Peter Noever (2005)

Peter Noever (* 1. Mai 1941 in Innsbruck) ist ein österreichischer Designer und Kurator für Kunst, Architektur und Medien. Von 1986 an war er künstlerischer Leiter und Geschäftsführer des MAK, des Österreichischen Museums für angewandte Kunst / Gegenwartskunst, in Wien; im Jahr 2011 trat er nach einer Affäre zurück.

Leben

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Noever initiierte eines der damals in Österreich wichtigsten Designobjekte, den 1966 von Walter Pichler entworfenen, futuristischen Aluminiumstuhl „Galaxy“. Ebenfalls 1966 beauftragte und kuratierte Noever Hans Hollein mit der ersten Environment-Show „Selection '66“ im Österreichischen Museum für angewandte Kunst.

1968 traf Noever anlässlich der Weltraumkonferenz „UNISPACE I“ in Wien erstmals Arthur C. Clarke, Zukunftsforscher, Science-Fiction-Schriftsteller und Koautor von Stanley Kubricks Film 2001: Odyssee im Weltraum.

1969 gründete Peter Noever gemeinsam mit Manfred Bene, Helmut R. Scholz und H. Laszlo die Internationale Fach-Ausstellung für Büro-Organisation (IFABO), die erstmals im Februar 1970 im Wiener Messepalast, dem heutigen MuseumsQuartier, stattfand. Sie sollte jährlich die neuesten Errungenschaften in der modernen Arbeitsplatzgestaltung präsentieren.

In dieser Zeit wurde Noever Vorstandsmitglied der Arbeitsgemeinschaft Büroorganisation, die eine Vorreiterrolle in Richtung einer gestalterisch organisierten Humanisierung des Arbeitsalltags einnahm. Im Rahmen dieser Aktivitäten gelang es Noever, den in Wien geborenen und in den USA lebenden „Vater der Motivforschung“, Ernest Dichter, erstmals wieder nach Wien zu bringen.

Noevers Jahresplakate (u. a. Wir müssen endlich beginnen, unser Schicksal selbst in die Hand zu nehmen!, 1976) erschienen erstmals 1970.

Österreichs ersten Concept Store, genannt „Section N“, initiierte Noever 1971 und beauftragte Hans Hollein mit der Gestaltung des Geschäftslokals in der Schulerstraße im ersten Wiener Gemeindebezirk. Das von Peter Noever gegründete und von seiner ersten Frau, Katharina Noever, geführte Unternehmen, war bis zur Schließung 1987 Anlaufstelle und Plattform für zeitgenössisches Design.

1974 besuchte Noever Marshall McLuhan im Centre for Culture and Technology an der Universität Toronto. 1979 gründete Noever auf Anregung von und mit Marshall McLuhan sowie mit ORF-Avantgarde-Programmgestalter Hans Preiner und Barrington Nevitt das Center for Understanding Media in Wien, dessen Präsident Marshall McLuhan wurde.

Noever war an der Akademie der bildenden Künste Wien von 1975 bis 1993 Lehrbeauftragter für Designanalyse und an der Universität für angewandte Kunst Wien von 1988 bis 1989 Gastprofessor für Museologie. 1982 gründete er die Architekturzeitschrift „Umriss“, die er bis 1994 als Herausgeber und Chefredakteur und in weiterer Folge in enger Zusammenarbeit mit Elisabeth Schweeger leitete. Die Zeitschrift verstand er als wichtiges Forum architektur- und kunsttheoretischer Auseinandersetzungen.

In seiner Funktion als Mitglied der Geschäftsleitung von R. Svoboda & Co. Büroeinrichtungen präsentierte er erstmals in Österreich ein Designprogramm der klassischen Moderne von Marcel Breuer und Bauhaus bis zu Achille Castiglioni. Die Ausstellung „Achille Castiglioni. Rauminstallation, Objekte und Industrial Design“ kuratierte Peter Noever 1984, zwei Jahre vor seiner Bestellung zum MAK-Direktor.

Als Direktor des MAK leitete er von 1988 bis 1993 in Zusammenarbeit mit Architekt Sepp Müller den Generalumbau des Museums und gründete 1994 das MAK Center for Art and Architecture in Los Angeles in Kalifornien. Internationale Aufmerksamkeit erhielten die von Noever geleitete Museumsneudefinition und der Umbau des Hauses, vor allem auch wegen der Neuaufstellung der Sammlung. Im Auftrag von Peter Noever haben einige der bedeutendsten Künstler, durch ihre Intervention im MAK einmalige ortspezifische Kunstwerke geschaffen, die noch heute, zwanzig Jahre später, als Orientierung und Herausforderung für im Entstehen begriffene Kunstinstitutionen und Museen herangezogen werden. Für diese künstlerischen Interventionen konnte Noever unter anderem Donald Judd, Jenny Holzer, Günther Förg, Franz Graf, Barbara Bloom, Eichinger oder Knechtl, Manfred Wakolbinger und Heimo Zobernig, aber für künstlerische Interventionen im Außenraum auch Walter Pichler, James Wines/SITE, Gregor Eichinger, Franz West, Michael Kienzer und James Turrell gewinnen.

