Eine Online-Umfrage ist eine internetbasierte Befragungsmethode in der empirischen Sozial-, Bildungs-, Markt- und Meinungsforschung. Im Gegensatz zu einem gedruckten Fragebogen wird ein Online-Fragebogen im Webbrowser ausgefüllt.

Technische Umsetzung

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Der Fragebogen wird auf einem Web-Server hinterlegt, entweder als statisches HTML oder innerhalb einer Befragungssoftware, die auf dem Server läuft. Um den Fragebogen auszufüllen, muss ein zu Befragender die entsprechende Internet-Adresse aufsuchen. Dort werden Fragen angezeigt, die in der Regel in einem HTML-Formular beantwortet werden können.

Online-Befragungen werden heute fast ausschließlich mit Hilfe von Befragungsservern, so genannten CAWI-Systemen (Computer Assisted Web Interviewing), realisiert. Die Technik für die Steuerung solcher Befragungen wurde schon in den 1980er-Jahren für computergestützte telefonische Umfragen entwickelt (CATI-Systeme). Die Befragungssoftware präsentiert dem Probanden den Fragebogen Seite für Seite und speichert die eingegebenen Antworten sofort auf dem Server. Ausgefeilte Programme verfügen zudem über eine Vielzahl von Steuerungsmöglichkeiten. Dazu gehören:

Darüber hinaus verfügen die meisten Programme über eine Reihe weiterer Verwaltungsfunktionen, etwa:

Online-Reporting
Diese Komponente erzeugt die Projektstatistiken und stellt sie dem Projektleiter oder dem Auftraggeber über das Internet zur Verfügung. Unter Umständen sind wesentlichen Ergebnisse über das Online-Reporting bereits während der Befragung einsehbar.
Zugangsverwaltung
Zugriffssteuerung etwa anhand der IP-Adresse, eines Passworts oder eines individuellen Zugangsschlüssels. Im letzten Fall erhält jeder Teilnehmer einen individuellen Zugangsschlüssel und kann nur mit diesem auf den Fragebogen gelangen. Abgebrochene Fragebögen können mit Hilfe des Zugangsschlüssels wieder aufgenommen werden.
Unterstützung mehrsprachiger Befragungen
Die Möglichkeit, Fragebögen in unterschiedlichen Sprachen zu realisieren.

Die Erhebung von Daten über das World Wide Web mit Hilfe von Eingabeformularen ist technisch seit der Veröffentlichung von HTML 2.0 im Juli 1994 möglich. HTML ist eine Auszeichnungssprache, in der WWW-Dokumente verfasst sind. Die Version 2.0 enthielt zum ersten Mal das <form>-Element, mit dem sich Eingabeformulare in WWW-Dokumente integrieren lassen. Wann genau in Deutschland die ersten Erhebungen über das WWW stattfanden, lässt sich nicht mit Genauigkeit feststellen. Es kann aber angenommen werden, dass vor 1995 keine Erhebung von Daten über das WWW in Deutschland stattgefunden hat.

Methodische Gesichtspunkte

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Rekrutierung der Befragten

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Die zu Befragenden können beispielsweise per E-Mail, postalisch oder per Telefon zur Teilnahme gebeten werden. Ist eine breite Streuung gefragt oder nur eine spezielle Gruppe von Personen interessant, so werden Anzeige (Banner, PopUp, PopIn, Layer) geschaltet oder Aufrufe zur Teilnahme auf Internetseiten oder in thematisch relevanten Foren veröffentlicht. In den Fällen, in denen Personen nicht individuell kontaktiert werden, stoßen sie beim Surfen mehr oder weniger zufällig auf die Aufforderung zur Teilnahme und entscheiden dann selbst, ob sie den Fragebogen durchlaufen wollen oder nicht.

Insbesondere die häufig auf Webseiten anzutreffenden Umfragen, an denen jeder ohne besondere Aufforderung teilnehmen kann, werden zur wissenschaftlichen Verwendung häufig kritisiert. Die Befragten werden dabei nicht kontrolliert als Stichprobe aus einer Grundgesamtheit ausgewählt, sondern entschließen sich selbst zur Teilnahme (Selbstselektion). Gerade bei kontroversen Themen gibt es in Internetforen und auf anderen Webseiten auch Massenaufrufe zur Teilnahme an bestimmten Umfragen um diese in der gewünschten Art zu beeinflussen.[1] Allgemein kritisiert wird die mangelnde Repräsentativität solcher Auswahlverfahren. Dabei ist allerdings zu unterscheiden, ob die Grundgesamtheit derer, die den Aufruf lesen mit der interessanten Grundgesamtheit identisch ist (etwa bei einer Befragung zur Qualität einer einzelnen Website) oder nicht (etwa wenn die gesamte Bevölkerung eines Landes untersucht werden soll). Außer Frage steht, dass die Selbstselektion mit bestimmten Personenmerkmalen verbunden ist, über die bislang wenig bekannt ist.

