OSE SA

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Rechtsform Aktiengesellschaft
Gründung 1. Januar 1970[1]
Sitz Athen, Griechenland Griechenland
Leitung
  • Konstantinos Petrakis (CEO)[2]
Mitarbeiterzahl 1.260 (2017)[1]
Branche Eisenbahnunternehmen
Website www.ose.gr
Schriftzug der Eisenbahngesellschaft am Hauptbahnhof Athen

Die Organismós Sidirodrómon Elládos (ΟΣΕ, Οργανισμός Σιδηροδρόμων Ελλάδος, Griechische Eisenbahnorganisation; früher international Chemins de fer Hellénique, CH[3][4]) ist das staatliche Eisenbahninfrastrukturunternehmen in Griechenland.

Die Hauptverwaltung der OSE befindet sich in Athen.

Geschichte

Anfänge

Peloponnesischer Bahnhof in Athen (Entwurf Ernst Ziller, Foto wenige Tage nach der Stilllegung 2005)
IC-Dieseltriebwagen der Baureihe 520 aus deutsch-deutscher Fertigung

1920 wurden die meisten der bisher in Griechenland tätigen Bahngesellschaften in der neugegründeten Staatsbahngesellschaft, Sidirodromoi Ellinikou Kratos (SEK) (Eisenbahnen des griechischen Staates, früher auch: international Chemins de Fer de l’État Hellénique – CEH[3][4]) zusammengefasst.

Die Besatzung Griechenlands durch Deutschland, Italien und Bulgarien während des Zweiten Weltkriegs hatte zur Folge, dass 93 % der Loks, 98 % der Personenwagen, 84 % der Güterwagen sowie weitere Bahninfrastruktur wie Brücken und Tunnel zerstört wurden.[5]

In seinem Sammelwerk „Die Opfer Griechenlands im Zweiten Weltkrieg“ fasste der Architekt Konstantinos Doxiadis die Verluste des griechischen Bahnnetzes zusammen. So wurden alle 29 vor dem Krieg vorhandenen Brücken mit mehr als 40 m Länge während der Besatzung zerstört. Zusätzlich wurden 55 Brücken mit einer Länge zwischen 10 und 40 Metern zerstört.[6]

Die OSE wurde dann 1973 als Nachfolgeorganisation der SEK gegründet.

1975 wurde die bis dahin noch private Bahnstrecke Piräus–Athen–Kifissia von der OSE übernommen.[7] Mit der Übernahme wurde die Strecke defizitär, während vorher regelmäßig Dividenden an die Aktionäre der Betreibergesellschaft ausgezahlt worden waren.[7] 1977 umfasste das griechische Eisenbahnnetz 2502 Kilometer. Davon waren 1565 Kilometer in Normalspur ausgeführt, 915 Kilometer in Meterspur und 22 Kilometer in Schmalspur (600 mm, Pilionbahn). Bezogen auf seine Fläche hatte Griechenland eine sehr geringe Eisenbahnnetzdichte von lediglich einem Kilometer Strecke auf 52,75 km² Fläche. Auch waren lediglich drei Streckenabschnitte zweigleisig ausgebaut: Piräus–Athen–Kifisia (22 km), Athen–Inoi bzw. Oinoi (61 km) und Thessaloniki–Platy (38 km).

Mit Ausnahme der elektrifizierten Schnellbahnstrecke Piräus–Athen–Kifisia gab es ausschließlich Diesellokomotiven. Für den Gütertransport kamen sogar noch Dampflokomotiven zum Einsatz.[7] Gleichzeitig wurde damals die Meterspurstrecke Kryoneri–Agrinio (Ätolien-Akarnanien) stillgelegt und die Strecke Volos–Milies (Magnisia) auf gelegentlichen Museumsbahnbetrieb reduziert.[7] Damals bestanden im Personenverkehr internationale Verbindungen in die Türkei, über Jugoslawien nach Mitteleuropa und über Bulgarien und Rumänien in die Sowjetunion.