Die inhaltliche und bauliche Neugestaltung des MAK (das bis heute weltweit unter dem von Noever gemeinsam mit dem Grafikteam Catherine Rollier / Walter Bohatsch entwickelten, geschützten Markenzeichen operiert und am 1. Mai 1993 wiedereröffnet wurde) resultierte 1996 in der Auszeichnung "Museum des Jahres" des Europarates in Straßburg.

Im Jahr 2006 gründete Noever das Josef-Hoffmann-Museum in dessen Geburtsort Brtnice (Pirnitz) in der Tschechischen Republik, das seither als gemeinsame Expositur der Mährischen Galerie in Brünn und des MAK geführt wird. Russ Leland übergab 2008 als Schenkung Peter Noever für das MAK Center for Art and Architecture in Los Angeles sein eigenes Haus (Fitzpatrick-Leland House, entworfen 1936 vom in Wien geborenen Rudolph Michael Schindler). Peter Noever initiierte dafür die MAK Urban Future Initiative (UFI), Los Angeles.

Ausscheiden aus dem MAK

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Am 23. Februar 2011 trat Noever als MAK-Direktor vorzeitig zurück, da ihm gravierende Vorwürfe gemacht wurden.[1] In Medien war ihm private Zweckentfremdung von Museumsgeldern vorgeworfen worden. Veranstaltungen im Museum seien weitaus teurer gewesen als veranschlagt. Das Kuratorium des Museums brachte eine Strafanzeige gegen Noever ein.[2] Am 14. November 2011 stellte die Staatsanwaltschaft das Verfahren wegen Untreue ein, da Noever 220.000 Euro als tätige Reue hinterlegt hatte. Nach Noevers Ansicht war damit der Grund für seine fristlose Entlassung als MAK-Direktor weggefallen; er focht diese daher beim Arbeitsgericht an und forderte seine ihm bei regulärer Beendigung des Dienstverhältnis zustehenden Ansprüche in Höhe von 482.700 Euro.[3]

Ein durch die Wiener Tageszeitung „Kurier“ bekannt gewordener Rohbericht des Rechnungshofes ließ 2012 neue Vorwürfe öffentlich werden, die unter anderem 6600 angeblich verschwundene Museumsobjekte betrafen.[4][5] Noevers Nachfolger im MAK, Christoph Thun-Hohenstein, widersprach den Behauptungen, es seien tausende Objekte verschwunden; die Angaben seien irreführend,[6] mancher Schwund reiche über zwei Weltkriege bis in die Kaiserzeit zurück. Thun-Hohenstein beklagte darüber hinaus das Fehlen einer einheitlichen Datenbank.[7]

Die Sammlungsleiter stellten sich hinter ihren ehemaligen Chef; seit den 1960er-Jahren habe man keine Verluste mehr zu beklagen. Lediglich 65 Objekte der Asiatika-Sammlung würden mit dem Vermerk „ohne weitere Angaben“ fehlen, meinte Johannes Wieninger und forderte den Rechnungshof auf, die angeblichen Fehlbestände nochmals zu überprüfen.[8][9]

Peter Noever hielt in einer publizierten Stellungnahme zur medialen Berichterstattung über den Rohbericht des Rechnungshofs fest, dass er bisher weder den Bericht zu Gesicht bekommen noch Gelegenheit erhalten habe, dazu Stellung zu nehmen. Er betonte, dass die fraglichen Veranstaltungen entgegen der Meinung des Rechnungshofes sehr wohl dem MAK zugutegekommen und auch erhebliche Sponsorleistungen bewirkt hätten. Die in der Berichterstattung gegen ihn erhobenen Vorwürfe könne er jederzeit entkräften. Deshalb habe er auch den Weg der Befassung unabhängiger Gerichte gewählt.[10]

Im März 2013 wiederholte der Rechnungshof seine Vorwürfe. Dazu gehörte u. a., dass Noever durchschnittlich 79 Tage von 221 Arbeitstagen im Jahr auf Reisen war. Dabei seien die „sonstigen Reisekosten“ – das sind jene, die nicht in direktem Zusammenhang mit Ausstellungsvorbereitungen standen – von 2001 bis 2010 um 715 % gestiegen; Noever habe durchschnittlich 81.000 Euro pro Jahr an Reisespesen verrechnet. Aufwendungen für Geburtstagsfeiern in der Höhe von 172.000 Euro sowie 11.000 Euro an Aufwendungen für Noevers Buch chronisch obsessiv. Die Gegenwart muss erst erkämpft werden, von dem lediglich elf Exemplare verkauft wurden, führte der Rechnungshofbericht ebenso kritisch an wie unterschiedlich verteilte Mittel innerhalb des MAK für Personal und Fortbildung und andere Details. Noever erklärte dazu, er könne die Vorwürfe weiterhin nicht nachvollziehen, es sei alles immer transparent gewesen und er sei „der Maxime der Sparsamkeit gefolgt“.[11][12][13]

