Paul Otto Matzerath (* 26. Oktober 1914 in Düsseldorf; † 21. November 1963 in Camp Zama bei Tokio) war ein deutscher Dirigent.

Leben

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Otto Matzerath wurde 1914 als Sohn des Bankangestellten Josef Matzerath und dessen Frau Anna, geb. Garding, in Düsseldorf geboren.

Jugendzeit

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Er machte sein Abitur (April 1934) am damaligen Hindenburg-Gymnasium in Düsseldorf und beendete gleichzeitig sein Studium (November 1934) am Buths-Neitzel-Konservatorium (heute Robert Schumann Hochschule) in Düsseldorf in den Fächern Klavier und Geige. Seine Lehrer waren Bram Eldering (Violine), Hans Weisbach (Klavier) und Joseph Neyses (Theorie). Schon als Sechzehnjähriger konnte er die Aufführung einer Schuloper („Der Jasager“ von Brecht/Weill) leiten. Als Dirigent war er Autodidakt.

Werdegang zwischen 1935 und 1944

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Seine erste Anstellung fand er in Gladbach-Rheydt (Mönchengladbach) als Solorepetitor und Kapellmeister (1. Januar 1935 bis 15. Mai 1936). Von August 1936 bis August 1937 war er Kapellmeister für Oper und Operette am Krefelder Stadttheater und von September 1937 bis April 1940 Kapellmeister der Oper und musikalischer Leiter des Stadttheaters Würzburg. Nachdem er am 14. Januar 1940 mit der Oper „Carmen“ in Karlsruhe gastiert hatte, wurde ihm ab 1. September 1940 (als Nachfolger von Joseph Keilberth) die Leitung der Oper und der Konzerte und somit das Amt des Generalmusikdirektors am Badischen Staatstheater Karlsruhe (bis zum 15. August 1956) übertragen.[1] In dieser Zeit führte er folgende Opern auf: 1940: „Troubadour“, „Enoch Arden“, „Meistersinger“. 1941: „Tannhäuser“, „Walküre“, „Carmen“, „Simon Boccanegra“, „der fliegende Holländer“, „Don Juan“, „Fidelio“, „La Traviata“, „Zauberflöte“, „Lohengrin“, „Figaros Hochzeit“. 1942: „Tristan“, „Figaro“, Die vier Grobiane, „Fidelio“. 1943/44: „La Boheme“, „Rosenkavalier“, „Schinderhannes“, „Dicke Elster“, „Walküre“, „Le Laudi“, „Siegfried“, „Butterfly“, „Figaro“, „Freischütz“. Er war der einzige Kapellmeister in Deutschland, der zur Wehrausbildung eingezogen wurde und musste für jedes Konzert „befreit“ werden. Durch Vermittlung von Wilhelm Furtwängler wurde er davon freigestellt (Juni 1942). Gegen Ende des Krieges wurde er schließlich zusammen mit dem Bühnenbildner Heinz-Gerhard Zircher, dem Schauspieler Gustav Altnöder und dem Opernregisseur Robert Krahl im August 1944 in Zuffenhausen (Stuttgart) zur Wehrmacht eingezogen. Später wurde er nach Böblingen zu den Funkern verlegt. Auf Erlass von Goebbels vom 10. August 1944 wurden alle Theater im Sommer 1944 geschlossen. Die letzte Aufführung im Karlsruher Theater fand am 9. Juli 1944 statt („Figaros Hochzeit“). Konzerte in Deutschland während des Krieges: Regelmäßig bei den Berliner Philharmonikern (ab 1941 ständiger Gastdirigent auf persönliche Einladung von Wilhelm Furtwängler), Heidelberg (1942/43), Dresden (1943 und 1944 mit Konzert in Halle), Leipzig (1. Mai 1944). Auslandsengagements: Venedig (Februar 1943), Budapest (Juli und Oktober 1943, Februar 1944).

Werdegang in der Nachkriegszeit

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1945 geriet er in Tuttlingen in französische Gefangenschaft. Er flüchtete (ohne Papiere) mit einem befreundeten Arzt zu Fuß nach Konstanz. Mit der Reichsbahn, für die er durch einen Karlsruher Freund einen Berechtigungsschein ergattern konnte, kam er wieder nach Karlsruhe. Der dortige Coca Cola-Vertreter Troullier verschaffte ihm dann die notwendigen Papiere. Im August 1945 wechselte in Karlsruhe die Besatzungsmacht von der französischen zur amerikanischen. Der alte Theater-Intendant Thur Himmighoffen war als Reserveoffizier zur Wehrmacht eingezogen worden und nahm sich am 12. November 1944 das Leben. Er soll in betrunkenem Zustand im Offizierskasino in Böblingen antinazistische Äußerungen von sich gegeben haben, woraufhin ihm der Griff zur Pistole nahegelegt worden sei[2]. Der Schauspieler Hans Herbert Michels wurde neuer Intendant und Leiter des Schauspiels.