Noch in den 1970er Jahren war die Bahn jedoch ein wichtiges Verkehrsmittel für Reisen nach Mitteleuropa. Der Hellas-Express verband Athen mit Dortmund, zusätzlich fuhr der Akropolis-Express von Athen nach München. Mit dem Aufkommen preiswerter Flugverbindungen und dem Jugoslawienkrieg nahm die Bedeutung dieser Zugverbindungen rapide ab. Seit 1993 gibt es keine Direktverbindung nach Deutschland mehr. Zusätzlich wuchs die Konkurrenz durch den Flugverkehr. Zwischenzeitlich gab es wieder die Verbindungen D 401 Thessaloniki–Wien Süd und D 460 Budapest–Thessaloniki. An Bedeutung gewann auch die Strecke Thessaloniki–Istanbul, auf der einfache Züge und der komfortable Dostluk/Filia Express (IC90/IC91) verkehrten. Die parallel verlaufende Busverbindung war zwar etwas billiger, bot aber keine Schlafmöglichkeit.

Seit 1990

Die Elloks HellasSprinter sind ein Derivat der Siemens EuroSprinter

Im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern nahm die Bahn in Griechenland lange Zeit als Verkehrsmittel eine Nischenrolle ein. Dies hatte zwei Gründe: Zum einen ist die Topografie des griechischen Festlandes durch Gebirge geprägt. Bahnbau fordert hier erhebliche Investitionen. Zum anderen liegen viele bedeutende Zentren, besonders des Fremdenverkehrs, ohnehin auf Inseln. Die ambitionierten Planungen zur Anbindung der bislang nicht von Eisenbahnen bedienten Landesteile, insbesondere im Westen des Landes, wurden bislang nicht realisiert. Die Ausbauplanung konzentrierte sich nach 1990 auf die Fernstrecke Korinth–Athen–Thessaloniki und auf den Schienenverkehr in den beiden großen Ballungsräumen des Landes. Die großen Modernisierungsmaßnahmen umfassten Streckenelektrifizierungen, die Athener S-Bahn, die Umspurung von Strecken der Schmalspur auf Normalspur und die Steigerung der Höchstgeschwindigkeit auf bis zu 200 km/h.

Im Februar 2011 wurden alle verbliebenen Auslandsverbindungen (ein Reisezugpaar von Thessaloniki nach Istanbul, ein Zugpaar nach Skopje und drei Zugpaare nach Sofia, davon eines bis Bukarest) aus wirtschaftlichen Gründen bis auf weiteres eingestellt. Am 12. Mai 2014 wurde der planmäßige Personenverkehr mit einer Kurswagengruppe von Thessaloniki nach Sofia sowie einem Zugpaar von Thessaloniki nach Belgrad über Skopje wieder aufgenommen.

Ausbaupläne

Neubau der Normalspurstrecke Korinth–Patras bei Vrachati.

Der intensive Ausbau der Vorortbahnen um Athen hat die Bahn neben der Metro zu einem Standbein des Athener öffentlichen Nahverkehrs gemacht. Wichtige Strecken des Fernverkehrs, wie Korinth–Patras und Athen–Thessaloniki werden ausgebaut. Bis Ende des Jahrzehnts sollte der Ausbau der PATHE-Achse (Patras–Athen–Thessaloniki–Idomeni) fertiggestellt sein; die Strecke sollte dann durchgängig zweigleisig elektrifiziert mit 200 km/h befahrbar sein.

Am 20. Mai 2019 wurde der elektrische Betrieb zwischen Athen und Thessaloniki aufgenommen, die schnellste Verbindung benötigt jetzt knapp 4 Stunden für etwa 500 km, zuvor waren es noch 5:30 Stunden. Die Strecke nach Patras ersetzt die bisherige Meterspurstrecke, die mit Ausnahme eines kurzen Abschnitts im Vorortverkehr von Patras seit 2011 stillgelegt ist. Seit Juni 2020 ist die Strecke bis Egio in Betrieb. Für den restlichen Abschnitt bis Patras war eine Fertigstellung bis 2023 angekündigt, jedoch ist bislang noch keine endgültige Trassenführung im Stadtbereich von Patras festgelegt worden.[8]

Dagegen wird die Anbindung Nordwestgriechenlands an das Schienennetz noch auf sich warten lassen, zumal die Kosten-Nutzen-Relation sehr schlecht ist (aufgrund der gebirgigen Topografie und der dünnen Besiedlung) und das Projekt eher symbolischen Charakter hat.