Die Mehrfachabstimmung durch einzelne Teilnehmer kann nicht grundsätzlich verhindert werden. Schutzmaßnahmen (Speicherung der IP-Adresse, Verwendung von Cookies, Captchas usw.) lassen sich relativ leicht umgehen, sodass eine automatisierte Massenabstimmung durch Einzelne möglich ist. Zuverlässig unterbinden kann man Mehrfachabstimmungen nur, wenn die zu Befragenden vorab individuell kontaktiert werden und dabei einen individuellen Zugangsschlüssel erhalten. Durch geeignete Verfahren kann trotzdem die Anonymität der Befragten gewährleistet werden.

Praktisch sind Mehrfachabstimmungen nur begrenzt problematisch, nämlich bei Abstimmungen. In den meisten wissenschaftlichen Befragungen können Personen keine eigenen Ziele erreichen, indem sie Fragen beantworten. Deshalb wird sich kaum jemand den Aufwand machen, Fragebögen mehrfach zu beantworten oder gar eine technische Lösung zur Mehrfach-Beantwortung zu entwickeln.

Neue Möglichkeiten der Online-Umfrage

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Das Internet als Befragungsmedium bietet dem Befrager interessante Möglichkeiten bei der Fragebogenentwicklung, die teilweise dem persönlichen Interview vorbehalten sind oder in anderen Erhebungsformen nicht verwendet werden können.[2] Um Teilnehmer über das Internet zu akquirieren, wird oft eine Prämie angeboten. Diese wird meist in Form von Geld oder Gutscheinen für jede ausgefüllte Online-Umfrage an den freiwilligen Teilnehmer ausgezahlt. Daraus resultiert, dass sich Webseiten im Internet auf die Vermittlung von Teilnehmern und Panels spezialisiert haben, und dadurch ein neuer Zweig im Bereich Online-Marktforschung entsteht.

Neuartige Fragetypen

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Die Online-Umfrage ermöglicht den Einsatz von Fragetypen, die in einer Befragung von Angesicht zu Angesicht oder auf Papier nicht möglich oder mit hohem Aufwand verbunden sind

Adaptive Fragebogenführung

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Neben einer adaptiven Frageführung auf Basis von bereits erfassten Antworten (Filter), können Antworten auch neue Fragen bilden. So ermöglicht die Angabe eines Fahrzeugs „Auto XY“ die Verwendung in einer weiteren Frage: „Wie zufrieden sind Sie mit Ihrem Auto XY?“ Anhand personenbezogener Daten ist so eine individuelle Ansprache möglich, welche die Akzeptanz beim Teilnehmer erhöhen kann, wenn sie sinnvoll eingesetzt wird. Überflüssige Fragen können vermieden werden.
Außerdem können in umfangreichen Rating-Studien, bei denen den einzelnen Teilnehmern jeweils nur ein Subset der zu bewertenden Stimuli gezeigt wird, die Abfolge der Stimuli so ausgeglichen werden, dass jeder Stimulus gleich häufig dargeboten wird.

Automatische Kontrollen

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Einfach zu implementierende automatische Kontrollen können zur Erhöhung der Validität beitragen:

Allerdings kann der Einsatz automatisierter Plausibilitätsprüfungen auch mit Nachteilen verbunden sein, wenn beispielsweise Personen den Fragebogen nur ansehen möchten und irrelevante Daten angeben, um die nächsten Seiten zu sehen. Unplausible oder fehlende Antworten können in diesem Fall die Datenbereinigung wesentlich vereinfachen. Motivierte Befragte geben in gut entworfenen Fragebögen meist auch ohne automatische Kontrolle plausible Antworten. Ein Zwang zum Ausfüllen ist dann häufig nur bei einzelnen Fragen sinnvoll, etwa wenn die Befragten ein Item übersehen könnten.

Vorteile der Online-Umfrage

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Nachteile der Online-Umfrage

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Diskussion der methodischen Nachteile

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Zwei Beispiele für Online-Umfragen

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Mitarbeiterbefragungen innerhalb von Unternehmen und (globalen) Konzernen

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Hier sind viele der diskutierten Nachteile dieser Befragungsform weniger stark ausgeprägt bzw. besser kontrollierbar. Die Grundgesamtheit kann eindeutig bestimmt werden; durch Personallisten kann eindeutig angegeben werden, wer zur Grundgesamtheit gehört und wer nicht. In den meisten Unternehmen verfügen heutzutage alle Mitarbeiter über die Möglichkeit des Internet- oder Intranetzuganges. Angestrebte Grundgesamtheit und Erhebungs-Grundgesamtheit (also die Menge der Objekte der Grundgesamtheit, aus der faktisch die Stichprobe gezogen wird) weisen so eine hohe Übereinstimmung auf. Allerdings gilt auch für Online-Umfragen in Unternehmen, dass die zu befragenden Personen durch angemessene Stichprobenverfahren ausgewählt werden. Befragungen, bei denen der Teilnehmer selbst entscheidet, ob er teilnimmt oder nicht (Selbstselektion), entsprechen nicht den Anforderungen an eine repräsentative Erhebung (siehe z. B. die Standards für die Durchführung von Online-Umfragen des Arbeitskreises Deutscher Markt- und Sozialforschungsinstitute e. V. – ADM).[7]