Durch seine einwandfreie politische Biographie konnte er sofort nach Kriegsende die Arbeit am Staatstheater fortsetzen. Da das Theater bei einem Fliegerangriff stark zerstört worden war, zog es ins heutige Konzerthaus. Als erste Oper wurde „Hänsel und Gretel“ (mit Else Blank und Hannelore Wolf-Ramponi) aufgeführt, danach „La Traviata“. 1946 folgte „Fidelio“, 1947 „Carmina Burana“ und die „Zauberflöte“. 1948 gab es „Tristan und Isolde“ und 1950 „Elektra“ (mit dem Architekten Egon Eiermann als Bühnenbildner). Am 20. Dezember 1945 wurde er zum Generalmusikdirektor am Badischen Staatstheater Karlsruhe ernannt. Die amerikanische Militärregierung forderte ihn auf, eine schriftliche Zulassung als Intendant (Lizenz Nr. 5209 vom 5. Oktober 1945) zu beantragen, um den Betrieb des Theaters zu gewährleisten, falls wieder ein Intendant von den Amerikanern entlassen werden sollte.

Im September 1945 gründete er das Matzerath-Quartett mit Instrumenten der Familie Ney aus Söllingen. Die Mitglieder waren neben ihm Frau Professor Elisabeth Weizenecker (2. Geige), Georg Valentin Panzer (Bratsche), Hans van Geldern (Violoncello). Die Konzerte fanden erst in Privatwohnungen statt, später im Haus Solms in Karlsruhe. Als Instrumentalsolist begleitete er Karl Erb bei einem Schubert-Abend in Karlsruhe, spielte mit dem berühmten Köckert-Quartett Schuberts „Forellenquintett“ und gab mit Erika Köth einen Volksliederabend. Mit ihr brachte er später eine Schallplatte (Electrola, 1956) mit Volksliedern heraus (die er auch musikalisch bearbeitete).

Im April 1946 wurde Hans Herbert Michels von den Amerikanern die Lizenz entzogen, er war Mitglied der NSDAP und soll den Entnazifizierungsfragebogen gefälscht haben. Die Amerikaner erteilten ihm Berufsverbot. Matzerath wurde daher Interims-Intendant. Danach bis September 1946 wurde Erich Weidner für kurze Zeit zum Intendanten ernannt. Ihm folgte Erwin Hahn (1. Januar 1947 bis 30. Oktober 1947), der früher in Heidelberg und München tätig war. Von August 1948 bis Ende 1948 war Hans Schulz-Dornburg Intendant. Dessen Nachfolger wurde kommissarisch Heinrich Köhler-Helffrich. Ihm folgte wiederum von 1950 bis 1953 Heinz-Wolfgang Wolff.

In den Zeiten ohne Intendant musste Matzerath auch als Intendant einspringen. Danach kehrte mit Paul Rose (1953 bis 1962) Ruhe ein. Opernaufführungen in dieser Zeit waren „Turandot“ (mit Erika Köth), „Salome“ (mit Lieselotte Enk), „Falstaff“ (mit Eugen Ramponi), „Hänsel und Gretel“ (mit Erika Köth und Anke Naumann), „Rosenkavalier“ (mit Erika Köth und Anke Naumann), „Don Giovanni“ (Kostüme und Bühnenbild von Heinz-Gerhard Zircher), „Catulli Carmina“, „Tristan“, „Meistersinger“, „Carmina Burana“, „Elektra“, „Ariadne auf Naxos“, „Iphigenie auf Aulis“ (mit Hannelore Wolf-Ramponi), „Cosi fan tutte“ (1953 mit Erika Köth; ihre letzte Rolle in Karlsruhe in einer regulären Opernaufführung, bevor sie nach München ging), „Arabella“ (mit Hannelore Wolf-Ramponi), „Falstaff“ (mit Eugen Ramponi), „Otello“ (mit Hannelore Wolf-Ramponi und Josef Walden), „Orpheus und Euridike“, „Johanna auf dem Scheiterhaufen“ (mit Lore Hansen). Erika Köth bekam eine Abschiedsvorstellung in Karlsruhe: „Hänsel und Gretel“. Er selbst verabschiedete sich mit der Oper „Butterfly“ vom Karlsruher Staatstheater.