Teilprivatisierung

Um eine Teilprivatisierung der OSE zu ermöglichen, wurde der Bereich des Verkehrs als – zunächst nur rechtlich – eigenständiges Eisenbahnverkehrsunternehmen 2013 als Tochtergesellschaft aus der OSE ausgegründet und TrainOSE benannt. Am 18. Januar 2017 wurde TrainOSE für 45 Mio. Euro an die italienische Staatsbahn Ferrovie dello Stato Italiane (FS) verkauft.[9] Der Eigentumsübergang erfolgte zum 14. September 2017.[10] Der Personen- und Güterverkehr wird von der TrainOSE durchgeführt. Dabei blieben die Eisenbahnfahrzeuge von der Privatisierung ausgenommen. Sie wurden in eine eigene Gesellschaft ausgegliedert, die Eigentümerin der 1160 Eisenbahnfahrzeuge ist, und nicht privatisiert wurde.[10] In Folge des Übergangs der TrainOSE an die FS kommen seit dem 15. Mai 2022 renovierte, ehemalige italienische Elektrotriebwagen mit Neigetechnik der Baureihe ETR 470 zwischen Athen und Thessaloniki im hochwertigen Schnellverkehr zum Einsatz.[11]

Eisenbahnunfall von Tembi

Der Eisenbahnunfall von Tembi ereignete sich am 28. Februar 2023 auf der Eisenbahnstrecke von Athen nach Thessaloniki. Bei dem bislang schwersten Eisenbahnunfall der Geschichte Griechenlands verunglückten mindestens 57 Personen tödlich, 25 erlitten schwere Verletzungen. Es kam dabei zum Zusammenstoß des Personenzugs mit einem entgegenkommenden Güterzug.[12]

Streckennetz

Karte des griechischen Streckennetzes
Bild der Eisenbahnstrecken bei Agii Anarjiri im Norden von Athen. Links die Meterspurstrecke (alt) in Richtung Kórinth, rechts die Regelspurstrecke zum neuen Hauptbahnhof SKA.

Das Streckennetz der OSE erstreckt sich über die Peloponnes, Zentralgriechenland, Makedonien und Westthrakien. Auf den griechischen Inseln gibt es keine Eisenbahnstrecken.

Von der Meterspurbahn sind auf der Peloponnes heute nur noch zwei Teilstrecken in Betrieb, die Vorortbahn von Patras zwischen Agios Vasileios und Agios Andreas, und die Verbindung Katakolo–Olympia. Die Meterspurstrecke Piräus–Athen–Korinth wurde 2005 durch eine neu trassierte Normalspurstrecke ersetzt, die 2007 bis Kiato und 2020 bis Rhododaphni erweitert wurde. Der ganz überwiegende Teil des griechischen Netzes ist so heute regelspurig.

Regelspur

Mit Eröffnung der neuen Strecken zum Athener Flughafen 2003 wurden die Nahverkehrs- oder S-Bahnstrecken in das weitestgehend autarke Unternehmen Proastiakos ausgegliedert, das anschließend wiederum in die Eisenbahnverkehrsgesellschaft Trainose eingegliedert wurde. Diese betreibt nun neben den Fernverkehrsstrecken auch die Strecken von Kiato bis zum Flughafen Athen, von Piräus bis Ano Liosia sowie die 2007 errichtete S-Bahn Thessaloniki von Thessaloniki bis Larisa.

