Michele Carafa
Michele Carafa

Michele Enrico Francesco Vincenzo Aloisio Paolo Carafa de Colobrano (* 17. November 1787 in Neapel; † 26. Juli 1872 in Paris) war ein italienischer Opern-Komponist und ein Vertreter der sogenannten Neapolitanischen Schule.

Leben

Michele Carafa entstammte der neapolitanischen Adelsfamilie der Carafa di Colobrano; seine Mutter war eine geborene Rothschild. Auf Grund seiner früh erkannten musikalischen Begabung gestattete die Familie ihm, Musik zu studieren, bevor er sich der Familientradition folgend dem Militärdienst zuwandte. Als persönlicher Adjutant Joachim Murats nahm an den Feldzügen Napoleons gegen Russland teil; nach dem Sturz Murats wandte sich Carafa wieder der Musik zu. Seine Oper Gabrielle da Vergy, die einen beziehungsunfähigen Sadisten porträtiert, ist sein Begrüßungsgeschenk für den nach Neapel zurückkehrenden König Fernando I. Das war möglich, da Carafa aus dem neapolitanischen Hochadel stammte und ein Cousin Oberaufseher der Königlichen Theater war. Als sich die politische Reaktion in Neapel nach 1825 verschärfte, ging Carafa (ähnlich Gioachino Rossini) wieder nach Paris. Dank seiner perfekten Französischkenntnisse hatte er (anders als Rossini) keine Probleme, sein Schaffen umgehend als Komponist französischer Opern fortzusetzen. Nach der Julirevolution von 1830 wurden die Leistungen der Bonapartisten von Staats wegen anerkannt: so erhielt Carafa zunächst die französische Staatsbürgerschaft, später auch eine Ehrenpension. Von 1837 bis 1870 war er Kompositionslehrer am Pariser Konservatorium. Mit Rossini blieb er lebenslang befreundet. Legendär waren deren Ausflüge in den Bois de Bologne: Carafa (als Offizier) hoch zu Ross, Rossini bequem im Landauer. 1860 erlebte er noch den Sturz der Bourbonen in Neapel und die Einigung Italiens unter liberalen Vorzeichen als Verfassungsstaat. Das ermöglichte ihm die Aussöhnung mit seinem Heimatland, so dass er seinen musikalischen Nachlass dem Conservatorio di Musica in Neapel vermachte.

Carafa selbst erhielt zunächst Musikunterricht am Konservatorium von Neapel; 1805/06 perfektionierte er seine Studien in Paris bei Luigi Cherubini. Auch während seiner Militärzeit scheint er ein aufmerksamer Beobachter der musikalischen Entwicklung gewesen zu sein. Jedenfalls komponiert er nach 1815 eher in der Art von Gioachino Rossini und (später) Daniel-François-Esprit Auber. Zu seinen erfolgreichsten französischen Opern zählen Le solitaire und Masaniello. Musikgeschichtlich bedeutsamer ist aber sein Beitrag zur italienischen Operngeschichte: Gabriella da Vergy von 1816 ist die erste italienische Oper, bei der der Tod der Hauptdarstellerin auf offener Bühne nicht nur angedeutet, sondern durch eine Sterbearie ausgesungen wird. Sie war das unmittelbare Vorbild für Rossinis Otello und daran anschließend alle „melodrame romantiche“ eines Vincenzo Bellini oder Gaetano Donizetti.[1] 2006 wurde beim Festival Rossini in Wildbad seine Oper I due Figaro (Mailand 1820) wieder aufgeführt. Auch diese Oper war ein politisches Manifest: Zusammen mit Felice Romani entwarf Carafa dabei eine Fortsetzung der Geschichte des Verhältnisses von Figaro und dem Conte Almaviva, die sich als musikalische Kritik auf die mit den Karlsbader Beschlüssen von 1819 einsetzende verschärfte politische Restauration der 1820er Jahre verstehen lässt[1].

Werke (Opern)

Einzelnachweise

  1. a b Michael Wittmann: I Due Figaro in der Vertonung Michele Carafas und Saverio Mercadantes. Abgerufen am 8. Januar 2018.