Immerhin kann das Unternehmen durch Kommunikation und Ansprache der Mitarbeiter einer Umfrage einen hohen Stellenwert zuweisen und damit die Gefahr verringern, dass ausgewählte Mitarbeiter nicht teilnehmen oder die Befragung vorzeitig abbrechen. Andere Vorteile kommen voll zum Tragen: Die Befragung kann innerhalb kurzer Zeit in aller Welt zu sehr geringen Kosten durchgeführt werden. Tageszeit und Ort spielen keine Rolle, die Kosten der Kommunikation sind durch die ohnehin vorhandene Vernetzung und Internetpräsenz in aller Regel bereits bezahlt.

Anzeigentests mit CATI-Begleitung

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Bei dieser Interviewform werden ein Computer Assisted Telephone Interview (CATI)- und ein Online-Interview gleichzeitig durchgeführt. Da die Rekrutierung über das CATI-Interview erfolgt und der Interviewer dafür Sorge trägt, dass die befragte Person nicht vorzeitig abbricht, sind wesentliche Nachteile der Online-Befragung ausgeschaltet. Der CATI-Interviewer durchläuft den Online-Fragebogen zusammen mit der befragten Person. Entweder stellt er die Fragen und gibt die Antworten in seinen CATI-Fragebogen ein oder die befragte Person gibt selbst im Online-Fragebogen die Antworten ein. Auch Mischformen sind denkbar. Dieser Befragungstyp wird häufig angewendet, wenn Anzeigenmotive oder Verpackungsdesigns zu bewerten sind. Er vereinigt die Vorteile der direkten Ansprache aus dem telefonischen Interview mit der Multimedia-Kapazität des Internets.

Risiken der Online-Umfrage

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Die online durchgeführte Umfrage kann rechtliche Folgen für den Umfragenersteller haben. Dies gilt besonders bei Einladung der Teilnehmer über ein unternehmensfremdes Umfragetool und bei der dazugehörigen Übergabe von Teilnehmerdaten wie Name, E-Mail-Adresse sowie weitere Attribute (Geschlecht, Alter). In diesem Fall greift § 11 Bundesdatenschutzgesetz und § 80 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch. Der Umfragenersteller ist verpflichtet, einen Vertrag zur Auftragsdatenverarbeitung mit dem Umfragen-Tool-Betreiber einzugehen. Dies gilt jedoch nicht für Betreiber außerhalb der EU. In diesem Fall kommen andere Gesetze zur Geltung, wie etwa das Safe Harbor Abkommen mit den USA bis zum Safe Harbour Urteil 2015. Ein weiteres Risiko von Online-Umfragen betrifft die Anonymität: durch die internetgestützte Erhebung kann eine Vielzahl an Daten zur Aufhebung der Anonymität der Teilnehmer führen. Dies kann entweder direkt (über die IP-Adresse) oder indirekt (durch Kreuztabellierung der mitgesendeten Metadaten wie Browser, Betriebssystem, Gerät, Startdatum) geschehen.

Siehe auch

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Literatur

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Einzelnachweise

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  1. Exemplarisch: Chinesische Webseiten rufen zur Manipulation auf - Hunderttausende Chinesen klicken tagesschau.de-Umfrage.
  2. F. Funke, U.-D. Reips: Datenerhebung im Netz: Messmethoden und Skalen. In: M. Welker, O. Wenzel (Hrsg.): Online-Forschung 2007: Grundlagen und Fallstudien. Halem, Köln 2007, S. 52–76.
  3. M. T. Thielsch, S. Weltzin: Online-Befragungen in der Praxis. In: T. Brandenburg, M. T. Thielsch (Hrsg.): Praxis der Wirtschaftspsychologie: Themen und Fallbeispiele für Studium und Praxis. Monsenstein und Vannerdat, Münster 2009, S. 69–85 (PDF)
  4. Birgit van Eimeren, Beate Frees: Ergebnisse der ARD/ZDF-Onlinestudie 2009 : Der Internetnutzer 2009 – multimedial und total vernetzt? auf: ard.de. In: Media Perspektiven. Nr. 7, 2009, S. 334–348.
  5. S. D. Gosling, S. Vazire, S. Srivastava, O. P. John: Should we trust webbased studies? A comparative analysis of six preconceptions about Internet questionnaires. In: American Psychologist. 59, 2, 2004, S. 93–104.
  6. S. Srivastava, O. P. John, S. D. Gosling, J. Potter: Development of personality in early and middle adulthood: Set like plaster or persistent change? In: Journal of Personality and Social Psychology. 84, 5, 2003, S. 1041–1053.
  7. Standards für die Durchführung von Online-Umfragen (PDF-Datei)
  8. W. Dzeyk: Ethische Dimensionen der Online-Forschung. In: Kölner Psychologische Studien. Jahrgang VI, Heft, 1, 2001, S. 1–30.