Michel Tournier

Michel Tournier (* 19. Dezember 1924 in Paris; † 18. Januar 2016 in Choisel[1]) war ein französischer Schriftsteller.

Leben und Wirken

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Tournier war der Sohn eines Germanisten-Ehepaares, das sich bei Deutschstudien an der Sorbonne kennengelernt hatte. Der Vater war Mitbegründer und Chef des B.I.E.M., der entsprechend der deutschen GEMA mit der Wahrung der Urheberrechte von Künstlern, namentlich Musikern betrauten Organisation. Interesse und Neigung für Deutschland und insbesondere für die deutsche Sprache hatten vor allem in der Familie der Mutter eine alte Tradition. Obwohl der Vater im Ersten Weltkrieg im Kampf gegen Deutsche erheblich verletzt worden war, verbrachten die vier Kinder – drei Söhne und eine Tochter – mit und ohne die Eltern ihre Ferien zumeist in Deutschland und lernten frühzeitig Deutsch. Trotzdem neigte die Familie im Zweiten Weltkrieg nicht zur Kollaboration mit der deutschen Besatzung.

Nach 1945 war Michel Tournier unter den ersten französischen Zivilisten, die nach Deutschland gingen. Im Sommer 1946 nahm er, obgleich er Philosophie und Jura studierte, zunächst an einem von der französischen Militärregierung für französische und britische Germanisten und deutsche Romanisten veranstalteten sechswöchigen Ferienkurs in Bad Teinach im Schwarzwald und in Tübingen teil. Im Anschluss studierte er an der Universität Tübingen vier Jahre Philosophie.

Weil Tournier das erforderliche Examen in Frankreich nicht bestand, misslang seine Absicht, Dozent der Philosophie zu werden. Nach Tätigkeiten bei Verlagen und bei Rundfunkanstalten sowie als literarischer Übersetzer (unter anderem von Erich Maria Remarque) erschien 1967 sein erster Roman Vendredi ou les Limbes du Pacifique (dt. Freitag oder Im Schoß des Pazifik), der mit dem Grand Prix du Roman der Académie française ausgezeichnet wurde.

Für seinen zweiten, 1970 erschienenen Roman Le Roi des Aulnes (dt. Der Erlkönig, 1972) erhielt er – ungewöhnlicherweise einstimmig – den bedeutendsten französischen Literaturpreis, den Prix Goncourt. Der Roman, der vorwiegend während des Zweiten Weltkriegs, zur Hälfte in Frankreich, dann in Deutschland – in Ostpreußen – spielt, ist ein facettenreiches Werk aus realistischen, mythischen, philosophischen, psychologischen und historischen Elementen. Tournier stellt hier die besondere Anziehungskraft des Jugendkults der Nationalsozialisten dar.[2] Der Titel spielt auf Goethes Ballade Erlkönig an und sieht in den Nazis die Kindesverführer.[3] Der Roman hatte in Deutschland beachtlichen Erfolg und wurde 1996 von Volker Schlöndorff unter dem Titel Der Unhold verfilmt.

Tournier war bis 2010 Mitglied der Académie Goncourt, die den gleichnamigen Preis verleiht, und war korrespondierendes Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste und der Sächsischen Akademie der Künste. Er war Träger der Goethe-Medaille und des Premio Malaparte und Ehrendoktor der Londoner Universität. Tournier lebte und arbeitete zuletzt als freier Schriftsteller in Choisel bei Paris.

Rezeption

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Tourniers Werke wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt und einige erhielten weitere Literaturpreise.

Mit Ausnahme des ersten Romans Vendredi ou les Limbes du Pacifique wurden alle Werke von Hellmut Waller ins Deutsche übersetzt, einem gleichaltrigen deutschen Juristen, mit dem Tournier seit einem Ferienkurs von 1946 eng befreundet war. Dieser erhielt für sein übersetzerisches Werk die Verdienstmedaille des Landes Baden-Württemberg.

Werke (Auswahl)

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Autobiographisches

Erzählungen und Novellen

Essays und Ähnliches

Kinder- und Jugendbücher

Romane

Theater

Verfilmungen

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Literatur

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Aufsätze

Bücher

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Commons: Michel Tournier – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. L’écrivain Michel Tournier, auteur du “Roi des aulnes” et de “Vendredi ou la vie sauvage”, est mort à l’âge de 91 ans. FranceTVinfo, 18. Januar 2016, abgerufen am 19. Januar 2016.
  2. Tilman Krause: Kein Franzose liebt die Deutschen so wie er. In: WeltN24, 19. Dezember 2014.
  3. Josef Theisen: Artikel Le roi des aulnes. In: Kindlers Literatur-Lexikon. Metzler, Stuttgart 2009, Band 16, S. 386.
  4. Eine Zeitung fragte, was im Jahr 2000 für die Nachwelt wesentlich sein wird. Tournier antwortete darauf, das wäre sein (fiktiver) Tod in diesem Jahr und schrieb auf, was in einem dazu passenden Nachruf stehen sollte. Tournier also als Nachrufer über sich selbst.
  5. EA; Ausgabe für die DDR Aufbau, Berlin 1984, mit einem Nachwort von Joachim Meinert, ISBN 3-351-01424-4, S. 403–440; weitere Aufl. ohne Nachwort.
  6. Deutsche Uraufführung: 13. September 1989 im Theater Boulevard.
Personendaten
NAME Tournier, Michel
KURZBESCHREIBUNG französischer Schriftsteller
GEBURTSDATUM 19. Dezember 1924
GEBURTSORT Paris, Frankreich
STERBEDATUM 18. Januar 2016
STERBEORT Choisel, Frankreich