholischer Kirchenhistoriker und Patristiker
GEBURTSDATUM 27. Dezember 1957
GEBURTSORT Berlin