Frei Pedro Sinzig (* 29. Januar 1876 in Linz am Rhein; † 8. Dezember 1952 in Düsseldorf) war ein brasilianischer Franziskaner, Komponist, Schriftsteller und Journalist deutscher Herkunft.

Leben

Sinzig studierte nach seinem Eintritt in den Franziskanerorden Philosophie und Theologie in Harreveld bei Lichtenvoorde (Niederlande).[1] 1893 reiste er als Missionar nach Brasilien aus und wurde kurz vor seiner Priesterweihe in Salvador da Bahia 1898 brasilianischer Staatsbürger. Er gründete 1902 die Zeitschrift Cruzeiro do Sul in Lages, 1910 den Verlag und die Druckerei Centro da Boa Imprensa in Petrópolis, redigierte von 1908 bis 1920 die Zeitschrift Vozes de Petrópolis und war Organisator des ersten Congresso Nacional dos Jornalistas Católicos. 1910 stellte er auf einer Vortragsreise durch Deutschland Brasilien als Land geistiger und künstlerischer Möglichkeiten vor. Zum Zweck des brasilianisch-deutschen Kulturaustausches gründete Sinzig die Gesellschaft Pró-Arte. Er war Professor und Direktor der Escola de Música Sacra und veröffentlichte die Zeitschrift Música Sacra und das Filmjournal A Tela. Weiterhin war er Mitglied der Academia Brasileira de Música (Stuhl 5),[2] mit deren Präsidenten Heitor Villa-Lobos er befreundet war.

Neben zahlreichen Musikkritiken verfasste Sinzig um die fünfzig Romane, Novellen, Essays und Übersetzungen, ein Musiklexikon sowie Biographien des Patres Rogério Neuhaus und Fabiano de Cristo. 1922 erschienen seine Erinnerungen Reminiscências de um Frade (deutsch 1925: Mönch und Welt: Erinnerungen eines rheinischen Franziskaners in Brasilien, in zweiter Auflage unter dem Titel Lebendig begraben?).

Sinzig trat als Dirigent auf und komponierte etwa 70 vor allem kirchenmusikalische Werke,[1] darunter 14 Messen, sechs Litaneien und vier Prozessionsmärsche, die Oper Frei Antônio zum vierhundertsten Jahrestag der Gründung São Paulos 1954 sowie folkloristische Stücke.

Unter den Deutschbrasilianern warnte P. Sinzig vor jeglicher Annäherung an den Nationalsozialismus.[3] Schon 1937 hatte die deutsche Botschaft in Rio de Janeiro ans Auswärtige Amt berichtet, dass Pater Sinzig zusammen mit Juden gegen Hitler hetze.[4] Aufsehen erregte sein 1938 in Rio de Janeiro erschienenes Buch O Nazismo sem Máscara. Fatos e Documentos (Der Nazismus ohne Maske. Tatsachen und Dokumente), veröffentlicht unter dem Pseudonym João Bauer Reis. Denn Pedro Sinzig wusste, was er riskierte. Als die Autorschaft offenbar wurde, antworteten die Nazis mit Repressalien gegen seine Verwandten in Deutschland.[5] Er war maßgeblich an der Gründung der Bewegung „Freies Deutschland“ 1942 durch deutsche und österreichische Nazigegner in Brasilien beteiligt.[6]

P. Sinzig starb 1952 während einer Deutschlandreise.[1]

Schriften

Literarische Werke in deutscher Sprache

Literarische Werke in portugiesischer Sprache

Schriften zur Literatur

Schriften zu Gesellschaft, Politik und Religion

Musikwissenschaftliche Beiträge

Biographische und autobiographische Werke

Kompositionen

Literatur

Fußnoten

  1. a b c Karl Heinrich Oberacker: Der deutsche Beitrag zum Aufbau der brasilianischen Nation. Herder, São Paulo 1955. Darin der Absatz „Petrus Sinzig (1876–1952)“, S. 404.
  2. Acadêmicos. In: org.br. Academia Brasileira de Música, abgerufen am 20. September 2022 (brasilianisches Portugiesisch, Suchbegriff: Cadeira 05).
  3. Friedrich Muckermann: Im Kampf zwischen zwei Epochen. Lebenserinnerungen. Mainz 1973, S. 611 und 616.
  4. Patrik von zur Mühlen: Fluchtziel Lateinamerika. Die deutsche Emigration 1933-1945. Politische Aktivitäten und soziokulturelle Integration. Verlag Neue Gesellschaft, Bonn 1988, ISBN 3-87831-472-8. S. 194.
  5. Sophia A. Lyra: São Francisco de Assis e o Brasil. Livraría José Olympio Editora, Rio de Janeiro 1978, S. 238.
  6. Patrik von zur Mühlen: Fluchtziel Lateinamerika. Die deutsche Emigration 1933-1945. Politische Aktivitäten und soziokulturelle Integration. Verlag Neue Gesellschaft, Bonn 1988, ISBN 3-87831-472-8, S. 205.
  7. ZDB-ID 630374-2.