Die Philippischen Reden wurden von Marcus Tullius Cicero in den Jahren 44 v. Chr./43 v. Chr. gehalten.

Der Ausdruck Philippische Rede (Philippica) geht zurück auf die zwischen 351 v. Chr. bis 341 v. Chr. von Demosthenes gehaltenen Reden (λόγοι Φιλιππικοί logoi Philippikoi) gegen König Philipp von Makedonien, der Athen bedrohte. Es handelt sich offensichtlich um eine von Cicero selbst scherzhaft gewählte Bezeichnung, wie dem Briefwechsel mit Marcus Iunius Brutus – dem Caesarmörder – zu entnehmen ist.[1] Möglicherweise legte er dadurch den Gedanken nahe, dass er sich als Römer dem größten griechischen Redner Demosthenes durchaus ebenbürtig fühlte. Im Aufbau seiner 3. Philippischen Rede ahmte er Demosthenes deutlich nach.

Cicero attackierte in den Philippicae Marcus Antonius und stellte ihn als eine Bedrohung für die Römische Republik dar – diese Reden sind ein letzter Versuch des Verfassers, die freie Römische Republik zu retten. Denn nach dem Tod Julius Caesars strebte Marcus Antonius danach, dessen führende Stellung im Staat zu übernehmen.

Das veröffentlichte Corpus besteht aus insgesamt vierzehn Reden. Die erste Rede wurde am 2. September 44 v. Chr. gehalten, die letzte am 21. April 43 v. Chr. Mit ihnen schwang sich Cicero ein letztes Mal als Wortführer des römischen Senates auf: Insofern flankieren die Reden die innenpolitischen Vorgänge im Römischen Reich vom Tode Caesars bis zur Doppelschlacht bei Forum Gallorum und Mutina in ihrer Aussagekraft als Quellentexte ersten Ranges. Zweifellos hat Cicero in dieser Zeitspanne öfter das Wort ergriffen, doch wurden nur vierzehn Reden in diesem Zusammenhang veröffentlicht:

Übersicht

Konzeption

Die ersten beiden Reden markierten den Ausbruch der Feindschaft zwischen Antonius und Cicero. Cicero wollte möglicherweise an seine Erfolge gegen die Verschwörung des Catilina im Jahre 63 anknüpfen; zumindest stellte er Marcus Antonius seinen größten politischen Gegnern Catilina und Clodius rhetorisch geschickt an die Seite. In den folgenden beiden Reden (3 und 4) vom 20. Dezember 44 suchte er das Militärbündnis mit Octavius, es ging ihm um die Vernichtung von Antonius und die Wiederherstellung der res publica libera – der freien Republik; dabei favorisierte er eindeutig kriegerische Mittel. Da der Senat dagegen eine Friedensgesandtschaft beschloss, suchte er in den Reden 5 bis 9 den Gesandtschaftsgedanken zu desavouieren und den Senat und das Volk von Rom für den Krieg zu mobilisieren. In den Reden 10 und 11 setzte er sich für die militärische Stärkung der Republikaner Brutus und Cassius ein, war aber nur im ersten Fall erfolgreich. In den letzten Reden 12, 13 und 14 ging es ihm darum, die Bedenken gegen die Ciceronianische Kriegspolitik auszuräumen. Noch in der letzten Rede – nach dem Sieg über Antonius – warnt er eindringlich vor einer zu raschen Friedensbereitschaft.

Ciceros Leitmotive in den Philippicae waren demnach:[3]

  1. Kampf der res publica gegen den Hauptfeind Marcus Antonius.
  2. Freiheitsgedanke gegen ein Königtum des Antonius.

Wirkung

Der Tod des Cicero von Bartolomeo Pinelli. Livius Frg. 120: „Es steht hinreichend fest, daß seine Sklaven bereit waren, tapfer und treu zu kämpfen. Er [Cicero] selbst forderte sie aber auf, die Sänfte abzusetzen und ruhig zu ertragen, was ein ungünstiges Los aufzwinge. Indem er sich aus der Sänfte herausbeugte und seinen Nacken unbewegt darbot, wurde ihm das Haupt abgeschlagen“ (Übersetzung von Hans Jürgen Hillen).

Der Erfolg Ciceros nach der Schlacht von Mutina – die Erklärung Antonius zum Staatsfeind – ließ sich politisch nicht durchsetzen. Zweifellos erwiesen sich das alte „res-publica-Modell“ des Cicero wie insgesamt seine republikanischen Überzeugungen – ähnlich wie im Fall seines gegen die makedonische Expansion vergeblich agitierenden Vorbilds Demosthenes – als politisch überholt: Antonius und Gaius Octavius näherten sich entgegen seinen Erwartungen bald an, im November 43 schon schlossen sie ein Triumvirat mit Marcus Aemilius Lepidus: Cicero wurde von Antonius umgehend öffentlich geächtet (proskribiert), also für vogelfrei erklärt. Cicero wurde am 7. Dezember 43 v. Chr. von den Häschern des Marcus Antonius getötet, seine Hände und sein Haupt öffentlich auf dem Forum Romanum zur Schau gestellt.

Es gibt heute noch den Ausdruck „Eine Philippika halten“, also eine Kampf-, Streitrede halten.

Literatur

Anmerkungen

  1. Cicero, Ad Brutum 2,3,4 (vom 1. April 43) und 2,4,2 (12. April 43)
  2. vgl. die Bemerkung in Cicero, Ad Atticum 15,13,1.
  3. vgl. insgesamt Marcus Tullius Cicero: Die politischen Reden. Lateinisch-deutsch. Herausgegeben, übersetzt und erläutert von Manfred Fuhrmann. Band 3, Darmstadt 1993, S. 587–716 (mit Einleitung, Literatur zu den Reden insgesamt/Kommentar zu jeder einzelnen Rede).