Meterspur

Bahnhof Patras
Bahnhof Asprochoma
Dieselelektrische ALCO-Lokomotive der Peloponnesbahnen im alten Bahnhof Kórinthos

Der ganz überwiegende Teil des griechischen Meterspurnetzes befand sich auf der Peloponnes. Es wurde ab dem Ende des 19. Jahrhunderts von der Sidirodromi Pireos–Athinon–Peloponnissou (SPAP) aufgebaut. Das Netz bestand aus den seit 2011 ganz überwiegend stillgelegten Strecken:

Die Bahnstrecke Paleofarsalos–Volos ist noch vorhanden, aber nicht mehr im Regelbetrieb. Zwischen den Bahnhöfen Velestino und Aerino findet gelegentlich Museumsbetrieb statt.

Weitere Schmalspurstrecken

Sonstige Aktivitäten

Bus der OSE

Die OSE betreibt zwar keine Buslinien, unterhält aber eine Flotte an Reisebussen, die für Schienenersatzverkehre genutzt werden und auch im Rahmen von Paketangeboten (etwa Fahrten zu Sehenswürdigkeiten) im Einsatz sind.

Im früheren Lokschuppen der Peloponnesbahn in Piräus befindet sich das Eisenbahnmuseum Athen, welches von der OSE unterhalten wird.

Literatur

Einzelnachweise

  1. a b Finanzbericht 1. Halbjahr 2017 (PDF; 955 KB; englisch) Seite 16 und 32, abgerufen am 26. Februar 2018
  2. a b ose.gr: Management (englisch), abgerufen am 26. Februar 2018
  3. a b Karlheinz Hartung, Erich Preuß: Chronik Deutsche Eisenbahnen 1835–1995, transpress Verlag, Stuttgart 1996, ISBN 3-344-71038-9, S. 133 (a), S. 76 (b)
  4. a b Harald Navé: Dampflokomotiven in Mittel- und Osteuropa, Franckh’sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart 1977, ISBN 3-440-04368-1
  5. ffotinos: Διαδροµές και σταθμοί στην ιστορία του ελληνικού σιδηροδρόμου. Video και φωτογραφίες από την επετειακή εκδήλωση των 150 χρόνων. In: Metaforespress. 13. April 2019, abgerufen am 3. November 2022 (griechisch).
  6. Έκθεση Δοξιάδη: Οι θυσίες της Ελλάδας στον Β΄ Παγκόσμιο Πόλεμο. 28. Oktober 2021, abgerufen am 3. November 2022 (griechisch).
  7. a b c d Dimitrios J. Delivanis: Verkehrswesen und Infrastruktur. In: Klaus-Detlev Grothusen (Hrsg.): Südosteuropa-Handbuch, Band III: Griechenland. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1980, ISBN 3-525-36202-1, S. 349.
  8. Lok-Report: Griechenland: Aufnahme des kommerziellen Personenverkehrs Kiato - Aigio., 19. Juni 2020, abgerufen am 3. März 2022
  9. Erfolgreiche griechische Privatisierung: Griechenland verkauft seine Bahn für 45 Millionen Euro an Italien auf NZZ-online vom 16. Juli 2016, abgerufen am 17. Juli 2016
  10. a b pd/mr: Trainose in italienischer Hand. In: Eisenbahn-Revue International 11/2017, S. 569.
  11. bac: Einsätze des ETR 470 in Griechenland gestartet. In: Eisenbahn-Revue International 7/2022, S. 366f.
  12. Welt: Mindestens 57 Tote bei Zugunglück in Griechenland – „Jahrzehntelanges Versagen“ der Verwaltung. 3. März 2023, abgerufen am 6. März 2023
  13. Neubautrassen gehen in Betrieb. In: eisenbahn-magazin. Nr. 6, 2018, ISSN 0342-1902, S. 37.
  14. Train OCE: Tickets – Search, 2021-10-17 für 2021-10-20, Bei Wiederbesuch muss das Datum aktualisiert werden
  15. Christoph Müller: Probefahrten Patras–Kato Achaia auf dem Peloponnes. In: RailBusiness, 7. Mai 2019.
  16. Christoph Müller: Strecke auf dem Peloponnes fertiggestellt. In: RailBusiness, 23. Januar 2020.