Schema der Mannheimer Innenstadt

Eine Planstadt ist eine Stadt oder ein Stadtteil, deren Grundriss ein deutlich erkennbarer Plan zugrunde liegt. Dies erfordert, dass die bebaute Fläche zur Planung völlig frei („auf der grünen Wiese“) war oder zumindest durch gezielten Abbruch (siehe auch Flächensanierung), Zerstörung im Krieg oder nach einer Brandkatastrophe freigeräumt wurde. Umgangssprachlich abwertend ist der Begriff Retortenstadt für eine „als Ganzes geplante und angelegte, nicht natürlich gewachsene Stadt“.[1]

Besondere Umstände führen zur Gründung von Planhauptstädten. Sie unterscheiden sich oft durch Größe von gewöhnlichen Planstädten. Bekannte Beispiele sind Brasília, Canberra, Islamabad, Neu-Delhi, Sankt Petersburg und Washington, D.C.

Geschichte

Planstädte gab es in vielen Epochen der Geschichte, bereits in der Antike wurden Städte nach strengen Mustern angelegt. Ein typisches Muster ist das orthogonale Straßenraster; es findet sich (wie Spiro Kostof darlegt) in der griechischen Antike ebenso wie im alten China, in den spanischen Kolonialstädten des 16. Jahrhunderts ebenso wie in den Zentren vieler Großstädte der heutigen USA. Fast jede Gründungsstadt ist im weiteren Sinne eine Planstadt, da zumindest die Hauptwege mit der Position der Stadttore, öffentliche Plätze, gegebenenfalls Verlauf der Stadtmauer sowie die Lage von öffentlichen Gebäuden festgelegt wurden.

Jede Epoche hatte eigene Vorstellungen, die von einem gerade vorherrschenden Ideal oder Prinzipien abgeleitet waren (Idealstadt, Verbesserung der Städte). Manche dieser Prinzipien sind heute nicht mehr verständlich, wie etwa die Pläne mittelalterlicher Städte, die heute als unkontrolliert gewachsen erscheinen oder vielfach überformt sind.

Typische Planstädte in Europa sind

Typisch sind ebenfalls die renaissance-klassizistischen Schachbrett-Grundrisse der Kolonialstädte des 17. und frühen 18. Jahrhunderts, etwa die klassische Nordamerikanische Stadt. Deren Muster wirkte auch in den folgenden Jahrhunderten bei jüngeren Stadtgründungen nach.

New Town

Der aus Großbritannien stammende stadtgeografische Begriff New Town („Neue Stadt“) steht für eine Planstadt; diese kann sich auch an eine schon bestehende Siedlung anlehnen. Ihre Aufgabe ist hauptsächlich die Entlastung der großen Ballungszentren. Die New Town besitzt zentralörtliche Einrichtungen, Wohn- und Gewerbeviertel. Typisch ist die Einrichtung von „Nachbarschaften“, die sich um ein Zentrum mit den öffentlichen Einrichtungen und Geschäften gruppieren. In Großbritannien existieren 31 New Towns.

Von Ebenezer Howard stammte die Idee einer Gartenstadt (Garden City), einer Planstadt, die die Vorteile des städtischen mit denen des ländlichen Lebens vereinte. Er inspirierte die Gründung von Welwyn 1903 und 1920 von Letchworth. 1946 wurde von der Labour-Regierung der New Towns Act beschlossen. Ziel war es, der Konzentration von Industrie und Volk in den Großstädten entgegenzuwirken. Ausdrücklich sollten keine Trabantenstädte geschaffen werden, sondern selbständige Einheiten mit eigener Wirtschaft und heterogener Bevölkerungsstruktur.[2] Je nach Stadt wurde zunächst eine Höchstgröße zwischen 20.000 und 60.000 Einwohnern angestrebt. Die New Towns sind Basildon, Bracknell, Corby, Crawley, Cwmbran, East Kilbride, Glenrothes, Harlow, Hatfield, Hemel Hempstead, Newton Aycliffe, Peterlee, Stevenage und Welwyn Garden City.[2]

Probleme waren die Skepsis der Bevölkerung und der Kommunalregierungen, fehlende Verkehrsanbindungen, Finanzierungslücken und Überschreitungen der geplanten Kosten.[3] Vor allem wurde kritisiert, dass der Umfang des Projektes viel zu klein war, um dem Bevölkerungswachstum etwas entgegenzusetzen. Die Antwort war 1952 der Town Development Act. Nun war das Ziel auch die Vergrößerung von bestehenden Städten, besonders in der Nähe von Metropolen wie London. Diese Städte sind Central Lancashire, Milton Keynes, Northampton, Peterborough, Redditch, Skelmersdale, Telford (Dawley New Town), Warrington und Washington.

1962 wurde mit Dalgety Bay bei Edinburgh erstmals in Schottland eine Planstadt in reiner Privatinitiative errichtet.[4] Etwa zu gleicher Zeit entstand auch Livingston. Eine von Prinz Charles initiierte Modellstadt ist Poundbury, die seit 1993 errichtet wurde.

Beispiele

Deutschland

Freudenstadt als Idealstadt nach Heinrich Schickhardt
Mittelalter
Renaissance
Der älteste erhaltene Entwurf der Erlanger Neustadt, rot lavierte Federzeichnung (1686), Johann Moritz Richter zugeschrieben
Barock
Putbus auf der Insel Rügen, eine Planstadtanlage des Klassizismus im frühen 19. Jahrhundert
Klassizismus
Zweite Hälfte 19. Jahrhundert
Erste Hälfte 20. Jahrhundert
nach 1945
21. Jahrhundert

Österreich

Schweiz

Straßenkarte der Planstadt La Chaux-de-Fonds (Schweiz)

Sonstiges Europa

Entwurf für die Planstadt Kaskinen, Finnland (1767)
Belgien
Bulgarien
Dänemark
Finnland
Luftbild von Neuf-Brisach
Frankreich
Griechenland
Großbritannien

Siehe oben unter New Town.

Stadtplan von Palmanova (um 1600)
Italien
Kroatien
Malta
Niederlande
Nowa Huta
Polen
Rumänien
Russland
Schweden
Serbien
Eixample in Barcelona
Spanien
Tschechien
Ukraine
Ungarn

Asien

Israel

In Israel wurden 30 Planstädte gegründet, davon 19 ohne alten Siedlungskern. Beispiele:

übriges Vorderasien
Südasien
Tai Po New Town (Hongkong)
Ostasien
Südostasien

Afrika

Nordamerika

Kapitol und National Mall in Washington, D.C.
USA
Mexiko
Karibik

Südamerika

Plano Piloto von Brasilia

Australien

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Retortenstadt in duden.de, abgerufen am 6. November 2013
  2. a b Winston W. Crouch, Richard Bigger: Metropolitan Decentralization: Britain's New Towns Program. In: The Western Political Quarterly, Vol. 3, Nr. 2, Juni 1950, S. 244–261.
  3. Lloyd Rodwin: The British New Towns Policy: Problems and Implications. Harvard University Press, Cambridge 1956.
  4. Gazetteer for Scotland: Dalgety Bay, abgerufen am 28. Januar 2014
  5. Kann man in Halle-Neustadt küssen?, in Die Welt vom 15. Juli 2014