Claudia Schmied (Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur, 2007–2013) hielt fest, dass Noever trotz aller berechtigter Kritikpunkte „viel für die österreichische Kunst, für Künstlerinnen und Künstler im In- und Ausland geleistet hat“.[14][15][16][17]

Privatleben

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Peter Noever lebt und arbeitet in Wien. Er ist mit der Juristin und Kulturmanagerin Elisabeth Noever–Ginthör verheiratet. Die beiden haben eine gemeinsame Tochter, Louisa Vita Noever. Noevers Tochter aus erster Ehe, Ixy Nova Noever, ist Ethnologin, Filmemacherin und Universitätslektorin an der Universität für angewandte Kunst Wien.

Schrift- und Bildwerke (Auswahl)

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Ausstellung im Winterpalais, Belvedere Wien, 2015 mit 161 Künstlern, Architekten, Designern „Vienna For Art’s Sake !’“ und 13 raumbezogene, künstlerische Interventionen (Vito + Maria Elena Acconci, Zaha Hadid, Magdalena Jetelová, Michael Kienzer, Hans Kupelwieser, Hermann Nitsch, Eva Schlegel, Kiki Smith, the next ENTERprise, Iv Toshain, Atelier Van Lieshout, Koen Vanmechelen, Manfred Wakolbinger)
MAK Terminal (Schaulager)/Mündung Wien in den Donaukanal – nicht realisiertes Projekt
MAK Terminal (Schaulager)/Mündung Wien in den Donaukanal – nicht realisiertes Projekt
MAK Plattform/Archiv der Bibliothek, Überdachung der Wien, Gestaltung der Oberfläche durch Lampenskulptur/Chris Burden – nicht realisiertes Projekt
MAK Plattform/Archiv der Bibliothek, Überdachung der Wien, Gestaltung der Oberfläche durch Lampenskulptur/Chris Burden – nicht realisiertes Projekt

Projekte und Realisierungen (Auswahl)

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Sonstiges Wirken

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Auszeichnungen

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Vorträge an internationalen Universitäten / Kunstinstitutionen (Auswahl)

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Literatur

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Commons: Peter Noever – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

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  1. MAK-Direktor Peter Noever zurückgetreten, auf orf.at, 24. Februar 2011.
  2. Kuratorium hat Strafanzeige gegen Noever eingebracht Der Standard, 24. Februar 2011
  3. Museum in Los Angeles präsentiert Lebenswerk Peter Noevers. Die Presse, 11. Dezember 2011, abgerufen am 11. Dezember 2011.
  4. [1] kurier.at, 5. November 2012
  5. [2] kurier.at, 1. November 2012
  6. [3] kurier.at, 6. November 2012
  7. [4] Der Standard, 5. November 2012
  8. [5] Der Standard, 5. November 2012
  9. [6] kurier.at, 6. November 2012
  10. [7] Der Standard, 1. November 2012
  11. Noever fordert sein Recht: "Eine Mega-Sauerei!" APA, 10. April 2013, abgerufen am 10. April 2013.
  12. Eine Mega-Sauerei. News, 15. April 2013, abgerufen am 15. April 2013.
  13. Eine Mega-Sauerei. News, 15. April 2013, abgerufen am 15. April 2013.
  14. MAK: Rechnungshof bekräftigt Kritik an Noever. ORF, 11. März 2013, abgerufen am 21. Dezember 2013.
  15. Ex-MAK-Direktor: Bis zu 139 Tage pro Jahr auf Dienstreise. Die Presse, 11. März 2013, abgerufen am 11. März 2013.
  16. Rechnungshof-Bericht zu MAK bekräftigt Vorwürfe gegen Noever. Wiener Zeitung, 11. März 2013, abgerufen am 11. März 2013.
  17. Thomas Trenkler: RH-Bericht bestätigt Vorwürfe an Noever. derStandard, 11. März 2013, abgerufen am 11. März 2013.
  18. Bundesdenkmalamt Peter Noever: Breitenbrunn, Die Grube: Ein Ort an der Schnittstelle von Leben, Kunst und Architektur
  19. MAK (Memento des Originals vom 29. Juni 2008 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.mak.at Peter Noever: CAT – Contemporary Art Tower
  20. Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 17. Oktober 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.art-magazin.de art – Das Kunstmagazin, 5. März 2015
  21. Prix du Musée du Conseil de l'Europe 1996: MAK-Austrian Museum of Applied Arts Vienna, Austria
  22. [8] Birgit-Jürgenssen-Preis, Ausschreibung 2018, Akademie der bildenden Künste Wien
Personendaten
NAME Noever, Peter
KURZBESCHREIBUNG österreichischer Designer und Kurator
GEBURTSDATUM 1. Mai 1941
GEBURTSORT Innsbruck