Ab 1. September 1955 bis 31. August 1961 war er Chefdirigent des Sinfonieorchesters des Hessischen Rundfunks in Frankfurt.[3] Seine Hauptaufgabe dort war die Aufführung von Sinfoniekonzerten und die Produktion von Rundfunkaufnahmen. So spielte er auch Opern für den HR ein: „Orpheus und Euridike“ (mit Ira Malanjuk, Elfride Trötschel und Lisa Otto), „Hänsel und Gretel“ (mit Erika Köth, Elfriede Grümmer und Marcel Cordes), „Fidelio“ (mit Maud Cunitz, Erika Köth, Ernst Kozub, Gottlob Frick und Marcel Cordes), den „Barbier von Bagdad“ (mit Julia Costa, Max Noack, Benno Kusche, Helmut Krebs, Anneliese Rothenberger, Gisela Litz, Richard Holm und Josef Greindl) und den „Rosenkavalier“ (mit Erika Köth, Clara Ebers, Joseph Greindl, Gisela Litz, Benno Kusche und Lorenz Fehenberger). Außerdem gab er Gastspiele im In- und Ausland.

Vom 1. September 1961 bis zum 31. August 1962 war er noch als freier Dirigent beim Hessischen Rundfunk beschäftigt. Im März 1962 wurde er für ein Gastspiel beim Staatlichen Sinfonie-Orchester Ankara (einem der ältesten Sinfonieorchester der Welt) in der Türkei verpflichtet, und es schloss sich ein Vertrag als Chefdirigent dieses Orchesters an (bis 31. August 1963). Mit diesem Orchester machte er im Sommer 1963 eine Konzertreise durch Europa.

Ab dem 1. September 1963 war er Chefdirigent des Yomiuri-Nippon-Sinfonieorchester in Tokio, das Orchester der größten japanischen Zeitung, der Yomiuri Shimbun. Der Vertrag war bis zum 31. August 1964 geschlossen und sollte verlängert werden, doch er starb am 21. November 1963 im amerikanischen Militärkrankenhaus (Sagami Ono) in Zama bei Tokio in Japan.

Konzerte in Deutschland: Berliner Philharmoniker, Leipzig, München (1949, 1958), Heidelberg (1947/1955), Bamberg (1947/1950), Hamburg (1949/1953/1957), Freiburg (1950), Frankfurt a. M., Essen (1956), Tübingen, Schwetzingen, Münster (1959), Saarbrücken (1961), Stuttgart (1951), Nürnberg, Dresden (1956), Düsseldorf, Köln (1949), Bonn, Wiesbaden (1949/1955/1961), Dortmund (1956), Essen (1956) Konzerte im Ausland: Paris (29. Juli 1949 als erster deutscher Dirigent), Basel (1949; das erste Konzert eines deutschen Orchesters im Ausland nach dem Zweiten Weltkrieg), Dublin (1950, 1952), Neapel (1955/57), Turin (1956), Mailand (1963), Zürich, Madrid, Barcelona, Oslo, Stockholm, Helsinki.

Privates

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Grabstein

Otto Matzerath war gläubiger Katholik und zeigte diese seine Einstellung auch in der Zeit des Nationalsozialismus. Dies brachte ihm mehrfach Probleme mit dem Nazi-Regime ein. Er war deshalb auch politisch völlig unbelastet und konnte seine Karriere nach dem Zweiten Weltkrieg nahtlos fortsetzen. Er heiratete am 15. Juli 1944 Lore Matzerath (geb. Bohner) und hatte mit ihr fünf Kinder. Sein Grab auf dem Karlsruher Hauptfriedhof besitzt einen Grabstein, der von dem bedeutenden Karlsruher Bildhauer Emil Sutor gestaltet wurde.

Ehrungen

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Am 18. Januar 1947 wurde ihm die Würde des Ehrenbürgers der Technischen Hochschule Karlsruhe (heute Universität Karlsruhe/KIT) verliehen.

Aufnahmen als Dirigent

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(manche Aufnahmen haben aufgrund des Alters eine schlechte technische Qualität)

Instrumentalwerke

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Opern

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Lieder

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Literatur

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Filmaufnahmen

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Radio-Interview mit Otto Matzerath: Hessischer Rundfunk: Gespräch mit Generalmusikdirektor Otto Matzerath, 1955

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Einzelnachweise

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  1. Verzeichnis der Karlsruher Generalmusikdirektoren
  2. Ferdinand Köster: Als Orpheus wieder sang…Der Wiederbeginn des Opernlebens in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg. Edition Octopus, Verlagshaus Monsenstein und Vannerdat OHG Münster 2009
  3. hr-Sinfonieorchester: Chefdirigent: 1955–1961 (Memento vom 22. August 2014 im Internet Archive)
  4. RIAS-Sinfonie-Orchester
Personendaten
NAME Matzerath, Otto
KURZBESCHREIBUNG deutscher Dirigent
GEBURTSDATUM 26. Oktober 1914
GEBURTSORT Düsseldorf
STERBEDATUM 21. November 1963
STERBEORT Tokio